Den Schwedenbitter hat der herrlichste Präsident ever auch bitter (!) nötig! Denn:
Spoiler
Statt der üblichen neun Verfassungsrichter taten damals wegen eines Todesfalls nur acht Richterinnen und Richter ihren Dienst. Vor allem aber gab es keine verlässliche konservative Mehrheit. Diese jedoch wollte Trump unbedingt haben für den Fall, dass der Oberste Gerichtshof über den Ausgang der Wahl mitentscheiden sollte.
«Der Supreme Court sollte entscheiden!»
Amy Coney Barrett, die Trump kurz darauf als neunte Richterin nominierte, war das Mittel zu diesem Zweck – eine konservative Juristin, die den Republikanern am höchsten Gericht des Landes eine solide Stimmenmehrheit von mindestens fünf zu vier geben sollte. Mit dieser Mehrheit, so Trumps Idee, müsste sich im Notfall die Bestätigung von unerfreulichen Wahlergebnissen blockieren lassen, sodass die Parlamente in den Bundesstaaten oder der Kongress ihm den Sieg zusprechen könnten.
Das war der Plan. Und als sich nach der Wahl Trumps Niederlage abzuzeichnen begann, versuchte er, ihn in die Praxis umzusetzen. «Der Supreme Court sollte entscheiden!», twitterte der Präsident am 6. November. Einer seiner Anwälte wurde bei Fox News noch deutlicher: «Wir warten darauf, dass der Supreme Court eingreift und etwas tut. Und hoffentlich wird Amy Coney Barrett sich durchsetzen.»
Hinter diesem Plan stand immer schon eine etwas zu simple Vorstellung davon, wie das US-Rechtswesen funktioniert. Die Erwartung, dass Richter, die einer konservativen Rechtsphilosophie anhängen und von einem republikanischen Präsidenten ernannt wurden, dabei helfen würden, das Ergebnis einer legalen Wahl zu kippen, hat sich – zu Trumps Überraschung und Enttäuschung – als falsch erwiesen. Jedenfalls hat bisher weder der Supreme Court in Washington eine besondere Neigung gezeigt, sich in die Wahl einzumischen, noch hat Amy Coney Barrett «sich durchgesetzt».
Es sei gar nicht so leicht, einen Fall vor das Verfassungsgericht zu bringen, beklagt Trump nun – ein indirektes Eingeständnis, dass seine Strategie gescheitert ist, sich von Gerichten zum Wahlsieger küren zu lassen. «Wir sollten vom Supreme Court angehört werden. Irgendwie muss man doch da mit einem Fall reinkommen, was nützt denn sonst der Supreme Court?»
Offenbar hat Trump nicht verstanden, dass man, um mit einem Fall vor den Supreme Court zu kommen, zunächst einmal über einen relevanten Fall verfügen muss. Und den haben Trump und seine Verbündeten nicht. Im Fernsehen reden sie zwar davon, dass sie Beweise für umfassenden Wahlbetrug hätten. Vor Gericht haben sie diese Beweise bisher aber nie vorgelegt.
Wahlbetrug im juristischen Sinne war oft sogar nicht einmal Teil der Klagen, stattdessen ging es generell um die Gültigkeit von bestimmten Briefwahlzetteln. Wie schwach Trumps rechtliche Stellung ist, zeigt die bisherige Prozessbilanz: Von den mehr als drei Dutzend Klagen, die Trump und die Republikaner in verschiedenen Bundesstaaten eingereicht haben, wurden bis auf eine einzige alle abgewiesen.
Besonders spektakulär scheiterten Trumps Klagen in Pennsylvania, wo Trump gut 80’000 Stimmen weniger als der Demokrat Joe Biden erhalten hatte. Ein Bundesrichter dort – ein Republikaner, der wie Amy Coney Barrett der konservativen Federalist Society angehört – hielt Trumps Anwälten vor, nur «an den Haaren herbeigezogene rechtliche Argumente und spekulative Vorwürfe» vorgebracht zu haben. Trumps Klage gegen das Ergebnis sei aus Versatzstücken zusammengestoppelt – wie «Frankensteins Monster».
In der Berufungsverhandlung belehrte ein weiterer Bundesrichter, der 2017 von Trump ernannt worden war, dass «freie, faire Wahlen der Lebenssaft der Demokratie» seien. «Eine Wahl unfair zu nennen, bedeutet nicht, dass sie es war. Eine Klage benötigt spezifische Anschuldigungen und Beweise. Im vorliegenden Fall fehlt beides.»
Niedere Gerichte haben entscheiden
Ähnlich rabiat wies das Verfassungsgericht von Pennsylvania, dessen Vorsitzender ein Republikaner ist, am Wochenende eine Klage von zwei Trump-Verbündeten gegen das Wahlergebnis ab. Die Kläger wollten sämtliche per Brief abgegebenen Stimmen für ungültig erklären lassen. Doch das Gericht wollte nicht Komplize dabei sein, de facto Millionen Bürgern das Wahlrecht wegzunehmen,
Trumps Anwälte haben angekündigt, den Instanzenweg bis hoch zum US-Verfassungsgericht gehen zu wollen. Ob der Supreme Court jedoch einen Fall annehmen will, der von niedrigeren Gericht völlig eindeutig entschieden wurde, ist offen. Und selbst wenn das Gericht sich für zuständig erklärt – dass Richterin Barrett und ihre konservativen Kollegen Trump doch noch zum Sieger der Wahl erklären, halten Rechtsexperten für weitgehend ausgeschlossen.
Publiziert heute um 17:59 Uhr