Ich weiß genau, dass der zu unserer Klientel gehört...ich komme aber nicht auf den Namen bzw. die Gruppe.
Spoiler
vor 1 Stunde aktualisiert: 08.05.18 15:25
Trauriger Höhepunkt eines völlig entgleisten Prozesses
Nach Urteil: Reichenhaller Müll-Rentner droht Polizisten mit Erschießen
aufen/Bad Reichenhall - Eigentlich sollte im Prozess um illegale Müllablagerungen nur noch das Urteil gegen einen Reichenhaller gesprochen werden - der nutzte den Gerichtssaal als Bühne und legte einen traurigen Abgang hin.
"Den Mist muss ich mir nicht länger anhören, ich packe meine Sache und gehe", platzte es aus dem 73-jährigen Bad Reichenhaller heraus, als Richter Winfried Köpnick das Urteil sprach: zwei Jahre Haft wegen unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen und unerlaubten Betreibens von Anlagen. Zwei Polizisten - sie kannten den Mann schon von den vorherigen Prozesstagen - nahmen ihn am Arm und begleiteten ihn hinaus, orchestriert von lautem Gebrüll, welche Schmerzen ihm die Beamten antun würden. Das Geschrei vor der Türe war durch das ganze Laufener Amtsgericht zu hören.
Zwei Minuten später kommt einer der Polizisten etwas aufgelöst wieder herein und berichtet dem Gericht: "Der Angeklagte hat uns gerade damit gedroht, dass er uns die Dienstwaffen entreißen und uns damit erschießen wird." Es war der traurige Höhepunkt eines chaotischen Prozesses.
Er schimpfte, schrie und sprang wie aufgezogen im Gerichtssaal hin und her
Mit langen, grauen Haaren, in Kunststoff-Cloggs und mit abgetragenen Klamotten stand der Bad Reichenhaller am Dienstag vor Gericht. Vor dem Urteil fehlten eigentlich nur noch die letzten Worte des Angeklagten. Normalerweise eine Sache von einer Minute. Doch normal war hier nichts: Fast eine Stunde zog es sich hin, bis sich das Gericht zur Urteilsberatung zurückziehen konnte. Davor mischte der Angeklagte ohne Unterbrechung das Gericht auf: Er saß nicht eine Sekunde auf seinem Platz, sondern sprang zwischen Richter, Staatsanwältin und Verteidiger hin und her, schrie, schimpfte und wandte sich dagegen immer wieder an die Zuhörer.
"Sie spielen keine Rolle, sie sind sowieso befangen", kanzelte er beispielsweise die Staatsanwältin ab, als sie ihn einbremsen wollte. "Die Protokolle des Gerichts werden alle zu meinem Nachteil gefälscht", ging er das Gerichtspersonal an. Die Gerichtsbeteiligten waren immer wieder zwischen mildem Lächeln und beschämten Wegschauen hin- und hergerissen.
Gutachter schätzte bis zu 1000 Tonnen Schrott und Müll
80 bis 100 Tonnen Abfälle lagerte der Mann auf seinem Grundstück in Bad Reichenhall: "Der Sachverständige schätzte, dass es sogar bis zu 1000 Tonnen sein könnten", so Richter Köpnick. "Alles falsch berechnet!", brüllte der Mann immer wieder dazwischen. Fünf Ordnungsgelder kassierte der 73-Jährige an den vergangenen Prozesstagen für sein Verhalten, am Dienstag sah der Richter davon ab: "Er will es nicht einsehen." Auch krachende Schläge des Richters auf den Tisch oder laute Widerrede brachten ihn nicht zur Ruhe.
Teils schon bemooste Autos, ein Omnibus, ein Wohnmobil, drei Motorräder, dazu Elektrogeräte, Metallschrott, Autobatterien, Farben, Lacke und Heizöl - all das lagerte der Reichenhaller auf seinem Grundstück: "Die Autos selbst waren teilweise wiederum mit Müll vollgestopft", so Richter Winfried Köpnick. Auch die Betriebsstoffe seien in den Fahrzeugen noch enthalten gewesen: "Das ist unkontrolliert, gefährlich und eine konkrete Gefahr."
Er ist zurechnungsfähig, so der Sachverständige
Zwei Jahre Haft sind auf den ersten Blick ein hartes Urteil, doch der Bad Reichenhaller stand schon unter offener Bewährung. Wegen den gleichen und anderen Delikten ist er mehrfach vorbestraft. "Da fällt einem nichts mehr ein", so der Richter bei der Urteilsbegründung: "Man könnte fast meinen, er hat nicht mehr alle am Christbaum, aber ein Sachverständiger des Inn-Salzach-Klinikums bestätigte uns, dass er zurechnungsfähig ist."
Mucksmäuschenstill war dagegen der Sohn des Bad Reichenhallers - er ist Miteigentümer des Grundstücks und wurde ebenfalls verurteilt. Der junge Mann kommt mit einer Verwarnung und 200 Stunden gemeinnütziger Arbeit davon. Denn während sein Vater in den vorigen 18 Wochen vom Gericht wieder ins Gefängnis gesteckt wurde, hat der Sohn dafür gesorgt, dass vieles vom Grundstück entsorgt wurde: "Wir glauben noch an ihn", so der Richter. Eine gute Stunde hat gereicht und seine Stimme ist angeschlagen - zumindest er kann den Fall nun zu den Akten legen. Der 73-jährige Bad Reichenhaller will dagegen bis zu den höchsten Instanzen weiterkämpfen.
Unser Artikel vom Dienstagmorgen
Er beschimpfte schon den Richter ("Von Tuten und Blasen keine Ahnung") und einen Gutachter ("Trottel, Depp, Blödmann"), brüllte herum und schlug auf den Tisch - die Quittung dafür bekam er auch: Fünf Ordnungsgelder, vom Richter wurde er schon aus dem Gerichtssaal verwiesen und nach einem verschwitzten Gerichtstermin im Januar wurde der angeklagte Reichenhaller vom Gericht wieder ins Gefängnis gesteckt.
100 Tonnen Autos, Lacke, Batterien, Elektro- und Metallschrott
Am heutigen Dienstag gegen 9 Uhr soll also das Urteil fallen: Bis zu 100 Tonnen Abfälle, so die Staatsanwaltschaft, wurden bei einer Durchsuchung seines Grundstückes im Herbst 2016 gefunden. Unsortiert, unsachgemäß und teils auf unbefestigtem Grund sei alles um das Haus in Bad Reichenhall herum gelagert, heißt es in der Anklage. Fünf Autos (eines davon schon bemoost) ein Omnibus, ein Wohnmobil, drei Motorräder - dazu Elektrogeräte, Metallschrott, Autobatterien, Farben, Lacke und Heizöl. Angeklagt ist auch der Sohn des 73-Jährigen, dem das Grundstück gleichfalls gehört.
Die Gefahr sei, so die Staatsanwaltschaft, dass gefährliche Stoffe in den Boden und ins Grundwasser eindringen. Die Anklage lautet auf unerlaubten Umgang mit gefährlichen Abfällen und unerlaubtem Betreiben von Anlagen. Alles habe seinen Wert und könne weiterverwendet werden, argumentiert dagegen der 73-Jährige. Der Bad Reichenhaller ist der Justiz längst bekannt: Wegen der gleichen Sache wurde er schon mal verurteilt, außerdem auch wegen Einschleusens von Ausländern, Beleidigung, unerlaubtem Betreiben einer Anlage und Beihilfe zur Prostitution.
Auch Anwalt Dr. Florian Eder und Richter Winfried Köpnick gerieten schon aneinander: Eder wollte Haftbeschwerde einlegen, um seinen Mandanten aus dem Gefängnis herauszubekommen, doch er blitzte beim Gericht ab. Eder verfasste daraufhin einen Text auf seiner Facebook-Seite, sprach von einem "arroganten" Auftreten ihm gegenüber und fühlte sich vom Richter "von oben herab abgekanzelt".