Man stelle sich so etwas in Deutschland vor. Vor allem: Die ganze "linksgrünjüdischrotversiffte Altpolitikerkaste" würde da konsequent dagegen vorgehen.
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Bundesgericht: Facebook-Likes können ehrverletzend sein
Wer auf Facebook einen ehrverletzenden Beitrag teilt oder ihn mit einem «Gefällt mir» versieht, kann sich ebenfalls einer Ehrverletzung schuldig machen. Das Bundesgericht bestätigt einen Entscheid des Zürcher Obergerichts.
Kathrin Alder
20.02.2020, 12.00 Uhr
Verschiedene kantonale Gerichte haben sich bereits mit der Frage befasst, nun liegt erstmals ein höchstrichterliches Urteil vor: Kann sich jemand, der auf der Social-Media-Plattform Facebook einen ehrverletzenden Beitrag teilt oder ihn likt, also ihn mit «Gefällt mir» markiert, strafbar machen? Das Bezirksgericht sowie das Obergericht Zürcher bejahten diese Frage 2018. Nun kommt auch das Bundesgericht zum Schluss, dass das Teilen sowie das Liken solcher Beiträge unter Umständen ebenfalls ehrverletzend und damit strafbar sein können.
In der Sache geht es um eine Auseinandersetzung zwischen militanten Tierschützern aus der Veganerszene und Erwin Kessler, streitbarer Tierschützer und Gründer des Vereins gegen Tierfabriken (VgT). Konkret schickte der Beschwerdeführer, ein Basler Tierschützer, im Juni 2015 eine E-Mail an die damalige Vizepräsidentin des VgT. Das Zürcher Obergericht befand später, er habe darin eine ehrverletzende Aussage zulasten von Kessler gemacht. Darüber hinaus kommentierte, likte und teilte er auf den Facebook-Seiten «Vegan in Zürich und Umgebung» und «Indyvegan» rund ein Dutzend Beiträge, die Kessler und dem VgT vorwarfen, «‹braunes› sowie antisemitisches Gedankengut zu vertreten und zu verbreiten».
Das Zürcher Obergericht verurteilte den Mann 2018 wegen mehrfacher übler Nachrede zu einer bedingten Geldstrafe. Durch das Teilen von Facebook-Beiträgen oder das Bekunden mit «Gefällt mir» habe er eine üble Nachrede «weiterverbreitet», begründete das Obergericht seinen Entscheid. Der Mann gelangte in der Folge an das Bundesgericht.
Auch Ehrverletzungen können viral gehen
Die Richter in Lausanne bestätigen das Urteil des Zürcher Obergerichts im wesentlichen Punkt. In ihrem am Donnerstag publizierten Urteil halten sie zunächst fest, die Weiterverbreitung einer üblen Nachrede (Artikel 173 Ziffer 1 Absatz 2 des Strafgesetzbuches) werde als eigenständige Straftat qualifiziert. Sowohl das Anwählen des «Gefällt mir»-Symbols als auch das Teilen könnten umstrittene Beiträge besser sichtbar machen und damit zu deren Verbreitung im sozialen Netzwerk beitragen. Die weitreichenden Verbindungen innerhalb der sozialen Netzwerke erlaubten gar die «‹virale›, d. h. die massenhafte und rapide Verbreitung fremder Beiträge».
Gleichzeitig macht das Bundesgericht aber deutlich, dass die Frage, ob beim Liken oder Teilen eines entsprechenden Beitrags tatsächlich eine strafbare Weiterverbreitung vorliegt, einer Betrachtung des Einzelfalls bedarf. Gestützt auf das Gesetz, sei es erforderlich, dass der Beitrag einem Dritten mitgeteilt werde. Das Delikt sei erst vollendet, wenn der ehrverletzende Vorwurf des Autors – auf den der Weiterverbreiter mit einem «Gefällt mir» oder einem «Teilen» reagiert hat – für einen Dritten sichtbar werde und dieser ihn auch wahrgenommen habe.
Dies hänge einerseits von der Pflege des Newsfeeds beziehungsweise dem Algorithmus des sozialen Netzwerkdienstes, andererseits von den persönlichen Einstellungen der Nutzerinnen und Nutzer ab. Auch machte das Bundesgericht klar, dass anders als bei der Kommentar-Funktion die Markierung eines «Gefällt mir» oder das Teilen «grundsätzlich wertungsoffen» erfolge. Mit dem Teilen sei überhaupt keine Bewertung verbunden und die Bedeutung einer «Gefällt mir»-Bekundung bleibe trotz «Daumen hoch» diffus. Es sei nicht klar, ob jemand damit signalisiere, inhaltlich gleicher Meinung wie der Autor des Beitrags zu sein, schlicht Beifall für eine entsprechende Formulierung spende oder seine Verbundenheit mit dem Autor ausdrücke.
Zürcher Obergericht muss neu entscheiden
Im vorliegenden Fall habe das Zürcher Obergericht festgehalten, dass die ehrverletzenden Inhalte durch das Teilen oder Bekunden von «Gefällt mir» an Personen gelangt seien, die nicht dem Abonenntenkreis des ursprünglichen Autors angehörten. Damit sei der ursprünglich anvisierte Empfängerkreis erheblich erweitert worden. Weil diese Feststellungen nicht angefochten wurden, sind sie für das Bundesgericht verbindlich. Das Obergericht sei also zu Recht davon ausgegangen, dass der Tatbestand des Weiterverbreitens grundsätzlich erfüllt sei.
Die Beschwerde des Tierschützers hiessen die Richter in Lausanne dennoch gut. Das Zürcher Obergericht hatte den Beschuldigten zu Unrecht von der Möglichkeit ausgeschlossen, zu beweisen, dass die umstrittenen Aussagen wahr sind. Dies muss es nun nachholen – die Sache geht zurück an die Vorinstanz.
Nicht zu klären hatte das Bundesgericht, ob Facebook als Medium im Sinne der in Artikel 28 des Strafgesetzbuches verankerten «Strafbarkeit der Medien» zu qualifizieren ist. Gemäss dieser Bestimmung ist bei einer strafbaren Handlung, begangen durch die Veröffentlichung in einem Medium, grundsätzlich nur der Autor des fraglichen Beitrags strafbar.