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Ein Beamter, der einen Drohbrief an Linke aus dem Umfeld der Rigaer Straße mithilfe von Daten aus dem Polizeidatensystem verfasste, bekam 2018 klammheimlich per Strafbefehl eine Geldstrafe. Gegen seine Lebenspartnerin, über deren Rechner die Daten abgerufen wurden, gab es nicht einmal Ermittlungen.
Ein Berliner Beamter, der bei der AfD war und 2015 an rechten Demos in Brandenburg mit Parolen von rechtsextremen Gruppen auffiel, wurde suspendiert und ist jetzt wieder zurück im Dienst – mit gekürzten Bezügen.
Rechtsextremes Netzwerk vermutet
Hinzu kommen Vorwürfe, Polizisten könnten mit rechten Täter gemeinsame Sache machen und gingen nicht entschieden genug gegen rechtsextreme Straftaten vor – wie etwa bei der rechtsextremen Anschlagsserie gegen Politiker und Bürger in Neukölln. Ein Beamter soll sich sogar mit einem Hauptverdächtigen getroffen haben: Das Verfahren wurde eingestellt, „eine Verwechslung erscheint nicht ausgeschlossen“, erklärte die Innenverwaltung. Und trotz eindeutiger Hinweise ist ein Brandanschlag auf einen Linken-Politiker 2018 nicht verhindert worden.
Wie groß das Problem wirklich ist, weiß niemand. „Es ist fahrlässig, sich darauf zu verlassen, es handele sich um wenige Einzelfälle“, schreiben Tomiak und Lux in ihrem Plan. „Die Gefahr eines rechtsextremen Netzwerks ist nicht unwahrscheinlich; sehr wahrscheinlich ist, dass sich Rechtsextreme innerhalb der Polizei auch in kleinen Gruppen vernetzen.“
Eine systematische Erfassung gibt es nicht
Innenstaatssekretär Akmann musste in seiner Antwort zugeben, dass Staatsanwaltschaft und Polizei bislang keinerlei Statistik über Straf- oder Disziplinarverfahren gegen Beamte führen, die durch „extremistische Bestrebungen“ aufgefallen waren. Es sei nicht „valide zu beantworten“, wie viele Strafverfahren es in solchen Fällen gab. Auch bei den Disziplinarverfahren wird nicht statistisch erfasst, ob eine „politische, extremistische, rassistische oder sonstige Gesinnung“ hinter einem Dienstvergehen steht.
Auch hat die Innenverwaltung bislang keine Erkenntnisse darüber, ob Berliner Polizeibeamte in das rechte Untergrundnetzwerk „Hannibal“ von Soldaten, Reservisten und Verfassungsschützern verstrickt sind. Lediglich „wenige Einzelfälle“ von Polizisten „mit nicht strafrechtlich relevantem Verhalten in die ,Reichsbürger‘-Szene“ seien festgestellt worden.
Dem Senat liegen auch „keine Erkenntnisse“ darüber vor, ob es in den Sicherheitsbehörden ein rechtsextremes Netzwerk oder ein strukturelles Problem gibt. „Die Auflistung von Einzelfällen begründet daher kein strukturelles Problem“, erklärte Akmann.
Gefahr für das Vertrauen in die Polizei
Die Grünen-Abgeordneten June Tomiak, zuständig für Strategie gegen Rechtsextremismus, und Benedikt Lux, innenpolitischer Sprecher seiner Fraktion, beklagen dagegen, die bisher gekannten rechtsextremen Vorfälle seien geeignet, „das Vertrauen in die Berliner Polizei zu erschüttern“. Daneben würden „rechtspopulistische Kreise“ stärker um Polizisten für sich werben, einzelne Beamte würden sich zu rechten Parteien bekennen. Tatsächlich tritt der bisherige Chef des Polizeiabschnitts 34, zuständige für das Parlaments- und Regierungsviertel, am Sonntag bei der Kommunalwahl in Brandenburg für die AfD an.
Für Tomiak und Lux reicht die bisherige Strategie der Polizei, etwa in der Aus- und Fortbildung auf „Weltoffenheit, Demokratie, gelebte Vielfalt und interkulturelle Kompetenz“ zu setzen, nicht aus. „Entscheidend ist, dass Verfassungsfeindlichkeit generell und grobe Verstöße gegen das Mäßigungs- und Neutralitätsgebot im täglich Dienst nicht geduldet werden.“
Fälle offensiv aufklären
In dem Fünf-Punkte-Papier fordern die Grünen konkrete Maßnahmen von der Innenverwaltung und von der Polizei im Kampf gegen Rechts. Dazu zählen etwa Statistiken zu „verfassungsfeindlichen Vorkommnissen“ in der Polizei. Bislang seien Einzelfälle stets nur durch Medienberichte bekannt geworden. Mit einer Studie sollen verfassungsfeindliche Einstellungen in der Polizei untersucht werden.
Um der Gefahr eines rechtsextremen Netzwerks zu begegnen, müssten die Kontakte von Polizisten abgeklärt werden, die mit verfassungsfeindlichen Einstellungen aufgefallen sind. Alle bisherigen Fälle müssten offensiv aufgeklärt werden, die Polizeiführung müsse offen damit umgehen und dafür sorgen, dass Hinweisgeber nicht ins Abseits gestellt würden.
Schließlich müsse ein Polizeibeauftragter als Ansprechpartner her, der mit Ermittlungskompetenzen ausgestattet wird. Tomiak und Lux erklären aber auch: „Wichtig ist, dass die große Zahl demokratischer und engagierter Polizistinnen und Polizisten dazu ermutigt werden, offen, fair und transparent auf verfassungsfeindliche Vorkommnisse aufmerksam zu machen.“