Aber das Beste zuerst, nun wird es lustig. Update vom Abend:
Öhöm, der nächste Komiker, der Satire nicht verstanden hat.
Spoiler
Nach Spur in München - Wiener Anwalt gesteht Verantwortung für Strache-Video
von Arndt Ginzel, Daniel Laufer und Christian Rohde
Datum:m24.05.2019 22:06 Uhr
Die Urheber des Strache-Videos werden in einer Münchner Sicherheitsfirma vermutet. Frontal21 begibt sich auf Spurensuche im Detektivmilieu. Dann gesteht ein Wiener Anwalt.
Screenshot aus einem Video, das die FPÖ-Politiker Heinz-Christian Strache (r.) und Johann Gudenus (l.) im Gespräch mit der angeblichen Nichte eines russischen Oligarchen zeigt
Quelle: spiegel/sueddeutsche zeitung/dpa
Eine Adresse in der Münchner Innenstadt, ein gesichtsloses Bürohaus, an der Fassade eine Werbung für Glücksspiel. Hier hat eine Detektei ihren Sitz, deren Geschäftsführer einer der gesuchtesten Männer dieser Tage sein dürfe: Julian H., geboren 1980, gemeldet in Österreich - derzeit nicht aufzufinden. Der Detektiv und seine Firma sollen im Sommer 2017 in Ibiza das Video produziert haben, das den späteren Vizekanzler Österreichs Heinz-Christian Strache (FPÖ) zeigt, im Gespräch mit einer vermeintlichen russischen Investorin. Sie reden über mögliche Staatsaufträge im Gegenzug für verdeckte Wahlhilfe und wie am besten auf österreichische Medien Einfluss genommen werden könnte. Als "Spiegel" und "Süddeutsche Zeitung" Auszüge aus dem Video veröffentlichen, ist das das Ende der rechtskonservativen Regierung in Österreich. Der Ex-Vizekanzler Österreichs hat heute in einem bei Facebook veröffentlichten Video bekanntgegeben, dass er Anzeige erstattet habe gegen drei Personen. Darunter ist nach Angaben von Straches Anwalt ein Detektiv mit Namen Julian H.
Detektiv Julian H.
Quelle: ZDF
Auch wenn Sie vom ZDF sind, keine Auskunft.
Anwalt Christian G.
Als ein Reporter des ZDF-Magazins Frontal21 bei der Detektei klingelt, öffnet zunächst niemand. Doch kurz darauf betritt der Mann das Haus, der die Detektei einst gegründet hat, Rechtsanwalt Christian G.. Auf ihrer Internetseite bietet die Detektei "Beweismittelgewinnung" an, man bediene sich eines "verdeckten Ermittlungsteams". Über mehrere Jahre war Christian G. selbst Gesellschafter und teilte sich mit Julian H. nicht nur die Firmenanteile. Er bestellte Julian H. zum Geschäftsführer, einen wegen Drogendelikten Vorbestraften aus Wien. Als der Frontal21-Reporter Anwalt Christian G. anspricht, gibt der zunächst keine Antwort. Er sei doch Geschäftsführer der Detektei, die verantwortlich gemacht werde für das Skandal-Video, fragt der Reporter. "Auch wenn Sie vom ZDF sind, keine Auskunft", sagt G. noch – dann schließt sich der Fahrstuhl. Laut Handelsregister ist Christian G. nicht mehr Gesellschafter der Detektei. Seine Anteile hat er im April 2018 verkauft – an Julian H.. Später teilt der Anwalt mit, dass es mit dem "Strache-Video nichts zu tun habe".
Nächstes Video
Nachrichten | heute journal - heute journal vom 24. Mai 2019
31:03 min vom 24.5.2019
Die Urheber des Ibiza-Videos, das zum Bruch der Regierung in Österreich führte, werden in einer Münchner Sicherheitsfirma vermutet. Frontal21 mit einer Spurensuche.
Beitragslänge:1 min
Datum: 24.05.2019
Mehrere Redaktionen bekamen am Abend eine Pressemitteilung, die sich wie ein Geständnis liest. Verschickt hat sie der Anwalt von Ramin M. Sein Mandant räumt damit offenbar ein, an der Erstellung des Videos beteiligt gewesen zu sein. Der Wiener M. behauptet, es handele sich um ein "zivilgesellschaftlich motiviertes Projekt".
Ein vorbestrafter Detektiv legt die Spur nach München
Die Spur nach München legte Sascha Wandl, auch er ein ehemaliger Geschäftspartner von Julian H.: Er habe den jungen Mann in Sachen Spionage ausgebildet und auf dem Skandalvideo erkannt, sagte Wandl dem österreichischen Nachrichtenmagazin "Profil". Wie kann das sein? Schließlich zeigten der "Spiegel" und "Süddeutsche Zeitung" nur Szenen, in denen alle Personen außer Österreichs Vizekanzler und sein Intimus Johann Gudenus unkenntlich gemacht waren.
Wandl sagt auf Nachfrage von Frontal21: "Ich habe Teile des Videos gesehen, die noch nicht öffentlich sind - anhand dessen habe ich ihn erkannt. Sein Gesicht war teilweise unverpixelt." Fest steht, Wandl und der angebliche Produzent des Videos Julian H. kennen sich schon länger. Und sie haben seit langem Streit. Wandl - dessen Strafregister Verurteilungen wegen schweren Betrugs und Diebstahls aufweist - behauptet, dass die Detektivfirma von Julian H. Wirtschaftsspionage betreibe.
Sascha Wandl
Quelle: oe24 TV
Ermittlungen wegen Wirtschaftsspionage
Es existieren hunderte Seiten Ermittlungsakten, die Frontal21 vorliegen. Es geht um die "Überwachung und Ausspionierung" eines österreichischen Bahntechnikunternehmens. Julian H. und seine Firma sollen Telefone von Geschäftsleuten abgehört, Peilsender angebracht und Geschäftsunterlagen entwendet haben. Ein Geschäftsführer der Bahntechnikfirma sei sogar "permanent von uns überwacht" worden. So steht es in den Akten. Gegen Julian H. ermittelte das niederösterreichische Landeskriminalamt. Sein einstiger Geschäftspartner Wandl hatte ihn angezeigt, nach eigenen Angaben will er über das Spionagegeschäft auspacken. Julian H. streitet damals alle Vorwürfe ab, die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren ein. Doch die Firma, die sich ausgespäht sieht, will, dass das Verfahren wieder aufgenommen wird. Entschieden wird darüber im Juni vor dem Landesgericht Krems an der Donau.
Eine weitere Spur führt ebenfalls nach München, zur selben Detektei und zu Julian H. Nachdem FPÖ-Spitzenfunktionär Gudenus nach Veröffentlichung des Videos all seine Mandate zurückgegeben hatte, aus der Partei ausgetreten war und gegenüber seinen Wählern "tiefstes Bedauern" für sein Verhalten ausgedrückt hatte, erinnerte sich Gudenus an den Mann, der ihn angeblich mit der schönen Lettin in Kontakt gebracht hatte. Es soll sich um den Wiener Anwalt Ramin M. handeln. Den Anwalt habe er mehrfach auch wegen privater Immobiliengeschäfte getroffen, sagte Gudenus der Wiener Zeitung "Die Presse". Bei einem dieser Treffen soll nach Gudenus Schilderungen ein weiterer Mann dabei gewesen sein, der sich mit Julian Thaler vorstellte. Ist Julian Thaler Julian H.?
Frontal21 hat Gudenus und Ex-Vizekanzler Strache ein Foto des Detektivs Julian H. vorgelegt und sie gebeten sich zu äußern. Bis heute 19 Uhr gab es dazu keine Reaktion.
Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Mitarbeiter von Julian H.
Fest steht: Der Wiener Anwalt Ramin M. und der deutsche Detektiv Julian H. hatten miteinander zu tun. Frontal21 liegen Akten vor, die das belegen. Die Polizei ermittelt damals in Sachen Wirtschaftsspionage und auch zur Detektei des Julian H. Die Ermittler fordern von Anwalt M. ein Schriftstück an. Es geht um eine "schriftliche Geheimhaltungsvereinbarung" die Julian H. und seine Detektei mit ihren Auftraggeber geschlossen habe. Anwalt M. antwortet im Juni 2016 an die Kriminalpolizei München, dass seine Mandanten das Schriftstück freigeben müssten, aber im Ausland weilten und bittet deshalb "höflich um Fristenstreckung". Julian H. und seine Detektivfirma erwähnt Anwalt M. ausdrücklich.
Wilfried Haslauer Politik | maybrit illner -
"Gesamtes Narrativ der FPÖ zerstört"
Videolänge:1 min
Die Staatsanwaltschaft München bestätigte auf Nachfrage von Frontal21, dass gegen einen Mitarbeiter der Detektivfirma von Julian H. ermittelt worden sei. In diesem Zusammenhang wurde auch Detektei-Chef Julian H. vernommen. Das zunächst in München geführte Verfahren wegen des "Verdachts des Verrates von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen" sei zuständigkeitshalber an die Staatsanwaltschaft Krems an der Donau abgegeben worden. Haben der Wiener Anwalt und der deutsche Detektiv gemeinsame Sache gemacht beim Ibiza-Video?
Der Wiener Anwalt M. hat nun selbst einen Anwalt. Während er noch am Donnerstag verlauten ließ sein Mandant weise "sämtliche Anschuldigungen und Vorwürfe entschieden" zurück, kommt heute die Kehrtwende. In einer Pressemitteilung der Kanzlei wird auf einmal die Beteiligung an dem Video eingeräumt: Anwalt M. zufolge handele es sich dabei um ein "zivilgesellschaftlich motiviertes Projekt". Frontal21 hat Julian H. um Stellungnahme gebeten, besuchte Adressen, an denen er gemeldet ist. Doch Julian H. bleibt verschwunden.
Über eine Rechtskanzlei ließ er erklären, er habe "weder angeboten, Straftaten zu begehen, noch öffentliche Ämter zu missbrauchen, noch Wahlergebnisse zu fälschen, noch sich um Wahlämter beworben". Die Wiener Zeitung "Die Presse" schreibt, Julian H. dementiere jedoch nicht, am Video beteiligt gewesen zu sein.
Nach Böhmermanns Scherzen ging alles ganz schnell
Strache Ibiza-Videoaffäre -Was dürfen Medien?
von Pablo Silalahi
Videolänge: 2 min
Offen bleibt weiter das Motiv der Täter. Sollte die FPÖ aus der Regierung getrieben werden? Oder war es einfach Erpressung? Die Wochenzeitung "Die Zeit" berichtete, das Video sei mehreren Medien für eine siebenstellige Summe zum Kauf angeboten worden, diese hätten aber abgelehnt. Zudem ist von "Mittelsmännern der Beteiligten in Wien" die Rede und dass die Videomacher sich zunehmend um ihre Enttarnung gesorgt hätten. Nachdem der ZDF- Satiriker Jan Böhmermann bei der Verleihung eines österreichischen Fernsehpreises im April bereits Hinweise auf FPÖ-Gespräche "in einer russischen Oligarchen-Villa" auf Ibiza gegeben hatte, sei alles weitere dann sehr schnell gegangen.
Politisch läuft alles auf einen Showdown hinaus. Der Kanzler Österreichs, Sebastian Kurz (ÖVP), könnte per Misstrauensvotum aus dem Amt gedrängt werden. Das bleibt bis Montag Spekulation. Fest steht schon seit vergangenen Freitag: Spitzenfunktionäre der rechtpopulistischen FPÖ haben sich um Kopf und Amt geredet. Das Video auf Ibiza - mutmaßlich produziert unter Beteiligung einer Detektei aus München - zeigt, was die Herren wollten: ihre Macht missbrauchen, die Pressefreiheit beschneiden, ihr schönes Österreich korrumpieren.
ZD