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Prozess gegen "Reichsbürger" Adrian Ursache fortgesetzt
Am 25.08.2016 stürmen 200 Polizisten ein Grundstück in Reuden bei Zeitz, um es zwangszuräumen. Der Einsatz eskaliert: Ein Mann und mehrere Polizisten stehen sich mit vorgehaltenen Waffen gegenüber. Ein Polizist wird angeschossen, der Mann auf der anderen Seite erleidet lebensgefährliche Verletzungen. Er heißt Adrian Ursache, Ex-Mister-Germany und Reichsbürger. Seit Monaten läuft der Prozess am Landgericht Halle. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, er habe einen Polizisten ermorden wollen.
von Andre Seifert, MDR AKTUELL
Der ehemalige Mister Germany Adrian Ursache (l.) spricht am 09.10.2017 im Landgericht in Halle/Saale (Sachsen-Anhalt) vor Prozessbeginn im Gerichtssaal mit dem Grundgesetz in der Hand mit Journalisten.
Der angeklagte Adrian Ursache (l.) am 09.10.2017 im Landgericht in Halle/Saale.
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Fast kein Stuhl ist frei im Saal 141 des Landgerichts Halle. Rund 30 Anhänger von Adrian Ursache sind am 18. Verhandlungstag gekommen, um die Beweisaufnahme zu verfolgen, fast ausschließlich Familienangehörige und Reichsbürger.
Anhänger glauben an Unschuld
Viele erkennen die Bundesrepublik nicht an, und alle glauben genau zu wissen, dass Ursache nicht auf den Polizisten geschossen hat, so wie Holger aus Berlin, der seinen Nachnamen nicht nennen will. "Auf keinen Fall, er hat definitiv nicht geschossen, die Beweislage ist ziemlich eindeutig. Und es war ja ein überfallartiger Eingriff oder Zugriff." Dass die Situation damals dennoch so eskalierte, das habe Ursache selbstverständlich nie gewollt. "Naja, da wir den Adrian kennen von vornherein, würde ich sagen, das war niemals seine Absicht."
Angeklagter postete vorab Drohungen
Was war dann Ursaches Absicht, als er sich dem Sondereinsatzkommando mit vorgehaltener Waffe gegenüberstellte? Die Zeugin Annett Wernicke wird befragt, die Leiterin des Polizeireviers im Burgenlandkreis, die den Einsatz koordiniert hatte. Wernicke sagt aus, dass die Polizei mit dem Schlimmsten rechnen musste. Denn sie wusste, dass sich Ursache eine Waffe besorgt hatte. Sie wusste, dass Ursache drei Tage vor dem Einsatz im Internet damit gedroht hatte, im Falle eines Angriffs auf seinen selbsternannten "Staat Ur" "alle abzuschlachten".
Verteidiger: Mandant zu schwer verletzt um zu schießen
Welche Gefahr von Ursache ausging, diese Frage greifen die Pflichtverteidiger des 44-Jährigen nicht auf. Sie fahren eine andere Strategie: Sie versuchen zu beweisen, dass ihr Mandant unmöglich geschossen haben kann, unter anderem deshalb, weil er dafür zu schwer verletzt gewesen sei, so Anwalt Dirk Magerl. "Er wurde vier Mal getroffen von Beamten, das steht auch fest. Da ist es fraglich, ob derjenige überhaupt noch in der Lage war, einen Schuss abzugeben."
Kippt der Prozess noch?
Diese Frage könnte den Prozess womöglich zum Kippen bringen. Denn die Verteidiger verweisen auch darauf, dass sich in der Trommelkammer der Tatwaffe keine leere Patronenhülse befunden habe. Außerdem habe ein Gutachten festgestellt, dass die Patrone, die Ursache laut Anklage verschossen haben soll, zu leicht gewesen sei. Die Verteidigung bezweifelt auch deshalb, dass sie aus Ursaches Waffe stammt.
Eindrücke aus dem Gerichtssaal
Adrian Ursache verfolgt den Verhandlungstag wie immer stehend, da er das Gericht nicht anerkennt. Er wird bewacht von maskierten Justizbeamten mit kugelsicheren Westen. Mehrfach ergreift er das Wort, beschimpft das Gericht dabei als totalitär und faschistisch und die Justizvollzugsanstalt Halle, in der er untergebracht ist, als KZ. Im Februar geht die Verhandlung weiter.