Entwaffnung von Reichsbürgern läuft schleppend
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Bildunterschrift: Extremisten erhalten mehr Zulauf. Diese Waffen von „Reichsbürgern“ hat die Polizei in Wuppertal sichergestellt.
In Schwerin sind etwa 80 „Reichsbürger“ bekannt. Das Land überprüft seit einem Jahr waffenrechtliche Genehmigungen.
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von Thorsten Meier
02. November 2018, 20:00 Uhr
In der bayerischen Gemeinde Georgensgmünd schießt ein Reichsbürger Mitte Oktober 2016 auf Beamte eines Spezialeinsatzkommandos, einer der Polizisten stirbt, zwei weitere werden verletzt. Bei der Zwangsräumung eines Gehöftes in Sachsen-Anhalt zwei Monate zuvor gibt es drei Verletzte nach einer Schießerei zwischen einem Reichsbürger mit der Polizei. Seit diesen Vorfällen ist die Öffentlichkeit alarmiert.
In Schwerin seien 75 bis 80 Personen bekannt, die sich der „Reichsbürger- und Selbstverwalterszene“ in MV zugehörig fühlen, hieß es im Frühjahr aus der Stadtverwaltung. Die Zahl seien jedoch dynamisch, teilt das Innenministeriun mit. Im Bundesland würden gegenwärtig rund 400 Personen dieser Bewegung zugeordnet. Aktuell seien 26 Personen bekannt, die der Szene zugerechnet würden und eine waffenrechtliche Erlaubnis besäßen.
In der Regel ging es um den kleinen Waffenschein
„Davon haben und hatten 17 Personen eine waffenrechtliche Erlaubnis, die sie berechtigt oder berechtigte, legal Lang- und Kurzwaffen als Jäger oder Sportschütze zu erwerben“, sagt Ministeriumssprecherin Marion Schlender. Im Sommer 2017 seien die Landkreise und kreisfreien Städte vom Innenministerium aufgefordert worden, die waffenrechtliche Eignung von „Reichsbürgern und Selbstverwaltern“ zu kontrollieren. Gegen 36 Personen seien Überprüfungsverfahren gemäß Paragraf 5 des Waffengesetzes eingeleitet worden.
„Die Zuständigkeit dafür liegt bei den örtlichen Waffenbehörden der Landkreise und kreisfreien Städte in MV, die für den Vollzug des Waffengesetzes zuständig sind“, erklärt Schlender. Soweit dem Ministerium bekannt sei, seien inzwischen bei zehn Personen die waffenrechtlichen Erlaubnisse rechtskräftig widerrufen beziehungsweise die Überprüfungsverfahren aufgrund der Abgabe der Erlaubnis an die zuständige Waffenbehörde eingestellt. In der Regel betraf das den „kleinen Waffenschein“.
Bundesweit mehr als 18 000 Reichsbürger
„Der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis ist ein rechtsstaatliches Verfahren, die Betroffenen können Rechtsmittel dagegen einlegen, wovon in der Praxis auch Gebrauch gemacht wird“, so die Sprecherin weiter. Die Behörden ziehen bei waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit aber keine Waffen ein. Waffen und Munition müssten gemäß Paragraf 46 des Waffengesetzes bei waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit „binnen angemessener Frist und gegen Nachweis einem Berechtigten übergeben oder dauerhaft unbrauchbar gemacht werden“. „Nach fruchtlosem Ablauf der Frist stellt die zuständige Behörde die Waffen oder Munition sicher“, sagt Schlender.
Insgesamt zählt der Verfassungsschutz bundesweit mehr als 18 000 Reichsbürger. Etwa 1200 von ihnen sollen noch im legalen Besitz einer Waffe sein. In den meisten Ländern ist die Entwaffnung erst etwa zur Hälfte geglückt. Den Kommunen fehle das Personal, so die Begründung. Langwierige Widerrufsprozesse werden zudem von den Behörden beklagt. Das Fachkommissariat 4 der Kriminalpolizeiinspektion Schwerin, zuständig für Staatsschutz, will sich nicht in die Karten schauen lassen. Mit einer Regionalisierung der Zahlen wolle man nicht dienen, „um der Szene keine Erkenntnisse zu liefern“, heißt es.
– Quelle:
https://www.svz.de/21529202 ©2018