Autor Thema: Der Mord an Walter Lübcke  (Gelesen 41137 mal)

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Offline Brüllaffe

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Re: Der Mord an Walter Lübcke
« Antwort #345 am: 5. August 2020, 13:05:30 »

Ich habe ein bisschen das Gefühl er hat den Fischer-Kommentar gelesen, ihn aber nicht wirklich verstanden, aber nachplappern kann man ja trotzdem.  ::)

Fischer hat doch zur StPO garnichts kommentiert. Er ist da mehr für die Substanz. Du meinst da sicherlich den Meyer-Gossner/ Schmitt
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Offline echt?

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Re: Der Mord an Walter Lübcke
« Antwort #346 am: 5. August 2020, 14:09:33 »
Gemeint ist wohl der Spiegelbeitrag.
Ich bremse nicht für Nazis!
 

Offline hair mess

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Re: Der Mord an Walter Lübcke
« Antwort #347 am: 5. August 2020, 16:47:04 »
Jetzt mal ernsthaft :

So schaut mir ein aufrechter Deutscher aus.
Zu dem stehen, was man angestellt hat.

Ein anständiger Deutscher hätte das allerdings gleich nicht getan und einfach mal das Gespräch gesucht.

Aber, wo das Hirn aus ist, ist die Sprache am Ende.
Fällt Dir nur Unsinn ein und immer,
erzähle nichts, sonst wird es schlimmer.
 

Offline Brüllaffe

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Re: Der Mord an Walter Lübcke
« Antwort #348 am: 5. August 2020, 21:26:53 »
Gemeint ist wohl der Spiegelbeitrag.

Ups da bin ich wohl in eine typische Juristendenkfalle gestolpert.  :notworthy:
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Offline Pirx

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Re: Der Mord an Walter Lübcke
« Antwort #349 am: 6. August 2020, 01:23:03 »
...
Außerdem kam wohl heraus, dass Ernst und sein Mitkumpane wohl auf der Heimfahrt von der AFD-Demo in Chemnitz den Entschluss gefasst haben, Lübcke zu ermorden.
...
Tja, laut AfD und Pegida etc. sind ja die Einreisenden aus islamischen Ländern allesamt potentielle Mörder. "Grenzen dicht!" ist ja deshalb die Forderung.
Und als nun ein aus einem rassistisch geprägtem Land nach Hessen Einreisender zum Mörder geworden war - gab's da auch einen Trauermarsch von AfD und Co? Oder gar die Forderung "Grenzen dicht!"?
 

Offline Gutemine

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Re: Der Mord an Walter Lübcke
« Antwort #350 am: 6. August 2020, 09:45:02 »
Hannig erinnert sich plötzlich an seine "Verschwiegenheitspflicht".

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Offline Fragender

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Re: Der Mord an Walter Lübcke
« Antwort #351 am: 6. August 2020, 10:42:56 »
https://www.tagesschau.de/inland/luebcke-prozess-117.html

Zitat
Fast war die Verhandlung schon zu Ende, da hatte der Vorsitzende Richter noch eine Frage. Sie betraf E.'s früheren Verteidiger Frank Hannig, der jüngst vom Gericht wegen eines gestörten Vertrauensverhältnisses zum Mandanten entpflichtet worden war. "Was Sie hier heute erzählt haben, Herr E., haben Sie das auch Rechtsanwalt Hannig erzählt? E. bejaht. Und ergänzt auf Nachfrage: Es sei die Idee des Anwalts gewesen, in Version zwei des Geständnisses Markus H. als Schützen zu nennen. "Das ist interessant", sagt der Vorsitzende. "Sie haben das notiert?", fragt er den Vertreter der Bundesanwaltschaft. Der nickt.

Hannig könnte dann demnächst selbst einen Anwalt gebrauchen. Ich könnte mir vorstellen, dass er sich mit RA Waldschmidt gut versteht?  :happy1:
« Letzte Änderung: 6. August 2020, 10:46:07 von Fragender »
 
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Offline Gutemine

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Re: Der Mord an Walter Lübcke
« Antwort #352 am: 6. August 2020, 10:47:02 »
Wobei Hannig das in seinen Videos ja von Anfang an (zumindest deutlich durch die Blume) ja so erzählt/gesagt hat. Er hat sich mit Ernst zusammen eine "Strategie" überlegt bei dem die "Kameratten" auch durchaus "hingehängt" werden sollen. Das war ja auch Sinn und Zweck der Beweisanträge mit denen die Situation so eskaliert ist.
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Re: Der Mord an Walter Lübcke
« Antwort #353 am: 6. August 2020, 19:30:33 »
Off-Topic:
Hannig erinnert sich plötzlich an seine "Verschwiegenheitspflicht".

Spoiler
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Wieso erinnert mich der Typ in Handfesseln eigentlich immer an Til Schweiger?
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Re: Der Mord an Walter Lübcke
« Antwort #354 am: 7. August 2020, 18:20:22 »
Zitat
Auf Nachfrage der Richter hat der mutmaßliche Lübcke-Mörder Stephan Ernst seine Version der Tatnacht erneut verändert. Nun bekannte er: Der Schuss sei geplant gewesen - und die Tat lange vorbereitet.

Prozess im Fall Lübcke
Schuss im Schutz der Kirmes
Spoiler
Alle hätten Anspruch darauf zu erfahren, was in der Nacht passiert sei, in der Walter Lübcke auf seiner Terrasse im hessischen Wolfhagen-Istha erschossen wurde. Das hat sein mutmaßlicher Mörder, Stephan Ernst, im Rahmen seines dritten Geständnisses über seinen Verteidiger angekündigt. Und alle hätten Anspruch darauf zu erfahren, wie es dazu gekommen sei. Dazu werde er auch Fragen beantworten.

Die entscheidendste stellt der Vorsitzende Richter Thomas Sagebiel an diesem neunten Verhandlungstag um 11.11 Uhr selbst: Ausführlich hat Stephan Ernst geschildert, wie er gemeinsam mit dem Mitangeklagten Markus H. an jenem 1. Juni 2019 abends an einer Waschanlage falsche Kennzeichen an sein Auto geschraubt habe - um Spuren und mögliche Hinweise zu vertuschen. Man habe den Kasseler Regierungspräsidenten erschrecken, ihn mit der Waffe in der Hand einschüchtern wollen. Dann seien sie zum Anwesen der Familie Lübcke gefahren.

Stephan Ernst steht direkt vor dem Richtertisch, neben ihm sein Verteidiger Mustafa Kaplan. Ernst soll an einer Skizze erklären, wie er sich mit Markus H. an die Terrasse, auf der Walter Lübcke saß, heranpirschte.

Richter Sagebiel lehnt sich nach vorn, fixiert Stephan Ernst und fragt, warum er und H. die Kennzeichen getauscht, sich aber beim Angriff auf Walter Lübcke nicht maskiert hätten. "Sie nahmen hier in Kauf, unmaskiert auf Herrn Lübcke zuzugehen. War das nicht ein Risiko?" Sie hätten das nicht als Risiko gesehen, antwortet Ernst arglos. "Man könnte auf den Gedanken kommen, dass Sie deshalb kein Risiko sahen, weil Herr Lübcke auf jeden Fall sterben sollte. Ist das so zwischen Ihnen besprochen worden?"

Ernst verharrt. Er blickt zu Kaplan. Wieder kann man diesem groß gewachsenen Mann fast dabei zusehen, wie er zu straucheln beginnt. Sagebiel hat diesen Angeklagten bereits am ersten Tag verunsichert, als er ihm riet, er möge auf ihn, den Richter, hören, nicht auf die Verteidiger. Sagebiel, sich seiner Wirkung also bewusst, sagt beherzt in väterlichem Ton: "Am sinnvollsten wäre es, wenn Sie uns sagen, was Sie denken, nicht, was Herr Kaplan denkt." Stille. "Brauchen Sie eine kurze Pause?"

Ernst und Kaplan gehen zur Anklagebank zurück, beraten sich kurz. Ernst schaltet kurz darauf sein Mikrofon an: "Es ist so, wie Sie sagen."

Das ist die komplette Kehrtwende von dem, was er in seiner schriftlichen Erklärung am Mittwoch und in den vergangenen zwei Stunden immer wieder behauptet hat: dass Markus H. ihm eingebläut habe, nur dann zu schießen, wenn Walter Lübcke ihnen "blöd käme".

Anspannung im Saal 165. "Ist das expressis verbis thematisiert worden?", hakt Sagebiel nach. "Ja, das ist so thematisiert worden." Und zwar, das räumt Ernst auch ein, bereits bei einem Treffen im April. Richter Lars Rhode schaltet sich ein: Das bedeute, dass es gar keine Aufforderung H.s gegeben habe zu schießen, wenn Walter Lübcke ihnen "blöd käme". Vielmehr sei verabredet gewesen: "Du schießt auf jeden Fall!" - "Ja", bestätigt Ernst, den Kopf gesenkt, die Hände ineinander gefaltet.

Gezielt das Kirmes-Wochenende ausgewählt
Noch einmal beschreibt Ernst, wie er auf Walter Lübcke zugegangen sei, ihn angesprochen und mit seinem Rossi-Revolver Kaliber .38 auf ihn geschossen habe. Bewusst hätten sie sich für das Kirmes-Wochenende in Istha entschieden, das Volksfest sollte die nötige Geräuschkulisse bieten, um "den ziemlich lauten" Schuss zu übertönen.

Angeschafft haben will Ernst den Revolver und andere Waffen anfangs, um sich zu bewaffnen und für einen anstehenden Bürgerkrieg zu rüsten; später sei es darum gegangen, Waffen zu horten, sie umzubauen und leistungsfähiger zu machen.

Der Rossi-Revolver habe ihm gefallen, weil man ihn als Kurzwaffe leichter mitführen könne, sagt Ernst. Wie nach der Tat: Da packte er den Revolver in seine Hosentasche und dort blieb er, bis er sich zu Hause auszog, wie er sagt. Ob er vor dem Schuss auf Walter Lübcke schon einmal damit geschossen habe, will Richterin Miriam Adlhoch wissen. Ernst bejaht. Worauf? "Auf eine Zielscheibe von Merkel", sagt Ernst. Er blickt ungerührt in die Runde.

Markus H. macht sich eifrig Notizen. Er ist wegen Beihilfe zum Mord an Walter Lübcke angeklagt und soll damals die Zielscheibe mit dem Konterfei Angela Merkels zu Schießübungen mitgebracht haben. Damals soll H. angekündigt haben, auch eine Zielscheibe mit einem Porträt Lübckes anzufertigen. Der CDU-Politiker sei "der Nächste"; einer, an den man eher rankomme als an die Bundeskanzlerin.

So erzählt es Stephan Ernst im Gericht. Wenn all das stimmt, dann war der Tod Walter Lübckes kaltblütig geplant und mit Vorlauf ausgetüftelt. Er habe mit Markus H. über den Messenger-Dienst Threema kommuniziert, weil H. diesen als "sehr sicher" empfohlen habe, sagt Ernst. Via Chat hätten sie sich über politische Themen ausgetauscht - auch über Walter Lübcke.

Am Montag soll Stephan Ernst weiter vor Gericht befragt werden. Aber nicht von allen. Sein Verteidiger Mustafa Kaplan hat erklärt: Sein Mandant werde Fragen des Gerichts, der Bundesanwaltschaft, des psychiatrischen Sachverständigen und der Familie Lübcke beantworten. Fragen des Nebenklägers Ahmad E., dem er im Januar 2016 ein Messer in den Rücken gerammt haben soll, nicht.

Das macht aus seiner Sicht Sinn: In Ernsts Haus wurde ein Messer gefunden - mit DNA, die Übereinstimmung mit der DNA von Ahmad E. aufweist. Der aus dem Irak Geflüchtete leidet noch heute unter den Folgen des Angriffs. In seiner Erklärung stritt Ernst die Tat ab, das Messer erwähnte er mit keinem Wort. Würde Ernst Fragen des Nebenklägers zulassen, würde nur Ernsts "Verlogenheit" zum Vorschein kommen, meint E.s Anwalt, Alexander Hoffmann. "Da gibt es schon sehr viele Widersprüche."

Noch mehr Sinn macht es, Fragen der Verteidigung des Mitangeklagten Markus H. nicht zu beantworten. Bislang gibt es keine Beweise dafür, dass H. am Tatort war, keine DNA-Spur, keine Fingerabdrücke, keine Zeugenaussagen. Doch Stephan Ernst bezeichnet ihn als Lenker und Denker beim ersten rechtsterroristisch motivierten Mord an einem Politiker in der Bundesrepublik. Markus H. sei der Agitator, der Scharfmacher, der Demagoge gewesen, der ihn, Ernst, radikalisiert und aufgehetzt habe.

Markus H. hat im Ermittlungsverfahren keine Angaben gemacht, auch im Prozess schweigt er bislang. Seine Mimik konnte man im Gerichtssaal bislang als recht selbstzufrieden interpretieren. Auch Ernsts Geständnis, der Mord sei geplant gewesen, schien H. nicht zu erschüttern. Seine Verteidiger dürften dennoch versuchen, die Anschuldigungen als konstruiert und erfunden zu entlarven.
[close]
https://www.spiegel.de/panorama/justiz/mord-an-walter-luebcke-so-beschreibt-der-angeklagte-stephan-ernst-die-tatplaene-a-c3b80bf5-93dd-4537-b59b-38c3acce42c4
Merke: Es genügt natürlich nicht, dämlich zu sein. Es soll schon auch jeder davon wissen!

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Offline Gutemine

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Re: Der Mord an Walter Lübcke
« Antwort #355 am: 8. August 2020, 07:15:46 »
Der Blog ist wirklich nicht schlecht, ziemlich ausführliche Berichte zum Prozess gegen Ernst und Co.

Mich wundert, dass das Gericht (bzw. die Staatsanwaltschaft) überhaupt davon ausgeht, dass hier ausschließlich 2 Menschen an der Tat beteiligt waren bzw. davon gewusst haben. Ich würde ja mal vermuten, dass man einfach einem "Rechtsterrorprozess" aus dem Weg gehen bzw. diesen möglichst weiträumig umschiffen will.

Für alles andere müsste man ja sonst ziemlich "tief graben", so auch, wie genau die Verbindungen zur AfD waren für die Ernst ja immerhin den Wahlhelfer gegeben hat (und die ja nicht nur sein Video von der Veranstaltung, sondern auch etliche Hetzmemes gegen Lübcke entworfen und/oder verteilt hat) oder ob es am Ende noch tiefere Strukturen bis zum NSU gibt.

Darüber ob und welche Kontakte die Täter eventuell zu unserer Klientel, die ihn ja auch geradezu als Helden gefeiert hat, hatte, will ich auch nicht näher nachdenken. Die Kommentare die da zu lesen waren reichen schon völlig.

Spoiler
r. 07.08.20, 16:14 Uhr
Top-Thema
Tag 9: Knapp vorbei an der terroristischen Vereinigung

Eine wesentliche Aufgabe des Strafverteidigers besteht darin, seinen Mandanten davor zu schützen, sich um Kopf und Kragen zu reden. Mustafa Kaplan kann davon inzwischen ein Lied singen. Wäre sein Mandant ein Schwimmer, dann könnte man an diesem Freitag davon sprechen, dass Kaplan ihm im letzten Moment den Rettungsring zugeworfen hat. Denn um ein Haar hätte der Hauptanklagte im Lübcke-Prozess, Stephan Ernst, sich selbst der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung bezichtigt.

Was wusste Alexander S. ?

Der Rettungsring ist in diesem Fall die Unterbrechung zum Zwecke der Rücksprache mit seinem Mandanten. Zuvor hatte Ernst bereits gut zwei Stunden lang Fragen zu seiner Biografie, seiner Beziehung zum Mitangeklagten Markus H. und den Absprachen vor dem Anschlag auf Walter Lübcke beantwortet. Nun geht es um die gemeinsame Kommunikation über den Messengerdienst Threema.

Dass die beiden Angeklagten den als besonders sicher geltenden Dienst nutzten, war schon länger bekannt. Ebenso, dass beide noch einen dritten Chatpartner hatten: Alexander S., langjähriger Aktivist der NPD und der rechtsextremen Freien Kräfte Schwalm-Eder. S. soll nach Recherchen des hr auch mit Markus H. an scharfen Waffen trainiert haben. Nun möchte der beisitzende Richter Christoph Koller wissen, was der Inhalt der Threema-Chats zwischen Stephan Ernst und S. gewesen sei.

Es sei auch um politische Themen gegangen, gibt Ernst zunächst zu Protokoll. "Haben Sie mit Herr S. auch über den Herrn Lübcke gechattet?", hakt Adlhoch nach. "Ja", antwortet Ernst und lässt damit den ganzen Sitzungssaal am Frankfurter Oberlandesgericht aufhorchen. Als die Richterin wissen will, ob auch die Vorbereitungen zum mutmaßlichen Mord an Lübcke Gesprächsthema zwischen Ernst und S. waren, ruft Ernst nach dem Rettungsring. "Ich würde mich da gerne mit meinem Anwalt besprechen."
Kehrtwenden nach Rücksprache

Die Verteidigung hatte am 8. Prozesstag entschieden, Ernst selbst Fragen des Gerichts und der Familie Lübcke beantworten zu lassen. Diese Entscheidung entpuppt sich bereits jetzt als Vabanque-Spiel. Denn das Aussageverhalten des Angeklagten bestärkt nicht gerade die Glaubwürdigkeit seiner Aussagen. Bereits am letzten Prozesstag hatte er sich bei der Frage, ob der tödliche Schuss auf Lübcke mit seinem mutmaßlichen Mittäter Markus H. abgesprochen war, in Widersprüche verwickelt.

Im von seinem Anwalt verlesenen Geständnis hatte er dies bejaht, auf Nachfrage des Gerichts dann erst bestritten und schließlich - nach Rücksprache mit seinem Anwalt - erklärt, dass vereinbart gewesen sei, "auf jeden Fall auf Herrn Lübcke zu schießen". Und auch an diesem neunten Prozesstag folgt auf die Rücksprache mit seinem Anwalt eine Kehrtwende. Plötzlich sollen die Chats mit S. gänzlich unpolitisch gewesen sein. Es sei "um technische Sachen" gegangen, bei denen er S. geholfen habe, so Ernst. Lübcke sei nie Thema gewesen.

Es ist ein heikler Moment. Hätte Ernst zugegeben, dass es einen dritten Mitwisser gibt, hätte der 5. Strafsenat sich mit der Frage befassen müssen, ob Ernst, H. und S. eine terroristische Vereinigung nach §129a Strafgesetzbuch gebildet haben. Diese Selbstbelastung haben Ernst und Kaplan im letzten Moment umschifft.
Lügen und lügen lassen

Was nicht heißt, dass der Verdacht nicht weiterhin im Raum stünde. Denn zwar haben Ernst und H. ihre Threema-Chats miteinander und mit S. restlos gelöscht, doch nach Informationen des NDR soll S. in seiner Vernehmung zu Protokoll gegeben haben, am Vormittag des Tattags mit H. noch einen Flohmarkt besucht zu haben. Nur wenige Stunden vor Lübckes Tod hatten beide noch telefoniert.

Und auch bei anderen Personen aus Ernsts Umfeld stellt sich die Frage, wie viel sie gewusst haben. Seinen Arbeitskollegen L., dem er zuvor bereits Waffen verkauft hatte, überredete er am Tag nach der Tat, Schmiere zu stehen, während er seine illegale Waffensammlung auf dem Gelände des gemeinsamen Arbeitsgebers vergrub - darunter die Tatwaffe, eine Rossi-Revolver Kaliber 38. Die Nachricht von Lübckes Tod war da längst durch die Medien gegangen. "Er kannte meine Vorgeschichte", sagt Ernst. "Ich habe ihm gesagt, dass ich mir Sorgen mache, dass es zu einer Hausdurchsuchung kommen könnte." Mehr will er L. nicht verraten haben.

Auch sein Kollege und Freund A. sei nicht im Bilde gewesen, betont Ernst. Ihn hatte der Hauptangeklagte gebeten, ihm ein Alibi für die Tatnacht zu verschaffen. "Ich habe gesagt, ich habe mich mit jemandem eingelassen und Blödsinn gemacht." A. sollte gegenüber der Polizei behaupten, den Abend mit Ernst an der Orangerie in Kassel verbracht zu haben. A. stimmte zu.
Noch lange nicht die volle Wahrheit

Stephan Ernst, so viel wird aus diesen Aussagen deutlich, scheute nicht davor zurück, andere Menschen anzulügen, um sich selbst aus dem Fokus der Ermittler zu nehmen. Doch seiner Glaubwürdigkeit noch abträglicher sind zahlreiche kleine Widersprüche in seiner Erzählung - vor allem wenn es um die Rolle von Markus H. geht.

Alles in allem verfestigt sich der Eindruck, dass auch nach seinem dritten Geständnis noch lange nicht die volle Wahrheit auf dem Tisch liegt. Und dass das Gericht sie von ihm jemals zu hören bekommt, darf inzwischen ebenfalls bezweifelt werden.

Hinweis: In einer ersten Version dies Blogeintrags hatten wir geschrieben, dass Ernst seine Aussage auf Nachfrage des Gerichts noch dahingehend verschärft hätte, dass er und H. bereits bei einem Gespräch im April 2019 übereingekommen wären, auf Lübcke zu schießen. Tatsächlich hatte er bereits in seiner Einlassung am 8. Prozesstag zu Protokoll gegeben, dass der Einsatz der Waffe ab April 2019 in Betracht gezogen worden sei.
[close]
https://www.hessenschau.de/panorama/luebcke-prozess-knapp-vorbei-an-der-terroristischen-vereinigung,prozess-blog-mordfall-luebcke-104.html
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Re: Der Mord an Walter Lübcke
« Antwort #356 am: 8. August 2020, 07:36:18 »
Mich wundert, dass das Gericht (bzw. die Staatsanwaltschaft) überhaupt davon ausgeht, dass hier ausschließlich 2 Menschen an der Tat beteiligt waren bzw. davon gewusst haben.

Bin ja kein Jurist, aber ich kann mir vorstellen, es hängt damit zusammen, daß eben diese beiden angeklagt sind und kein weiterer ermittelt werden konnte.


Für alles andere müsste man ja sonst ziemlich "tief graben", so auch, wie genau die Verbindungen zur AfD waren für die Ernst ja immerhin den Wahlhelfer gegeben hat

Vielleicht kommt da noch was.
Ansonsten sind weitere Verbindungen wohl eher etwas für einen Untersuchungsausschuß, die Kompetenzen des Gerichts sind da ziemlich eng bemessen.
Merke: Es genügt natürlich nicht, dämlich zu sein. Es soll schon auch jeder davon wissen!

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Re: Der Mord an Walter Lübcke
« Antwort #357 am: 10. August 2020, 18:59:55 »
Da wird die AfD doch bestimmt klagen bis zum jüngsten Tag, von wegen "Verleumdung" und so....

Zitat
Gemeinsam mit dem Mitangeklagten Markus H. habe er an dem »Schweigemarsch« teilgenommen, sagte E. am Montag vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main. Sechs Tage zuvor hatten zwei Asylbewerber einen Deutschen erstochen, wie das Landgericht Chemnitz später feststellte. Nach der Demo hätten sie beschlossen, Lübcke bei der nächsten Kirmes in dessen Wohnort Wolfhagen-Istha »anzugreifen«.

STAMMTISCH Sie beide seien nicht Mitglied einer Partei gewesen, aber öfter bei AfD-Stammtischen dabei, führte E. aus. Bei der Bundestagswahl 2017 habe er Wahlplakate dieser Partei aufgehängt. Er sei mit H. in den vergangenen Jahren mehrfach auf Kundgebungen der AfD und auf Demonstrationen gegen Gegendemonstranten gewesen.

Aber auch der Weg zu unserer Kundschaft ist -dürfte niemanden wirklich wundern- nicht weit.

Zitat
REICHSBÜRGER Markus H. hat in dem Verfahren bisher geschwiegen. E. beschrieb ihn am Montag als Nazifreund. H.s politische Einstellung gehe »in Richtung Reichsbürger«: Die Bundesrepublik sei kein souveräner Staat, die Bundesregierung keine legale Regierung. In H.s Wohnung hätten Figuren mit dem Hitlergruß im Bücherregal gestanden, auf dem Tisch eine originale Dose des Vernichtungsgases Zyklon B als Stiftehalter.

Die Beteiligung von H. an dem Mord Lübckes habe er in seinem ersten Geständnis auf Anraten seines ersten Rechtsanwalts Dirk Waldschmidt verschwiegen, erläuterte E. Auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters Thomas Sagebiel, warum er den Namen H. trotzdem erwähnt habe, erwiderte E., »wegen der Waffen«, die zum Teil von H. stammten.

Spoiler
Lübcke-Prozess
Angeklagter bezeichnet AfD-Demo als Auslöser

Nach und nach äußert Stephan E. in der Befragung Puzzlestücke zu der Mordtat

 10.08.2020 17:24 Uhr
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Im Prozess um den Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke hat der Hauptangeklagte Stephan E. die Teilnahme an einer AfD-Demonstration in Chemnitz am 1. September 2018 als Auslöser für die konkrete Planung der Tat beschrieben.

Gemeinsam mit dem Mitangeklagten Markus H. habe er an dem »Schweigemarsch« teilgenommen, sagte E. am Montag vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main. Sechs Tage zuvor hatten zwei Asylbewerber einen Deutschen erstochen, wie das Landgericht Chemnitz später feststellte. Nach der Demo hätten sie beschlossen, Lübcke bei der nächsten Kirmes in dessen Wohnort Wolfhagen-Istha »anzugreifen«.

STAMMTISCH Sie beide seien nicht Mitglied einer Partei gewesen, aber öfter bei AfD-Stammtischen dabei, führte E. aus. Bei der Bundestagswahl 2017 habe er Wahlplakate dieser Partei aufgehängt. Er sei mit H. in den vergangenen Jahren mehrfach auf Kundgebungen der AfD und auf Demonstrationen gegen Gegendemonstranten gewesen.

    Manchmal revidiert er Aussagen, nicht immer sind sie plausibel. Seinen Mitangeklagten Markus H. schildert er als Ideologen und geistigen Kopf.

Die islamistischen Terroranschläge 2015 und 2016 in mehreren europäischen Staaten, die Übergriffe in der Silvesternacht 2015 durch Migranten und Hinrichtungsvideos des »Islamischen Staats« hätten sie zu der Überzeugung gebracht, die für die Flüchtlingsaufnahme verantwortlichen Politiker gehörten »erschossen, aufgehängt«. Nach Chemnitz hätten sie gedacht: »Es reicht.«

Die konkrete Planung habe an einem Apriltag 2019 auf einem Parkplatz stattgefunden, schilderte E. Nach einem Treffen im Schützenverein hätten er und H. eine Stunde lang besprochen, wie sie am 1. Juni 2019 während der Kirmes nach Wolfhagen fahren und dort Lübcke aufsuchen wollten. Die beste Gelegenheit ergäbe sich auf dessen Terrasse. Gegenüber seinen früheren Aussagen präzisierte E.: Sie hätten vereinbart, dass H. erst Lübcke schlagen und treten solle, dann er, E., schießen. Dass die Tat anders verlief, erklärte E. damit, dass H. wahrscheinlich Hemmungen gehabt habe, Lübcke zu schlagen.

REICHSBÜRGER Markus H. hat in dem Verfahren bisher geschwiegen. E. beschrieb ihn am Montag als Nazifreund. H.s politische Einstellung gehe »in Richtung Reichsbürger«: Die Bundesrepublik sei kein souveräner Staat, die Bundesregierung keine legale Regierung. In H.s Wohnung hätten Figuren mit dem Hitlergruß im Bücherregal gestanden, auf dem Tisch eine originale Dose des Vernichtungsgases Zyklon B als Stiftehalter.

Die Beteiligung von H. an dem Mord Lübckes habe er in seinem ersten Geständnis auf Anraten seines ersten Rechtsanwalts Dirk Waldschmidt verschwiegen, erläuterte E. Auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters Thomas Sagebiel, warum er den Namen H. trotzdem erwähnt habe, erwiderte E., »wegen der Waffen«, die zum Teil von H. stammten.

Da er, E., einen Arbeitskollegen gebeten hatte, ihn beim Verstecken der Waffen zu helfen, habe er Sorge gehabt, »dass was mit ihnen passiert«. Später habe sein zweiter Anwalt, Frank Hannig, ihm vorgeschlagen, in einem zweiten Geständnis H. als Täter zu belasten.

    Markus H. wird Beihilfe zu Last gelegt. Lübcke war wegen seines Einsatzes für die Aufnahme von Flüchtlingen öffentlich angefeindet worden.

Die beiden Männer stehen seit Mitte Juni vor Gericht. Stephan E. wird vorgeworfen, aus einer rechtsradikalen Gesinnung heraus in der Nacht vom 1. auf den 2. Juni vergangenen Jahres Lübcke auf der Terrasse von dessen Wohnhaus in Wolfhagen-Istha erschossen zu haben.

FLÜCHTLINGE Markus H. wird Beihilfe zu Last gelegt. Lübcke war wegen seines Einsatzes für die Aufnahme von Flüchtlingen öffentlich angefeindet worden. E. hat die Tat in dem Prozess gestanden, zugleich dabei H. als treibende Kraft hinter dem Verbrechen belastet.

Der Neurologe und forensische Psychiater Norbert Leygraf erklärte am Montag als Gutachter, dass er keine psychische Erkrankung oder Störung bei E. festgestellt habe. Es gebe keinen Hinweis auf eine Beeinträchtigung von E.s Aussagetüchtigkeit. epd
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https://www.juedische-allgemeine.de/politik/angeklagter-bezeichnet-afd-demo-2018-als-ausloeser/
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Re: Der Mord an Walter Lübcke
« Antwort #358 am: 11. August 2020, 01:41:28 »
Wohl eine der (letzten?) Hoffnungen der Verteidigung: Ernst könnte nicht "aussagefähig" sein. Der Gutachter sieht das wohl völlig anders.

Spoiler
Tag 10: Ein Spiel mit der Psyche

Nach nicht einmal der Hälfte der angesetzten Prozesstage ist das erste Urteil über den Hauptangeklagten bereits gefällt. Kein strafrechtliches wohlgemerkt, aber doch eines, das für den weiteren Fortgang des Prozess um den Mord an Walter Lübcke von Bedeutung ist. Er habe bei seiner immerhin neunstündigen Exploration des Hauptangeklagten Stephan Ernst keine psychiatrische Erkrankung oder psychische Störung feststellen können, erklärt Norbert Leygraf. Der Münsteraner ist Neurologe und Psychologe, er fungiert im Lübcke-Prozess als Gutachter.

Sein Auftritt an diesem zehnten Verhandlungstag kommt etwas verfrüht. Eigentlich sollte der Professor erst zum Ende des Prozesses hin eine Einschätzung zur psychischen Disposition Ernsts geben. An diesem Montag jedoch präsentiert er auf Antrag der Verteidigung des Mitangeklagten Markus H. ein Kurzgutachten zur Aussagetüchtigkeit des 47-Jährigen. Genauer gesagt zu der Frage, ob diese in einem gesonderten Gutachten bewertet werden müsse.

Die Antwort ist eindeutig. "Unter psychiatrischen Gesichtspunkten besteht keine Notwendigkeit für ein aussagepsychologisches Gutachten", erklärt Leygraf.
Weshalb ändert Ernst seine Version so oft?

Auf gut Deutsch: Nach Ansicht des Gutachters weiß Stephan Ernst genau, was er erzählt. Auch wenn Leygraf angesichts des Schlingerkurses von Ernsts bisherigen Aussagen zu dem Schluss kommt, dass es auf der Hand liege, "dass ein Teil der gemachten Aussagen nicht erlebnisfundiert sein können". Sprich: dass Ernst gelogen hat. Keine Neuigkeit. Aber über die Motivation für Ernsts Verhalten, der den Mord an Lübcke zunächst gestand, dieses Geständnis dann zurückzog und stattdessen Markus H. belastete, um dann am achten Tag der Hauptverhandlung doch wieder zu gestehen, herrscht nach wie vor Uneinigkeit.

Für den Vertreter der Bundesanwaltschaft, Dieter Kilmer, steht fest, dass hinter Ernsts widersprüchlichen Einlassungen "ein prozessual-taktisches Verhalten" steckt. Die Verteidigung von Markus H. indes, auf deren Betreiben Leygraf seine Einschätzung abgeben musste, versucht die psychische Verfassung des Hauptangeklagten in den Mittelpunkt zu rücken - und dadurch den Wert seiner Aussagen gänzlich in Zweifel zu ziehen. Denn für ihren Mandanten sind diese nach wie vor alles andere als zuträglich.
"Abschaum von Volksverrätern"

Über der gesamten Befragung Stephan Ernsts durch das Gericht steht die Leitfrage, welche seiner Tatversionen der Wahrheit am nächsten kommt. Für Beobachter gerät dies leicht außer Blick angesichts der Kleinteiligkeit, mit der Ernsts Aussagen von den Mitgliedern des 5. Strafsenats am Frankfurter Oberlandesgericht seziert werden.

Da sind die Nachfragen zum Verlauf der Bürgerversammlung in Lohfelden, bei der Walter Lübcke die Sätze sprach, die ihn im wahrsten Sinne des Wortes zur Zielscheibe von Ernst machen sollten: "Ich würde sagen, es lohnt sich, in unserem Land zu leben. Da muss man für Werte eintreten. Und wer diese Werte nicht vertritt, der kann jederzeit dieses Land verlassen, wenn er nicht einverstanden ist." Markus H. filmt diesen Moment. Später lädt er ihn ins Internet hoch. Das nicht einmal einmütige Video wird an diesem Montag noch einmal vorgeführt. "Ich glaub's nicht!" und "Verschwinde!" schreit eine Männerstimme. Stephan Ernst macht seiner Wut Luft.

Dieser Moment ist eine Art Initialzündung für den sich immer weiter verstärkenden Hass auf den Kasseler Regierungspräsidenten. Das Gericht will von Ernst wissen, ob er das Video anschließend geteilt habe. Das tat er. Mit Arbeitskollegen und seiner Mutter. Dieser schickte er den Link aufs Handy mit dem Kommentar: "Da siehst Du wie weit sich dieser Abschaum von Volksverrätern von uns entfernt hat."

Fetisch für NS-Devotionalien

Bis zu diesem Zeitpunkt ist die Rolle, die Ernst seinem Mitangeklagten zuweist, in allen drei Aussagen konsistent. Ein Freund und Gesinnungsgenosse, der die Wut auf "die da oben" teilte. In der zweiten und der dritten Tatversion aber übernimmt Markus H. die Rolle der treibenden Kraft hinter den Anschlagsplänen auf Lübcke. Bereits 2016 will Ernst gemeinsam mit ihm das Wohnhaus der Lübckes ausgespäht haben.

Es folgten weitere Observierungen - gemeinsam oder jeweils allein. Aus der Idee eine Scheibe einzuschmeißen, das Haus zu besprühen oder Lübckes Auto zu zerstören, sei nach und nach der Plan erwachsen, den CDU-Politiker auch körperlich anzugreifen. Spätestens im September 2018, nach der Rückkehr von einer AfD-Demo in Chemnitz, habe der Entschluss gestanden. Im April 2019 sei dann bei einem Treffen zwischen beiden vereinbart worden, auf Lübcke zu schießen. So schildert es Ernst inzwischen.

Das Bild, das er auf Nachfrage von seinem ehemaligen Freund zeichnet, ist alles andere als schmeichelhaft. Ideologisch verortet er ihn "in Richtungs Reichsbürger". Markus H. sei der Ansicht gewesen, dass die BRD kein souveräner Staat, die Regierung "keine richtige Regierung" sei, fasst es Ernst zusammen. Über den Holocaust habe H. behauptet, dass dieser "übertrieben" dargestellt werde. Zudem hätte er einen "Fetisch" für NS-Devotionalien gehabt. Fotos aus H.s Wohnung scheinen zumindest den letzten Punkt zu belegen. Neben einschlägiger Literatur sind auch Zinnfiguren zu sehen. Eine davon stellt einen SS-Offizier mit zum Hitlergruß erhobenen Arm dar. Auf seinem Schreibtisch soll H. zudem einen gebrauchten Zyklon-B-Kannister als Stifthalter benutzt haben.
Erste Vernehmung als Basis

Trotz der angeblich zentralen Rolle, die H. beim Anschlag auf Lübcke eingenommen haben soll, hatte Ernst ihn in seiner ersten Einlassung im Juni 2019 zumindest aus dem unmittelbaren Tatgeschehen herausgehalten. Diese erste Vernehmung, von der sich Ernsts Verteidigung wünschen dürfte, dass sie keine Beachtung mehr findet, dient dem Gericht und Bundesanwaltschaft immer noch als Vorlage, anhand derer Ernsts Einlassungen auf Widersprüche abgeklopft werden.

Und davon sind weiterhin zahlreiche nicht befriedigend aufgeklärt. Ernst hatte erklärt, dass ihn sein erster Verteidiger, der in der rechtsextremen Szene bekannte Dirk Waldschmidt, überredet habe, Markus H. nicht zu belasten. "Die BRD-Eliten" würden ihn so oder so "fertig machen und verrotten lassen", soll Waldschmidt gesagt haben. Doch es gebe Unterstützer, die Ernst und seiner Familie beispringen würden - unter der Bedingung, dass er H. nicht mit der Sache in Verbindung bringe. Ganz gelungen ist ihm das nicht. Tatsächlich taucht H. auch in der ersten Vernehmung auf. Nicht nur im Zusammenhang mit der Bürgerversammlung in Lohfelden, sondern auch als derjenige, der Ernst in Kontakt mit dem Waffenhändler Elmar J. brachte.

Unverständlich ist für das Gericht etwa, dass Ernst, wenn er denn H. schützen wollte, ihn so in den Fokus der Ermittler rückte. Ernst behauptet, ihm sei es bereits damals wichtig gewesen, dass seine und H.s Waffen sichergestellt werden: "Ich wollte, dass das mit den Waffen bekannt wird. Dass mit den Waffen nichts mehr passiert."

Ebenfalls in der ersten Vernehmung hatte Ernst erklärt, bereits vor dem Anschlag 2019 zweimal mit geladener Waffe an Lübckes Haus gestanden zu haben. Auch davon will er nichts mehr wissen. "Ich habe übertrieben", betont Ernst. "Ich wollte, dass man mich für durchgeknallt hält." Bereits in seiner zweiten Vernehmung im Januar 2020 hatte er davon gesprochen, dass er den "Psycho-Nazi" gespielt habe. "Vielleicht", sagt Ernst schließlich, "kann das ein Psychologe besser erklären als ich".
Ernst wirkt alarmiert

Die Zuschauer erleben an diesem Montag bei der Befragung einen Hauptangeklagten, der, zumindest in der zweiten Hälfte - als die Bundesanwaltschaft ihn mit immer weiteren Nachfragen in Erklärungsnot bringt - erstmals nicht nur benommen wirkt. In Ernsts Stimme, die sonst zwar klar, aber monoton klingt, liegt zum ersten Mal so etwas wie Emotion. Ernst wirkt plötzlich wach und alarmiert. Der Hauptangeklagte merkt, wenn er in die Ecke gedrängt wird. Sein Verteidiger Mustafa Kaplan protestiert mehrfach gegen aus seiner Sicht unangemessene oder bereits beantwortete Fragen.

"Das ist schon ein Psycho-Stück, das für uns nicht ganz nachvollziehbar ist", sagt der Vorsitzender Richter Thomas Sagebiel nach etwa der Hälfte der Befragung. Der Ausspruch bezieht sich auf Ernsts Aussageverhalten in der ersten Vernehmung. Er würde sich aber auch gut als Resumée dieses zehnten Prozesstages eignen.

Die Befragung von Stephan Ernst wird am Donnerstag, 13. August, fortgesetzt.
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https://www.hessenschau.de/panorama/luebcke-prozess-ein-spiel-mit-der-psyche,prozess-blog-mordfall-luebcke-104.html
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Re: Der Mord an Walter Lübcke
« Antwort #359 am: 11. August 2020, 06:19:07 »
Da hat er sich ja eine ganz perfide Strategie überlegt!
Was wird vermutlich dazu führen, daß ihn die Kammer wegen Verwirrung sofort freiläßt ...?
Die FAZ sieht "die Glaubwürdigkeit des Angeklagten" gefährdet.

Müssen wir uns Sorgen machen? Oder ist die Glaubwürdigkeit von Zeugen am Ende für das Systemgericht dann doch wichtiger?


Zitat
WIDERSPRÜCHE IM LÜBCKE-PROZESS:
Alles frei erfunden?

VON MARLENE GRUNERT - AKTUALISIERT AM 10.08.2020-18:59

Das Gericht will im Lübcke-Prozess das widersprüchliche Verhalten des Angeklagten begreifen. Stephan E. gibt zu, in Vernehmungen gelogen zu haben. Er habe den „Psychonazi“ geben wollen.
Spoiler
Der Vorsitzende Richter spricht von einem „Psychostück“, das für ihn nicht nachvollziehbar sei. Thomas Sagebiel, der den Prozess zum Mord an Walter Lübcke leitet, will das Verhalten des Angeklagten begreifen. Nach den so unterschiedlichen Aussagen, die Stephan E. über sich selbst getroffen hat, dürfte das nicht leichtfallen. Zumal bislang kaum ein Verhandlungstag ohne neue Widersprüchlichkeiten verging. Vergangenen Mittwoch hatte E. gestanden, den Kasseler Regierungspräsidenten erschossen zu haben. Den Mitangeklagten Markus H. belastet er seitdem stark; demnach könnte dieser sogar Mittäter gewesen sein. Es war die dritte Version des Tatgeschehens, die E. präsentierte, um „reinen Tisch zu machen“. Zwei Tage später folgten die nächsten „Klarstellungen“, wie der Angeklagte sagt.

Am Montag stellen sich abermals Fragen, die Zweifel an E.s Glaubwürdigkeit wecken. Im ersten Geständnis hatte er angegeben, schon vor dem Tattag mehrmals am Grundstück der Familie Lübcke gestanden zu haben, bewaffnet und zur Tat bereit. Das bestreitet er nun. „Dann haben Sie das gut geschauspielert“, sagt der Richter Christoph Koller; die frühere Schilderung sei „eindrücklich“ gewesen. E. hatte sich in der aufgezeichneten Vernehmung detailliert eingelassen. „Zitternd“ habe er am Grundstück gestanden. Er habe es nicht geschafft, hatte E. damals gesagt. Gedacht habe er: „Bei der Kirmes, da erschießt du ihn.“ Das alles habe er frei erfunden, will auch der Oberstaatsanwalt Dieter Killmer wissen. Der Angeklagte nickt.

Wenigstens die Motive für die unterschiedlichen Aussagen müsse man kennen, um zu wissen, was man glauben solle, sagt Killmer. Er habe den Beamten „was vorgemacht“, um „die Sache glaubhafter zu machen“, schildert E. Außerdem habe er den „Psychonazi“ geben wollen; „die Sache sollte größer wirken“. „Ein Stück Geltungssucht“, sagt der Richter, der versucht, diesen Charakterzug mit den Reuebekundungen des Angeklagten in derselben Vernehmung in Einklang zu bringen. Aber dieses „Psychostück“ wirke nicht plausibel.

Wie ist es ihm nach der Tat ergangen?
Auch Dieter Killmer macht E. immer wieder auf dessen widersprüchliches Verhalten aufmerksam. Er konzentriert sich auf die Rolle, die der Hauptangeklagte Markus H. zuschreibt. Je schmallippiger sich E. gibt, desto strenger wird der Oberstaatsanwalt. Killmer will genau wissen, wann man den gemeinsamen Tatentschluss gefasst habe, wie das Gespräch abgelaufen sei. „Schildern Sie das!“ E. reagiert verhalten. Auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters erzählt E., wie es ihm nach der Tat ergangen sei: „sehr schlecht“. Sagebiel will wissen: „Aus Reue oder Sorge vor Entdeckung?“ „Alles.“ Mit H. habe er nie wieder über die Tat gesprochen – obwohl man sich nur wenige Tage später im Schützenverein gesehen habe. Der Oberstaatsanwalt hakt nach: „Sie haben einen Menschen getötet, Sie sind bedrückt. Die einzige Person, mit der Sie reden könnten, suchen Sie nicht auf?“ E. antwortet: „Er hätte ja auch zu mir kommen können.“

Die Richter gehen auf eine weitere Aussage ein, deren Detailliertheit für E. von Nachteil sein könnte. In der ersten Vernehmung hatte er angegeben, sich am 6. Januar 2016 so sehr über die Kölner Silvesternacht erregt zu haben, dass er durch die Straßen gelaufen sei und Wahlplakate der Grünen abgetreten habe. Einem Ausländer habe er zugerufen: „Euch sollte man den Hals abschneiden.“ Warum er noch Tage nach Silvester so aufgebracht gewesen sei, will Sagebiel wissen. Nun gibt E. an, gar nicht gewusst zu haben, ob es der 6. Januar gewesen sei. Das Datum sei ihm in der Vernehmung „spontan gekommen“. An diesem Tag wurde in Lohfelden ein junger Iraker niedergestochen; E. wird auch diese Tat zur Last gelegt. Er bestreitet, mit dem Angriff etwas zu tun zu haben.
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https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/stephan-e-ich-wollte-den-psychonazi-geben-16899033.html
Merke: Es genügt natürlich nicht, dämlich zu sein. Es soll schon auch jeder davon wissen!

„Nur weil es Fakt ist, muß es noch lange nicht stimmen!“ (Nadine, unerkannte Philosophin)
 
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