Die Wahl gewonnen aber das Königreich verloren?
Das ist durchaus möglich, obwohl der Morgentau der Zukunft über eben dieser liegt. In jeden Fall hat sich ein Riss in Europa aufgetan und ein Riss geht durch die englische Gesellschaft, der sich nur langsam wieder schließen kann.
Das Armenhaus Europas? Das scheint schwer vorstellbar und liegt gewiss nicht so auf der Hand wie es manche fette und etwas zu weltweise Spatzen von den Dächern ihrer Paläste trällern. Viele Regionen Britanniens sind schon lange erstaunlich elende Armenhäuser. So wie Canary Wharf und the City durchaus auch an Singa-Puritanien erinnern.
Ein zähes und eigenbrötlerisches Volk, das in manchen Bereichen den auch zähen und eigenen Eidgenossen ähnelt, unter denen es trotz und wegen ihres Reichtums auch erstaunliche Mengen von Armen gibt. Ein Volk, das nun auch einen Sonderweg gewählt hat, was immer Chance und Risiko bedeutet.
Europa hat aber keinen Anlass sich den Kopf über die Zukunft der Briten zu zerbrechen. Man wird sehen, ob sie wirklich so dumm sind, mit ihren europäischen Partnern zu brechen. Da habe ich berechtigte Zweifel, solang es noch Menschen auf der Insel gibt, die rechnen können.
Europa aber sollte nun vielmehr zusehen wie es sich selbst weiter entwickeln und verbessern kann. Europa muss wenigstens ein paar Lektionen darüber lernen wie ein guter Hegemon handeln sollte. Und Europa muss lernen wie die in vielerlei Hinsicht doch bunt zusammen gewürfelte Truppe seine bereits vorhandene aber noch schwache Identität entwickelt und stärkt, ohne die nationalen Identitäten zu verletzen.
Das wird aber nicht einfach. Den Franzosen ihre gelegentlich verheerenden Hegemonialflausen austreiben und die Deutschen überhaupt erst wieder an den Gedanken gewöhnen, dass man solche Gedanken hegen kann. Aus den vielen kleinen und wichtigen Akteuren ein wahres Commonwealth schmieden, das sich dem Frieden und dem Common Wealth verpflichtet sieht und dann sogar gern die geistige Nachfolge des ehemaligen (und in seiner Form weiter existierenden) Commonwealth antreten kann.
Die wahrlich nicht nur finanziellen Defizite einiger östlicher und südlicher Länder bekämpfen und überwinden. Für die gar nicht so wenigen Armenhäuser Europas Perspektiven finden und umsetzen. Viel Holz, viele Chancen, manche Risiken. Europa wird noch lange ein Projekt mit einer ungewissen Zukunft bleiben, was aber den Charme der Möglichkeiten birgt. Irr- und Umwege nicht ausgeschlossen. Aber: So what?