Die sehr zögerliche Rhein Neckar Zeitung heute.
Kleine Anmerkung dazu: ich musste die im Mai buchstäblich treten, bis eine erste Berichterstattung über den subtilen Hetzer Schiffeverschaukler losging - und bis heute tut sich die CDU-nahe Zeitung schwer mit ihm.
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28.10.2020, 19:27 Uhr Hausdurchsuchung in Bodo Schiffmanns Praxis (Update)
Der Sinsheimer Arzt soll Atteste zur Maskenpflicht-Befreiung ausgestellt, die Patienten aber nie gesehen haben.
Von Tim Kegel
Sinsheim. Einen Tag vor dem Corona-Gipfel von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten der Länder hat die Kriminalpolizei auf Antrag der Heidelberger Staatsanwaltschaft die Praxis des Sinsheimer Corona-Skeptikers und Hals-Nasen-Ohren-Arztes Bodo Schiffmann durchsucht. Es gebe einen "Verdacht auf Ausstellung unrichtiger Gesundheitszeugnisse", heißt es knapp in einer gemeinsamen Mitteilung von Staatsanwaltschaft und Polizei vom Mittwochmorgen.
Der Kopf der "Querdenken"-Bewegung soll Patienten Atteste ausgestellt haben, die sie aus medizinischen Gründen von der Maskenpflicht befreien. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft haben diese Gründe aber nicht bestanden. Der Verdacht: Schiffmann soll in mindestens drei Fällen unrichtige Gesundheitszeugnisse ausgestellt haben. Diese befreiten die Patienten aus medizinischen Gründen von der derzeitigen Pflicht, einen Mund-Nasen-Schutz in weiten Teilen des öffentlichen Raums zu tragen.
Nach bisherigen Ermittlungen, wohnen die Personen "mehrere hundert Kilometer von Sinsheim entfernt", sodass der Verdacht besteht, dass sie nie von Schiffmann untersucht worden sind "und Gründe für eine Befreiung von der Maskenpflicht nicht bestanden" hätten.
Dass Schiffmann dies anders sieht, gab er umgehend per Videobotschaft bekannt: Bei einem vierten der Atteste habe es sich nach Schiffmanns Aussage um eine Fälschung gehandelt, "das konnten wir eindeutig am Attest sehen". Bei zwei anderen habe man "nicht feststellen" können, ob die Patienten in seiner Praxis gewesen wären. Bei einem weiteren sei "die Akte von der Polizei abfotografiert" worden.
In dem Video beharrt Schiffmann darauf, dass Masken "nicht gegen die Covid-19-Erkrankung schützen" würden und die Studienlage zeige, dass die Masken gefährlicher seien "als ihr Nutzen". Vom Maskentragen abzuraten, gebiete ihm seine "Berufsehre". Seiner Ansicht nach, mache "sich jeder Arzt schuldig", der diesbezüglich keine Atteste ausstelle.
Thesen, für die Schiffmann hochumstritten ist, die ihm Zehntausende Anhänger und vehemente Kritik eingebracht haben. Einige seiner ehedem hochumstrittenen Aussagen gelten mittlerweile als fachliche Allgemeinplätze, andere wiederum scheinen zurzeit von der Realität überholt zu werden.
Andererseits distanzieren sich Weggefährten zunehmend von ihm. Beobachtern zufolge ist in seinen Beiträgen eine zunehmende Radikalisierung erkennbar. Zu Beginn der Corona-Krise wären sie noch faktenbetonter gewesen. Bereits im vergangenen Frühjahr, sagen Insider, sei der Staatsschutz auf den Mediziner aufmerksam geworden. In Gesprächen wirkte er abgekämpft.
Nahezu zeitgleich mit der Durchsuchung am vergangenen Dienstagmorgen, 27. Oktober, war ein Beitrag mit Recherchen von T-Online erschienen, in dem Schiffmanns Agitationen im Rahmen einer "Corona-Info-Tour" durch deutsche Städte in scharfem Ton seziert werden.
Der Beitrag, der den Facharzt für Schwindelerkrankungen einerseits als anerkannten "Experten in seiner Disziplin" benennt, zeichnet andererseits das Bild von Schiffmann als zynischem Agitator: Der 52-Jährige streue "für Millionen Flyer mit Desinformation zu Corona", fantasiere indirekt "vom Militärputsch", kooperiere mit Verschwörungstheorie-Anhängern wie Attila Hildmann und erzähle "erfundene Geschichten zu gestorbenen Kindern" aufgrund der Masken. "In mehreren Städten" ermittle die Polizei bereits gegen ihn, heißt es weiter. Auch habe Schiffmann nach Recherchen des Portals nach Aufkommen der Maskenpflicht angeboten, "Atteste per Post zuzuschicken".
Alles trägt die Überschrift "Ärztekammer kann Schwindel-Doktor Schiffmann nur zuschauen". Von "mindestens zwei" Ermittlungsverfahren eines Berufsgerichts wird berichtet, angeblich wegen Hygieneverstößen bei Demos und unrichtigen Attesten, die jedoch ins Leere gelaufen seien. Inzwischen beobachte die Approbationsbehörde des Landesgesundheitsamts am Stuttgarter Regierungspräsidium Schiffmanns Aktivitäten.
Die Lage bleibt diffus: Seit 19. Oktober dürfen Ärzte Patienten zumindest mit Erkältungsbeschwerden nach telefonischer Rücksprache sieben Tage lang krankschreiben. Auch im Frühjahr bis Ende Mai war dies möglich.
Bei der Heidelberger Staatsanwaltschaft ging man am Mittwoch davon aus, dass die Möglichkeit telefonischer Krankschreibungen für das vorliegende Verfahren, "soweit derzeit ersichtlich, keine Bedeutung hat", hieß es auf Nachfrage. Schiffmanns Aussagen "zu Fragen der medizinischen Bedeutung der Atemschutzmasken" seien nicht Teil der strafrechtlichen Überprüfung.
Unbeantwortet blieben die Fragen nach dem Ausstellungszeitpunkt der Atteste und dazu, auf welchem Weg die Justiz Kenntnis von dem Fall erhalten hat. Schiffmann selbst war am Mittwoch nicht zu erreichen.
(Update enthalten): Mittwoch, 28. Oktober 2020, 19.16 Uhr
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Ich stimme einigen Vorrednern hier zu: das ganze erzeugt mittlerweile eine Wut, die ich in meinem Alter gar nicht mehr für möglich gehalten hätte. An sich ist dieses Doktorchen mit Neigung zur trumpesken Feigheit nichts anderes als ein egozentrischer G`schaftlhuber, von denen es in jeder Branche und besonders hier draußen auf dem Land massenhaft gibt. Er greift aber massiv und mit subtiler krimineller Energie die Demokratie als solche an. Und da hört einfach der Spaß auf - obwaohl man sich gleichzeitig auch scheckig lachen muss über den Wirrsinn dieser Tage....