Wegen der Bayerischen Verfassung und wegen des Grundgesetzes hätte man sich den Ausgang fast denken können:
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mmer wieder warnen Vertreter der AfD vor einer "Islamisierung". Insofern überrascht es nicht, dass die AfD-Fraktion im Landtag in ihrem ersten Gesetzentwurf, der im Plenum behandelt wird, ein Minarettverbot für Bayern fordert. Die Fraktionsvorsitzende Katrin Ebner-Steiner argumentiert, dass Minarette nicht in das bayerische Landschafts- und Ortsbild passen. Außerdem seien Minarette nicht zur Ausübung der Religion notwendig. Die anderen Fraktionen im Landtag werden den Gesetzentwurf vermutlich ablehnen.
Landtag hat sich verändert
Dass Gesetzentwürfe der Opposition abgelehnt werden, das ist im Landtag an der Tagesordnung und damit nicht ungewöhnlich. Doch der Landtag hat sich seit dem Einzug der AfD verändert. Das konstatieren viele erfahrende Abgeordnete. Der Ton sei rauer geworden, es gäbe deutlich mehr Zwischenrufe.
Das stellt auch Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) fest. Im BR-Interview sagte sie: "In der Tat es ist lauter und turbulenter geworden. Nicht generell, aber bei manchen Debatten ist es einfach sehr laut und sehr turbulent, so dass man manchmal die Zwischenrufe akustisch nicht hören kann." Der Landtag habe aus diesem Grund die Geschäftsordnung geändert. Künftig kann der Sitzungsleiter Zwischenrufe noch einmal nachhören oder im Protokoll nachlesen, ähnlich dem Videobeweis bei Fußballspielen.
Rügen gegen AfD-Abgeordnete
Schon drei Rügen gegen AfD Abgeordnete wurden ausgesprochen in den vergangenen Wochen, das hatte es im Landtag jahrzehntelang nicht gegeben. Eine Rüge erhielt Ferdinand Mang für seine Rede zum Haushaltsgesetz. Er beklagte, dass die Landtagsmehrheit keine AfD-Vertreter in das Parlamentarische Kontrollgremium gewählt hat. Und sagte dann wörtlich:
"Wer der Opposition den gesetzlich vorgesehenen Zugang zu Institutionen verweigert und damit der parlamentarischen Kontrollrechte beraubt, setzt die Axt an den Grundfesten der Demokratie. Ich warne sie, das sind die Wegmarken des Faschismus." Ferdinand Mang, AfD-Landtagsfraktion
Landtagsvizepräsident Thomas Gehring von den Grünen forderte Mang auf, das zurückzunehmen und sprach dann eine Rüge aus. Es folgte Applaus und ein Zwischenruf aus der AfD-Fraktion: "Das war der Ritterschlag", rief der AfD-Mann Ralf Müller, der selbst schon eine Rüge kassiert hatte vor wenigen Wochen.
Das legt die Vermutung nahe, dass Abgeordnete bewusst Rügen provozieren. Die Fraktionsvorsitzende Katrin Ebner-Steiner weist das zurück. "Wir bemühen uns, hier in dem Alltag anzukommen und entsprechend werden wir uns hier bemühen, etwas defensiver aufzutreten."
AfD sieht sich "gut im Landtag angekommen"
Die Fraktionschefin gilt als Anhängerin des umstritten Thüringer AfD Vorsitzenden Björn Höcke. Sie versuche, interne Gegner und gemäßigte AfDler kalt zu stellen, heißt es aus der Fraktion. Ebner-Steiner sieht das anders. Sie sieht sich und ihre Fraktion im Landtag gut angekommen. Eine eingeschworene Truppe sei die Fraktion mittlerweile. Die anderen Fraktionen nehmen die AfD anders wahr: Die Freien Wähler nehmen die AfD als durchaus gespalten wahr und sprechen ansonsten von "parlamentarischen Peinlichkeiten". Aus der FDP, die im Plenarsaal direkt neben der AfD sitzt, heißt es, neben manchen AfD-Abgeordneten zu sitzen, sei körperlich unangenehm.
Grüne: AfD leistet keinen Beitrag zur Sacharbeit
SPD-Fraktionschef Horst Arnold spricht von einem "schaurigen, rückwärtsgewandten Batallion der Vereinfachung". Landtagsvizepräsident Thomas Gehring von Grünen beobachtet als Vertreter der größten Oppositionsfraktion die AfD genau. Und er hat nachgezählt. Während die SPD-Fraktion, die genauso groß ist wie die AfD, bereits über 50 Anträge in die Ausschussarbeit eingebracht habe, habe es von der AfD bisher nur einen Antrag gegeben: "Sie konzentrieren sich auf die Plenarsitzungen, das ist der Showdown, dort machen sie Show, dort wollen sie provozieren. Aber sie leisten bislang keinen Beitrag zur inhaltlichen, sachlichen Arbeit des Parlamentes."
Einen ähnlichen Eindruck hat auch Tobias Reiss. Er ist parlamentarischer Geschäftsführer der größten Regierungsfraktion im Landtag, der CSU. Sein Job ist es, sich mit den anderen Fraktionen abzustimmen, einen reibungslosen Ablauf zu organisieren. Er meint, auch im Umgang auf dieser Arbeitsebene sei zu spüren, dass es schwer ist, der AfD zu vertrauen.
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Die AfD rechtfertige den Antrag mit der aus ihrer Sicht drohenden Islamisierung Bayerns. Orientalische Minarette passten nicht in die bayerischen Ortsbilder, sagte Richard Graupner (AfD). Ein Minarett sei aber mehr als ein "nett anzusehender Gebetsturm", nämlich ein Symbol für den politischen und kulturellen Herrschaftsanspruch des Islams.
Der AfD-Antrag wolle nichts anderes, als eine Religionsgemeinschaft in Misskredit zu bringen, sagte Ursula Sowa (Grüne). Ein Minarettverbot solle die Gesellschaft spalten und nicht schützen. Auch Ulrike Scharf (CSU) betonte, dass ein Verbot der im Grundgesetz verankerten freien Religionsausübung widerspreche. In Bayern gebe es rund 500.000 bis 600.000 Muslime, knapp 300 Moscheen und nur sechs hätten ein Minarett, sagte Arif Tasdelen (SPD) aus Nürnberg. Von daher sei es schon quantitativ "völliger Schwachsinn" zu glauben, dass Minarette Kirchtürmen Konkurrenz machen könnten.