Sagt mal, könnt ihr mir erklären, warum die AfD im Osten teilweise mehr als zwanzig Prozent erreicht?
Dem von Müllmann kann man fast nichts mehr hinzufügen. Außer: Die Forschung geht schon langen davon aus, dass 20% der deutschen noch immer (oder wieder) zum festen "rechten Rand" und Nationalismus stehen bzw. tendieren.
Bis jetzt hat dies die CDU/CSU (vor allem auch letztere) immer fest aufgefangen. Haben sich doch viele Politiker dort an die von Strauß herausgegebene Maxime: "Es darf keine Partei rechts der CDU/CSU geben" gehalten.
Im Osten kommt da wohl viel zusammen. Zum einen werden die festen Strukturen, das Eingebundensein, die (vermeintliche) absolute Sicherheit, die von Kindesbeinen an gesteuerte Lebensplanung und die "feste Regierungshand" die die DDR geboten hatten immer mehr vermisst.
Im Westen muss man selbst was tun, selbst Verantwortung übernehmen, es gibt keine Sicherheit für nichts (am wenigsten für einen (überflüssigen) Arbeitsplatz oder eine billige Wohnung), man kann übers Ohr gehauen werden, es laufen Nepper, Schlepper, Bauernfänger rum etc.pp. Alles Dinge, die es "damals" einfach nicht gab. Solche Leute sind "damals" eben schnell im Bau verschwunden, im Gegensatz zu den in der DDR schon sehr aktiven NeoNazis.
Die meisten hatten sich wohl auch viel mehr von der Maueröffnung versprochen oder -fast schlimmer- mehr bekommen als sie eigentlich wollten. Sie wollten ja nur, wenn sie genug DDR-Mark zusammen hatten, auch mal sonstwo hinreisen können. Nicht nur in die "sozialistischen Bruderländer". Vielleicht auch noch schneller ein Auto bzw. überhaupt mehr Auswahl in den Geschäften...mehr wollten sie eigentlich nicht.
Dazu kommt, dass die Menschen im Osten ja wirklich gut abgekapselt waren und weder mit fremden Menschen (nicht mal wirklich als Urlauber), noch mit fremden Religionen (die war ja sowieso verboten) was zu tun hatten.
Ein großer Teil dieser Leute dürfte auch heute noch nicht nur "abgehängt", sondern auch noch immer restlos von der Realität überfordert sein.
Denen verspricht die AfD jetzt wieder die "goldenen Zeiten". Keine Urlauber, nichts Fremdes, sicher Grenzen um das eigene Land (so eine Mauer ist gibt doch richtige Sicherheit), eine feste "Führungshand" und dass alles was "deutsch" ist dann auch bevorzugt wird.
Dazu kommt, dass viele NeoNazis oder Rechtsextreme ziemlich früh erkannt haben, dass sie in der ehemaligen DDR ein Schlaraffenland vorfinden. Nicht nur was die Seilschaften und Strukturen betrifft, sondern auch was den Erwerb billiger Immobilien und nie bekämpftes Gedankengut angeht.
So kommt zusammen was zusammengehört.
Nur zur Sicherheit: Nein, das soll kein "Ossi-Bashing" sein. Das ist das wie ich persönlich die Sache beobachtet habe, wie sie mir viele ehemalige "Ossis" selbst geschildert bzw. dargelegt haben. Es gibt genügend die selbst an ihren ehemaligen Mitbürgern und deren Engstirnigkeit, phlegmatischem Wesen und Denken verbunden mit Dauerangst verzweifeln.
Ich kenne bzw. kannte auch einige Personaler bzw. Unternehmer die, nach den ersten Versuchen heute auf dem Standpunkt sind: Keinen Ossi einstellen. Heute noch...mag man kaum glauben. Die Gründe sind aber, wenn man hinterfragt, nachvollziehbar.
Der Teil des Landes ist einfach "stehengeblieben" und es wird Jahrzehnte dauern bis der Rückstand aufgeholt ist, falls dies überhaupt möglich ist. Bei der momentanen Entwicklung -die von der AfD ja fleissig unterstützt wird- sehe ich da allerdings mehr als schwarz.
Um jetzt noch zur üblichen "Nazifloskel" zu kommen: Ich kenne einige Ossis und die meisten davon sehen den Mauerfall heute als größtes aller möglichen Übel an. Das prägt letztendlich aber auch meine Meinung. Muss ich ehrlich zugeben.
Allerdings würde auch keiner der (ehemaligen) Ossis die ich kenne die AfD nur ansehen, geschweigeden wählen.