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„Staatenbund“-Mitglied verurteilt
Ein 61-jähriger Kärntner ist am Donnerstag am Landesgericht Klagenfurt wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung und staatsfeindlicher Verbindung verurteilt worden. Er fasste eine Geldstrafe von 1.500 Euro und 14 Monate bedingte Haft aus.
Staatsanwältin Gabriele Lutschounig warf dem 61-jährigen Pensionisten die Mitgliedschaft beim „Staatenbund Österreich“ sowie die Verbreitung von nationalsozialistischem Gedankengut vor. Der Angeklagte, der immer wieder in Tränen ausbrach, und beteuerte, dass er den österreichischen Staat nie infrage gestellt habe, bekannte sich nicht schuldig. Er sei hineingezogen worden, habe das alles nicht so ernst genommen, versuchte er wortreich zu erklären.
„Subversive Organisation“
Bei dem Staatenbund Österreich, dem der Angeklagte per Antrag im Februar 2016 beigetreten sei, handle es sich um eine subversive Organisation, die versuche, die verfassungsmäßigen Einrichtungen der Republik zu erschüttern und Parallelstrukturen aufzubauen, erläuterte Lutschounig die Anklage. Konkret war der 61-Jährige Mitglied des „Staates Kärnten“ - Nummer 12 von 3.000 - und hatte einen Mitgliedsbeitrag bezahlt. Vier oder fünf Mal habe er an „Informationsveranstaltungen“ teilgenommen, sagte der Mann in seiner Einvernahme durch Richterin Ute Lambauer.
Fixiert auf vermeintliches Unrecht
Er habe gehofft, dass die Gruppe ihm helfen könne, das sei alles, was ihn interessiert habe. Er habe sich von seinem Arbeitgeber, dem Land Kärnten, ungerecht behandelt gefühlt, seine Beschwerden und Einwände seien aber ignoriert worden, sagte er. Stattdessen habe man ihn zur psychiatrischen Behandlung geschickt. Das alles habe ihn massiv erschüttert. Er sei fixiert auf sein tatsächlich oder vermeintlich erlittenes Unrecht. Es sei Zentrum seines Lebens, sagte die Staatsanwältin dazu. Das erkläre zwar sein Verhalten zum Teil, entschuldige es aber nicht.
Der Angeklagte sagte weiter, er habe sich vom „Staat Kärnten“ wieder zurückgezogen, als er gemerkt habe, dass er „komisch“ sei. Ans Austreten habe er nicht gedacht, weil er sich gar nicht mehr daran erinnert habe, etwas unterschrieben zu haben. Erst im Dezember 2018 habe ihn der Polizist bei der Einvernahme wieder daran erinnert, „dass da etwas war“. Die „Verfassung“ des „Staates Kärnten“ habe er nicht ernst genommen, er habe sie nicht einmal gelesen.
Verteidiger: Schweres Schicksal
Verteidiger Peter Krassnig verwies auf das schwere Schicksal seines Mandanten, der seit dem 17. Lebensjahr nach einem Unfall beim Böllerschießen behindert sei. Die „freiheitliche demokratische Ordnung“ sei für ihn aber immer das größte Gut gewesen. In diesem Zusammenhang habe er auch geglaubt, dass er im Sinne der Meinungsfreiheit alles weiterverbreiten dürfe.
Und so hatte er auf Facebook mit mehr als 3.000 Personen einen Artikel geteilt, in dem eine Ikone der deutschen Neonaziszene, die 90-jährige Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck, verherrlicht und Adolf Hitler als Lichtgestalt im Kampf gegen das Böse darstellt wurde. Er habe das Bild nicht als Hitlerdarstellung erkannt, erklärte der Angeklagte. So genau habe er nicht geschaut. „Vielleicht ein Mann aus den 30er-Jahren mit Schnauzbart“, meinte er. Den Artikel, in dem es um die Inhaftierung Haverbecks ging, habe er nicht gelesen. Das einzige, das er wahrgenommen habe, war, dass ein Mensch dieses Alters wegen Holocaust-Leugnung ins Gefängnis soll. Er habe die Weiterverbreitung als Warnung verstanden, dass auch einem alten Menschen so etwas passieren könne.
Richter glaubte Angeklagtem nicht
Lutschounig nahm dem Angeklagten die Intention der Warnung ebenso wenig ab wie die Behauptung, Hitler nicht als solchen erkannt und den Text vor dem Weiterleiten nicht gelesen zu haben. Er sei ein intelligenter Mensch, habe die Matura nachgemacht, die Dienstprüfungen mit Auszeichnungen absolviert und sei historisch versiert.
Der Anwalt erklärte, sein Mandant habe sich auch als Mitglied des „Staates Kärnten“ weder gesetzwidrig verhalten und noch sei er jemals gewalttätig gewesen. Und durch einen unbedachten Klick habe er etwas weitergeleitet, was keineswegs seiner Überzeugung entspreche. Daher stellte der den Antrag auf Freispruch.
Zur Strafhöhe sagte Lambauer, ausschlaggebend sei der Vorwurf der Wiederbetätigung gewesen. Mildernd sei die bisherige Unbescholtenheit, erschwerend das Zusammentreffen eines Vergehens und Verbrechens. Ein Geständnis sei nicht vorgelegen. Der Angeklagte nahm das Urteil an, die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab. Die Entscheidung des Schwurgerichtshofs war einstimmig, das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Publiziert am 25.04.2019
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