Und in diesem Augenblick frage ich mich zum wiederholten Mal wie verkorkst das amerikanische Wahlsystem ist.
- sind rechtmäßig und demokratisch gewählt worden
- können per Beschluss anderer Abgeordneter rausgeworfen werfen
- müssen ausserhalb des regulären Wahlturnus erneut sich zur Wahl stellen?
Finde nur ich das ganze undemokratisch?
Man könnte die Frage auch auf das Grundgesetz ausweiten. Zum Beispiel: Ist es demokratisch, dass eine neu gewählte, einfache Bundestagsmehrheit beschließen könnte, dass:
- die Wahl korrekt ablief und nicht wiederholt wird,
- das BVerfG ab morgen einen dritten Senat bekommt, der für alle Fragen zuständig ist außer das Recht der Kleintiere, die höchstens so groß wie Hamster sind (erster Senat) und Grundstücksgrenzen überstehender Hecken (zweiter Senat),
- die Richter, die in den dritten Senat durch den Bundestag gewählt werden, mit einfacher Mehrheit gewählt werden können,
- anschließend Bundestagsabgeordnete der Mehrheit in das BVerfG als Richter gewählt werden, für die neue Abgeordnete in den Bundestag nachrücken,
- und zum Verwerfen eines Gesetzes als verfassungswidrig oder zur Wiederholung einer Wahl eine einstimmige Entscheidung aller Richter erfolgen muss.
Nach den Buchstaben des Grundgesetzes wäre das nicht verboten, mit einer funktionierenden liberalen Demokratie hat es aber auch nichts mehr zu tun.
Insofern: Dass es eine Möglichkeit gibt, Abgeordnete mit Zwei-Drittel-Mehrheit auszuschließen, ist grundsätzlich nicht undemokratisch. Es wurden in den letzten hundert Jahren zwei Abgeordnete ausgeschlossen, einer, weil er für Abstimmungen in einem bestimmten Sinne Bestechungsgeld annahm, und einer, weil er 22 Frauen sexuell belästigte (beides Republikaner, übrigens). In keinem der Fälle gab es mehr als zwei Gegenstimmen. Das halte ich für gute Entscheidungen.
Das Problem ist, dass diese Möglichkeit aus politischer Opportunität missbraucht und damit die Demokratie erheblich beschädigt wurde.
Wobei das mit der Nachwahl eher eine Sache des Wahlsystems ist. Das Repräsentantenhaus von Tennessee hat fixe Amtszeiten und die Abgeordneten werden in Einerwahlkreisen mit Mehrheitswahlrecht gewählt. Die Alternativen wären alle schlechter, nämlich entweder dass der Sitz unbesetzt bleibt, irgendeine Person oder Gruppe den neuen Abgeordneten bestimmt, oder der Zweitplatzierte das Mandat erhält.