Ich hoffe ja, dass Johnson und Farage sich solange über den Tisch zu ziehen versuchen bis beide wutschnaubend davon stürmen und sich dann bei den Wahlen gegenseitig kannibalisieren. Die Tories hatten mehr als genug Chancen und haben es grandios vermasselt.
Die Tories hatten im Grunde dasselbe Problem wie Labour - eine Führungsfigur mit zu wenig Teamkompatibilität. May wollte das Parlament gänzlich aus dem Geschäft halten, obwohl sie wissen mußte, daß sie am Ende die Ratifizierung ihres Vertrages brauchen würde.
Dann wirklich lieber Corbyn, am besten mit den LibDems und der SNP. Dann können die mal zeigen, ob sie etwas zustande bekommen.
Die hatten, zusammen mit den von Bobbele geschaßten Tories jetzt eine Mehrheit im Parlament und es nicht geschafft, das Bobbele abzusägen - und das nur, weil der Sturkopf Corbyn auf seine alten Tage unbedingt noch in No. 10 einziehen wollte. Als "Retourkutsche" haben ihm die LibDems die Gefolgschaft verweigert, als er mit einem Amendmend zur Queens Speach
den zukünftigen Verkauf die Privatisierung des NHS
an die Amis verhindern wollte. Daß es auch mit den Stimmen der LibDems nicht gereicht hätte, ist eine andere Sache.
Schließlich wollen die LibDems in der EU bleiben, aber die Labour-Partei, die wohl mehrheitlich aus Remainern besteht, ginge unter Corbyns Führung raus, ohne das vor ihrer Wählerschaft zugeben zu wollen. Man kann eben, wie ein Demonstrant treffend plakatierte, den Tory-Brexit nicht durch einen Labour-Brexit verhindern. Es ist also abzusehen, daß die LibDems den Labour-Leuten Stimmen abnehmen werden, ebenso wie Farage den Tories. Letztere werden zwar am Ende im Unterhaus koalieren, wer aber im Einzelfall in den Wahlbezirken von den Streitigkeiten profitiert und den Sitz ergattert, ist die Frage.
Die SNP will vor allem nur Eines: Aus dem UK raus und schnellstmöglich wieder in die EU rein. Die wird den Tories alle Wahlbezirke abnehmen, die nicht im Süden an der Grenze liegen.
Die Brexitbefürworter haben bisher nicht verdeutlichen können, wo die Vorteile eines Brexits letztendlich die Nachteile so deutlich überwiegen, so dass man diesen gewiss turbulenten Weg gehen sollte.
Doch, doch - das haben sie. Nur wird man davon in Sun, Blick und Bild nichts zu lesen bekommen: Weitgehende Absenkung von Sozial- und Umweltstandards, Steueroase, Privatisierung von Staatsvermögen, ... Reicht das fürs erste?
Hätte man sich auf so etwas wie Zweidrittelmehrheit bei der Abstimmung und eine Mindestwahlbeteiligung eingelassen, dann wäre das Drama wohl nicht entstanden.
Dazu hätte man darüber nachdenken müssen. Überhaupt, nicht nur vorher. Daran mangelt es bis heute. Deshalb ist es nicht sicher, daß ein zweites Referendum sinnvoller würde als das erste.