Lesen wir doch einmal, was das Strafgesetzbuch zum Mord sagt:
Mörder ist, wer
aus Mordlust,
zur Befriedigung des Geschlechtstriebs,
aus Habgier
oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch
oder grausam
oder mit gemeingefährlichen Mitteln
oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.
Zu beachten gilt hier, dass es sich um einen Mord
versuch handelt, die Tötung muss daher nicht vollendet sein.
Das Gesetz listet acht verschiedene Gesichtspunkte auf, die jeweils durch "oder" verbunden sind. Dieses oder ist ein nicht-ausschließendes oder, d. h. es spielt keine Rolle, ob von den aufgelisteten Gesichtspunkten nur einer, mehrere oder alle zutreffen, es muss mindestens einer erfüllt sein.
Befriedigung des Geschlechtstriebs scheidet im Fall Ursache aus.
Mordlust kommt vermutlich bei Ursache nicht in Frage, aber vielleicht sieht das jemand auch anders. Hier könnten seine Videos, in denen er großspurig ankündigt, wie er die "Angreifer" abschlachten werde, durchaus als Belege dienen.
In Richtung Habgier ließe sich aber vermutlich argumentieren, denn Ursache wollte um keinen Preis das Grundstück aufgeben, das er durch seine eigenen Handlungen längst verloren hatte und das einem Anderen gehörte, dem er die Herausgabe verweigerte.
Die sonstigen niederen Beweggründe sind ein weites Feld. Besonders "hohe" Beweggründe dürfte Ursache nicht gehabt haben.
Die Anklage hat m. W. auf eine heimtückische Handlung abgestellt, als sie die Anklage formulierte. Sie meint, es sei Ursache völlig gleichgültig gewesen, ob und wen er treffe. Somit habe er die anrückenden Polizisten, aber auch die weiteren Beteiligten (dazu unten mehr) zu Objekten herabgewürdigt.
Grausamkeit der Tat dürfte hier ausscheiden.
Bei den "gemeingefährlichen Mitteln" kommt das einzige Mal im Wortlaut der Definition des Mordes das Wort "gefährlich" vor. Eine Beurteilung, ob Ursache gefährlich ist oder gefährlich sein wird, käme in Betracht, wenn es um eine etwa anzuordnende Sicherungsverwahrung ginge, für die Frage, ob er ein Mörder sei oder nicht, ist eine Beurteilung seiner Gefährlichkeit nicht zwingend nötig. Seine Waffe dürfte auch kein "gemeingefährliches Mittel" im Rechtssinne dargestellt haben.
Endlich kommt noch der Gesichtspunkt der Verdeckung oder Ermöglichung einer Straftat in Betracht, was aber in Ursaches Fall nicht gegeben erscheint.
Fazit: Es ist unerheblich, ob Ursache gefährlich ist oder sein wird, es sei denn, diese Frage taucht im Zusammenhang mit einer möglichen Sicherungsverwahrung auf.
Allerdings ist es offensichtlich, dass ein Mann, der mit einer Waffe herumfuchtelt und in dessen Umgebung andere Leute stehen, diesen gefährlich werden kann. Ursaches "Unterstützer" waren sich der Gefahr, die von seiner Waffe ausging, anscheinend nicht bewusst, dennoch waren sie gefährdet. Auf den inkriminierten Videos sieht man denn auch, dass die Polizei sich bemüht, die Personen, die im möglichen Schussfeld Ursaches standen, dort weg und in Sicherheit zu bringen.
Das war eine unmittelbar gegenwärtige Gefahr. Jede scharfe Waffe stellt eine Gefahr dar, zumal in den falschen Händen.
Es ist auch zu erkennen, dass die Polizei versuchte, Ursache ohne Waffengebrauch zu überwältigen. Dieser Versuch scheiterte allerdings an Ursaches Unterstützern. Mehr sage ich dazu nicht, wer es erkennen kann, sieht es auf den Filmen.
Die Polizei hat also versucht, Ursache mit Worten zum Niederlegen der Waffe zu bewegen, ihn ohne Waffeneinsatz zu überwältigen und schließlich, nach dem Scheitern dieser Versuche, geschossen, wobei es mehrerer Treffer bedurfte, bis er ungefährlich war. Dies lässt auf seinen Adrenalinspiegel Rückschlüsse zu, denn nach Aussage eines Gutachters wäre normalerweise ein Mensch nach dem ersten Treffer reaktionsunfähig geworden.