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Das geht aus mehreren Medienberichten hervor. Erst vor zwei Wochen war bekannt geworden, dass Trumps Justizministerium Journalisten ausgespäht hatte, ein aktueller Bericht der "New York Times" erhebt noch deutlich schwerere Vorwürfe: Demnach soll Trump selbst politische Gegner inklusive Kongressabgeordneten und sogar deren Familie ausspionieren haben lassen. Dafür wurde sogar Apple mit Durchsuchungsbeschlüssen zur Übergabe von Daten gezwungen.
Ausgelaufene Stillschweige-Verpflichtung
Bekannt wurde die Aktion, weil Apple die Betroffenen informiert hatte. Der digitale Durchsuchungsbeschluss war dem Bericht zufolge mit einem Stillschweige-Befehl verbunden, der in diesem Frühjahr auslief. Demnach hatte das Justizministerium 2017 und 2018 den iPhone-Konzern und einen US-Internetprovider gezwungen, Daten zu zwei demokratischen Mitgliedern des Geheimdienstausschusses, ihren Mitarbeitern und sogar Familienmitgliedern herauszugeben. Eine Person soll zu dem Zeitpunkt noch minderjährig gewesen sein.
Apple äußerte sich nach Angaben der "New York Times" nicht auf eine Anfrage zu dem Fall. Der Konzern habe den Betroffenen aber bestätigt, dass man der Aufforderung nachgekommen und Metadaten und Account-Informationen übergeben habe, sagte eine mit der Ermittlung vertraute Person der Zeitung. Persönliche Daten wie Fotos oder Emails seien aber nicht übergeben worden. Als Metadaten bezeichnet man Daten wie den Zeitpunkt einer Kommunikation und die beteiligten Personen, der Inhalt selbst ist nicht enthalten. Allerdings sind auch Metadaten sehr aussagekräftig. Die Expertin Katarina Nocun erklärte dem stern gegenüber etwa, dass sich darüber sogar Affären und andere Beziehungen zwischen Personen sehr klar erkennen lassen.
Trump und die Russland-Leaks
Ziel der Datenabfragen soll gewesen sein, herauszufinden, wer der Presse geheime Details zu Trumps Russland-Beziehungen zugespielt hatte. Immer wieder waren Details zu persönlichen Gesprächen Trumps, zu den Ermittlungen im Geheimdienstausschuss wegen möglichen Wahlbetrugs 2016 oder zu den Verbindungen seines ehemaligen Sicherheitsberater Michael Flynn nach Russland bekannt geworden. Trump und sein Justizminister Jeff Sessions sowie dessen Nachfolger William Barr hatten unter anderem den ehemaligen FBI-Chef James Comey sowie den demokratischen Abgeordneten Adam Schiff als mögliche Leaker im Verdacht, gegen beide liefen demnach gleich mehrere interne Verfahren.
Schiff, der seit der Wahl im Herbst Vorsitzender des Geheimdienstausschusses ist, zeigte sich geschockt. Vor allem bei der Überwachung aktiver Kongress-Mitglieder habe der ehemalige Präsident eine klare Linie überschritten. Trump habe das Justizministerium als "Knüppel gegen seine politischen Gegner und Mitglieder der Medien" genutzt, sagte Schiff der "NYT". "Dabei ging es nicht darum, das Recht durchzusetzen. Es war als Bestrafung gedacht", gab sich demokratische Abgeordnete Eric Swalwell gegenüber "CNN" sicher. Auch seine Daten waren abgefragt worden. "Donald Trump hat den Vorsitzenden Schiff und das Komitee als seine Feinde betrachtet."
Swalwell bestätigte zudem, dass auch seine Familie Ziel des Durchsuchungsbeschlusses war. Dabei sei es vermutlich darum gegangen, herauszufinden, ob die Eltern die Geräte ihrer Kinder genutzt hatten, um heimlich mit Reportern in Kontakt zu treten. In keinem der Fälle konnte allerdings irgendein Beweis für Leaks durch die Beschuldigten gefunden werden.
Trump wollte mehr
Dem damaligen Präsidenten reichte das offenbar nicht aus. Trump soll seinen Justizminister Barr gedrängt haben, den ehemaligen FBI-Chef Comey anzuklagen. Barr verteidigte den Berichten nach aber die Einschätzung seiner Untergebenen, dass die Beweise eine solche Anklage nicht hergaben. Trotzdem sollen mehrere Ermittlungen gegen den ehemaligen Geheimdienstchef noch im Jahr 2019 weiter gelaufen sein.
Ermittlungen zu einer möglichen Herausgabe von geheimen Materialien sind per se nicht ungewöhnlich, in den US-Medien wird die Ausweitung auf politische Gegner aber als bisher nicht gekannte Eskalation gesehen. Entsprechend fällt auch die politische Reaktion aus. Die Biden-Administration distanzierte sich bereits ausdrücklich von dieser Art der Ermittlungen, der Abgeordnete Schiff und die demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, forderten eine unabhängige Untersuchung der Vorgänge.
"Selbst wenn es Beweise gegeben hätte, wäre die Inklusion von Familienmitgliedern extrem aggressiv", erklärte auch ein ehemaliger Mitarbeiter des Justizministeriums der "NYT". Er hatte selbst an den Ermittlungen mitgearbeitet. "In Kombination mit dem klaren Rachefeldzug des ehemaligen Präsidenten Trump gegen den Abgeordneten Schiff, stellt sich schnell die Frage, ob es bei den Ermittlungen wirklich um rechtliche und nicht um politische Ziele ging."