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Stöckl ist Mitglied der Jungen Alternative (JA) und hat vor allem bei YouTube Bekanntheit erlangt. Fast 22 000 Menschen haben seinen Kanal dort abonniert. Der 24-Jährige lädt Videos hoch, in denen er Talkshows rezensiert oder auf Demos geht. Ein wesentlicher Teil dessen, was er aus Freiburg berichtet hat, ist allerdings falsch. "Polizist verliert Augenlicht, nachdem Antifa ihm zerbrochene Flasche ins Gesicht schmiss", schrieb der Aktivist am Montag. Dass das nicht der Wahrheit entsprochen hat, räumt Stöckl ein. Inzwischen hat er den Text geändert, die Schlagzeile lautet jetzt (wörtlich, d. Red.): "Polizist mit blutverströmmtes Gesicht, nachdem Antifa ihm zerbrochene Flasche ins Gesicht schmiss". Sein Text war da schon tausendfach geteilt worden.
"Ich versuche in meinen Posts wiederzugeben, was ich selbst gesehen und erlebt habe", sagt Stöckl der Badischen Zeitung. Dann gibt er zu: Die Glasflasche habe er gar nicht gesehen, "nur, dass sich ein Polizist gegen die Hauswand lehnte und sich das Gesicht zuhielt und blutete".
Drei Beamte ohne Fremdeinwirkung verletzt
Ein Sanitäter, behauptet der Aktivist, habe ihm von einer Glasscherbe berichtet, die den Mann verletzt haben soll. An den Wortlaut könne er sich nicht erinnern. Um ihn herum seien nur Gegendemonstranten gestanden. Da reimte sich Stöckl offenbar eine Geschichte zusammen. "Das sind logische Schlussfolgerungen, die ich in diesem Moment gezogen habe."
Es ist fraglich, ob diese Szene stattgefunden hat. Polizeisprecher Jerry Clark sagt: "Das ist eindeutig eine Falschmeldung." Drei Beamte seien im Rahmen der Demos leicht verletzt worden, aber ohne Fremdeinwirkung. Niemand habe behandelt werden müssen, alle hätten ihren Dienst fortgesetzt. Den Flaschenwurf auf einen Polizisten, die brutale Schilderung in Stöckls Post: Es hat ihn nie gegeben. Trotzdem macht in den sozialen Medien die Nachricht die Runde, Linke hätten einen Polizisten schwer verletzt. Stöckl sagt: "Ich habe versucht, nach bestem Wissen zu schreiben."
Die Polizei kündigt an, sie wolle versuchen, die Behauptung bei Facebook löschen zu lassen. Bislang laufen zwei Ermittlungsverfahren gegen eigene Beamte und sechs gegen Gegendemonstranten, so Polizeisprecher Clark. Es gehe um verschiedene Tatbestände, vom Vermummungsverbot bis zur Körperverletzung. In den kommenden Tagen könnten noch weitere hinzukommen, etwa wenn die Polizei ihre Videoaufzeichnungen ausgewertet hat. Von einem Bürgerkriegszustand, wie Stöckl ihn beschrieben hat, sei Freiburg aber meilenweit entfernt gewesen.
AfD-Teilnehmer sagt, seine Familie sei mit Schlagstöcken angegriffen worden
Aus den Reihen der AfD werden weitere Vorwürfe erhoben. Vier der Demo-Teilnehmer seien verletzt worden, sagt Reimond Hoffmann von der JA. Geschehen sei das kurz nach dem Ende der Kundgebung, als die Demonstranten die Kaiser-Joseph-Straße erreicht hatten. Ein Teilnehmer berichtet, Vermummte hätten seine Frau und seinen 15-jährigen Sohn auf Höhe der Löwenstraße mit Schlagstöcken aus Holz und Eisen angegriffen. Die Polizei bestätigt, dass in diesem Zusammenhang eine Anzeige vorliegt.
Ein JA-Mitglied soll zudem von Gegendemonstranten gestoßen und daraufhin geflohen sein. Auch in diesem Fall sei Anzeige erstattet worden, so Hoffmann. Veranstalter Räpple behauptet gegenüber der BZ, es habe Hetzjagden gegeben auf Teilnehmer seiner Demonstration. "Das können wir so nicht bestätigen", sagt Clark.
Auch Henryk Stöckl will angegriffen worden sein. Während er auf der Kaiser-Joseph-Straße den Protestzug gefilmt habe, sei er in die Gegendemonstration geraten. Da habe jemand von hinten gegen sein Smartphone geschlagen. "Es ist meterweit geflogen, die Hülle ist kaputt gegangen", sagt der Aktivist. Ein Video, das die Szene zeigen soll, hat er bei Facebook hochgeladen. Tatsächlich ist zu sehen, dass die Kamera mitten in der Aufnahme abrupt zu Boden geht, nicht aber der Grund dafür. Anzeige habe er nicht erstattet, so Stöckl, der selbst sagt: "Ich habe ja keine Beweise." In seinem Post hatte er zunächst geschrieben, er sei geschockt gewesen und weinend in ein Parfüm-Geschäft gelaufen. Auch das hat er inzwischen geändert. "Da sind schon ein paar Tränen geflossen, aber ich habe nicht schlimm geweint."
Fragt man Henryk Stöckl danach, was er von Falschmeldungen hält, sagt er: "Ich glaube, dass Falschmeldungen oftmals benutzt werden, um unliebsame Leute zu diffamieren."