Fatzke und das KRD argumentieren ja aber eben genau mit der angeblich nicht gegebenen Bereicherung. Gleichzeitig geben sie allerdings ziemlich offen zu, zumindest einen Teil des Geldes für Lebensunterhalt ausgegeben zu haben, womit die Bereicherung doch wohl gegeben sein dürfte.
Ein Blick ins Gemeinnützigkeitsrecht könnte weiterhelfen: Würde man das persönliche Wohl der Mitglieder eines gemeinnützigen Vereines mit dem zu fördernden Gemeinwohl gleichsetzen, wären sämtliche Regelungen zu diesem Gebiet Makulatur. Dann bräuchte es nicht tausender Beamter in den Finanzämtern, die Satzungen prüfen, Rechenschaftsberichte anfordern und schließlich die Gemeinnützigkeit bestätigen - dann könnte man die Leuts mit den Spendengeldern machen lassen, was sie wollen. Tatsächlich ist die vom Verein zu fördernde Gemeinschaft auf jeden Falle weiter als die eigene Mitgliederschar und in aller Regel auch nicht scharf zu begrenzen. Die Kammer hört sich das offenbar nur wegen ihrer guten Kinderstube an.
Wie beweiskräftig die erst in den letzten Monaten nachgeschobenen Erklärungen, man habe von Anfang an das Geld zur freien Verfügung gegeben, sind, lasse ich mal offen. Wie verträgt sich das mit den nach wie vor aufgestellten Behauptungen, nur dem Gemeinwohl zu dienen, in stabile Sachwerte zu investieren und das Geld auch ggf. zurückzuzahlen? Warum wurden verklausulierte Verträge, "Sparbücher" usw. aufgesetzt und unterzeichnet, wenn eine einfach Schenkung genügt hätte?
Die Zeugenaussagen bewertet das Gericht. Tatsächlich wird nicht jeder Zeuge, der so offensichtlich wie nur möglich lügt, auch vereidigt und die Akte dann der Staatsanwaltschaft übergeben. Wenn sich ein Richter fünf Jahre vor der Pensionierung an ein einziges Mal erinnern kann, bei dem er zu einer Falschaussage hätte gehört werden sollen, die Sache aber dann wegen anderer Geschichten nicht mehr ins Gewicht fiel, sagt das schon einiges.
Die Leute in dieser Kammer sind nicht doof, die wissen ganz genau, daß die Geschichte keine Benefizveranstaltung war und auch nie sein sollte. Da wäre den Leuten Linsensuppe serviert worden, Peterle hätte am Flügel gesessen und für eine Eintrittskarte 50 oder meinetwegen auch 150 Euro kassiert. Insgesamt dann vielleicht 2.000 Euro an einem Abend, vielleicht. Mit Crowdfunding bekommen die anderen Reichsdeppen ja nicht mal eine warme Mahlzeit zusammen, wie man immer wieder beobachten kann. Und die Geschichte, jemand könne durch die halbe Republik fahren, um einen wildfremden Menschen ein paar Tausend Euro zu schenken, wäre selbst für die Brüder Grimm zu dürftig gewesen.
Peterle wußte ganz genau, daß man auf legalem Wege viel Mühe investiert und nur an ein paar Krümel kommt. Damit wollte er sich nicht abgeben, also hat er das Ding als klassisches Anlagegeschäft aufgezogen.
Wenn sich die Anleger jetzt als Mäzene gerieren, dann ausschließlich deshalb, weil sie sich die Blamage ersparen wollen. Das ist nichts anderes als die Nummer, mit der die ganzen gewerblichen Kleinbetrüger ihre Kundschaft von den Klagen abhalten wollen: "Die Peinlichkeit eines Verfahrens liegt ganz bei Ihnen!" Denn Spruch können die so unbekümmert klopfen, weil sie wissen, daß sie damit durchkommen. Wenn der Kunde eines Heiratsinstituts beweist, daß er mit freien Mitarbeiterinnen über den Tisch gezogen wurde, dann bringt ihm die Peinlichkeit einen Teil seines Geldes zurück. Fitzeks Anleger wissen aber, daß sie nichts weiter als einen Satz heißer Ohren gewinnen können. Wozu sollten sie sich das jetzt antun.
Freilich könnte man die frechsten Zeugen, die jetzt immer noch so handeln würden wie damals, auf Peterles Anwalts- und Prozeßkosten aufmerksam machen. Haben die dann den Eindruck, sie hätten in ihrer unermeßlichen Geberlaune gerade eine Bürgschaft abgegeben, wird sich das dann schon richtigstellen.
Die Finanzgeschäfte sind medial begleitet worden, Fitzek hat dazu hinreichend und bereitwillig Interviews gegeben. Man kann sich also immer noch ein Bild davon machen, was damals gelaufen ist und was Fitzek bezweckt hat. Und das hat die Kammer genauso in ihre Betrachtung einzubeziehen, wie erinnerungsgetrübte bzw. unterdurchschnittlich wahrheitsliebende Zeugen.
Was bleibt dann noch?
Es bleibt die rudimentäre Buchführung. Es bleiben die Barabhebungen, die verschollen sind. Bleibt noch etwas?
Möglicherweise nicht. Aber darauf kommt es, wie die Vorsitzende gesagt haben soll, auch nicht entscheidend an. Die Zeugen dürften Peterle nichts nützen. Daß sie mangels Erfolgsaussichten und horrender Kosten nicht zivilrechtlich gegen Fitzek vorgehen, dürfte ihm nicht strafmindernd anzurechnen sein. Ist der § 266 StGB ein Antragsdelikt? Offenbar nicht, also braucht die StA auch keine Strafanzeigen.