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So eine Amtseinführung ist nicht billig. Es ist ja nicht mit dem Schwur und einer Rede des neuen US-Präsidenten am Kapitol getan. Wenn nicht eine Pandemie solche Vorstellungen zunichtemacht, gehören auch grosse und kleine Konzerte, festliche Bälle und unzählige Empfänge für Tausende Gäste aus aller Welt dazu.
Weil der Staat nur das Nötigste für eine Inauguration bezahlt, war es lange Praxis, dass frisch gewählte Präsidenten ein Amtseinführungskomitee einsetzen. Das plant und organisiert die Feierlichkeiten. Vor allem aber sammelt es Spenden und bezahlt die Rechnungen.
175'000 Dollar Miete für einen Ballsaal
2017, als Donald Trumps Name noch nicht mit zwei Amtsenthebungsverfahren und dem Verdacht eines Putschversuchs belastet war, liessen sich die Geldgeber nicht lumpen. 106,7 Millionen Dollar kamen damals zusammen für die Feierlichkeiten. Doppelt so viel wie die früheren Präsidenten Barack Obama und George W. Bush zu ihren Amtseinführungen jeweils einsammeln konnten. Und wohl auch mehr, als so ein Komitee sinnvollerweise ausgeben kann.
Es war eine gut gefüllte Kasse. So gut gefüllt, dass die Staatsanwaltschaft in Washington davon ausgeht, dass die Trump-Familie tief und – wie Washingtons Chefankläger Karl Racine glaubt, beweisen zu können – illegal hineingegriffen habe. Im Januar 2020 erhob sie Anklage. Ein Urteil ist noch nicht gefallen, aber es kommen immer wieder neue Details ans Licht.
Vor wenigen Tagen erst hat Racine die Anklage erweitert. Das Komitee soll für die Trump Organization eine Hotel-Rechnung über knapp 50'000 Dollar bezahlt haben. Ein Kumpel von Trumps Sohn Donald Trump Jr. soll im «Loews Madison Hotel» im Namen der Trump Organization, des Familienkonzerns, Zimmer für Gäste der Amtseinführung gebucht haben.
Das Hotel übertrug die Rechnung im Sommer 2017 einer Inkasso-Firma, weil die Trump Organization alle Zahlungsaufforderungen ignoriert hat. Das Inkasso-Unternehmen fragte dann mal freundlich beim Trump-Komitee nach, ob dieses nicht vielleicht die Rechnung bezahlen wolle. Die Anfrage landete auf dem Schreibtisch von Trump-Freund Rick Gates, Ex-Wahlkampfmanager Trumps und damals stellvertretender Vorsitzender des Komitees. Gates entschied dann, dass das Komitee die Rechnung übernimmt. Er wurde später wegen seiner Verwicklungen in die Russland-Affäre zu einer Haftstrafe verurteilt.
1,62 Millionen Dollar für nicht näher definierte Beratungsdienste. Sollte da eine treue Freundin Melanias Trumps reich gemacht werden?
In der Klage in Washington geht es aber vor allem um die finanziellen Verpflichtungen gegenüber dem «Trump International Hotel» an der Pennsylvania Avenue, die vom Weissen Haus zum Kongress führt. Natürlich, es hat eine sehr günstige Lage, und ein so luxuriöses Haus ist nie ganz billig. Allerdings hatte sich das Komitee auch nicht gescheut, den Ballsaal des Hotels für 175'000 Dollar am Tag zu mieten. Und für das hauseigene Catering weitere 300'000 Dollar zu bezahlen.
Nochmals 300'000 Dollar zahlte das Komitee für einen Empfang im Trump-Hotel zu Ehren der Präsidentenkinder Ivanka, Donald Junior und Eric Trump. In ebenjenem Hotel also, dessen Mutterorganisation derzeit diese drei Trump-Kinder leiten. Aus Sicht der Ankläger, die Preiswucher vermuten, soll das Trump-Hotel dem Trump-Komitee mindestens eine Million Dollar zu viel in Rechnung gestellt haben.
Im Dezember musste sich Ivanka Trump unter Eid zu diesem Vorwurf vernehmen lassen, dass sich das Hotel vom Komitee Wucherpreise habe bezahlen lassen. In einem Tweet teilte sie nach ihrer Einvernahme mit, die Ermittlungen seien eine «politisch motivierte Demonstration der Rachsucht und eine Verschwendung von Steuergeldern». Das Hotel habe nur «marktübliche Preise» verlangt.
Für Staatsanwalt Racine ist die Sache dagegen klar: Das Gesetz verlange, dass eine gemeinnützige Organisation ihre Mittel nicht dafür verwenden darf, «Privatpersonen oder Unternehmen zu bereichern». Genau das aber sei passiert.
Die Rache der Beraterin
Es gibt noch mehr Ungereimtheiten. 2018 wurde der erste Steuerbescheid des Komitees öffentlich. Danach gab es einige bemerkenswerte Ausgabe-Posten. 2,7 Millionen Dollar etwa gingen für «digitale Operationen» an eine Firma, die Brad Parscale gehörte. Er war Chef von Trumps Wiederwahlkampagne, bis Trump ihn wegen Erfolglosigkeit entmachtete. Parscale zog später mit einem Video Aufmerksamkeit auf sich, das seine Festnahme wegen häuslicher Gewalt zeigt.
26 Millionen Dollar etwa gingen allein an eine Eventagentur, deren Chefin Stephanie Winston Wolkoff war. Diese erhielt überdies 1,62 Millionen Dollar für nicht näher definierte Beratungsdienste. Winston Wolkoff galt damals noch als gute Freundin Melania Trumps und arbeitete nach der Amtsübernahme für die First Lady im Weissen Haus. Sollte da eine treue Freundin reich gemacht werden?
Als die Summen publik wurden, hat Melania Trump Winston Wolkoff entlassen. Die rächte sich später mit einem Buch über «Aufstieg und den Fall» ihrer Freundschaft mit Melania Trump. Und sie gab bereitwillig entlarvende Audio-Aufnahmen an die Presse, die manches Vorurteil über Melania Trump bestätigten.
Staatsanwalt Racine will erreichen, dass die Trump Organization zum Ausgleich mindestens eine Million Dollar an gemeinnützige Organisationen zahlt. Ob und wann es zu einer Gerichtsverhandlung kommt, ist bisher allerdings unklar.
Publiziert heute um 12:11 Uhr