Autor Thema: Noch mehr "Kriegsgefangene"  (Gelesen 7552 mal)

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Offline Gutemine

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Re: Noch mehr "Kriegsgefangene"
« Antwort #30 am: 8. Oktober 2017, 11:43:46 »
Hier wurde zwar, wenn ich das richtig lese, nicht ausdrücklich "Unterhalt nach HLKO" beantragt, man will aber unbedingt Sozialleistungen.

VG Detmold
S 18 AS 1800/14

Spoiler
Tatbestand:
2

Die Klägerin wendet sich vorliegend noch gegen eine zwischenzeitlich erfolgte zuschussweise Bewilligung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).
3

Die Klägerin stellte am 15.07.2014 einen Antrag auf Leistungen bei dem Beklagten. Hierbei füllte sie einen Hauptantrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II aus und unterzeichnete diesen. Im Rahmen eines Zusatzblattes zum Antrag auf ALG II/Sozialgeld gab sie an, dass sie Sozialgeld nach dem SGB XII beantrage, da sie ihren erlernten Beruf nicht mehr ausüben dürfe und bis zum jetzigen Zeitpunkt keine Quereinsteigeranstellung gefunden habe. Hierbei strich sie die vorgedruckte Formulierung "meinen Antrag auf ALG II/Sozialgeld begründe ich wie folgt" durch.
4

Zuvor war der Klägerin für die Zeit vom 01.09.2013 bis 20.07.2014 Arbeitslosengeld nach dem SGB III von der Agentur für Arbeit Bielefeld bewilligt worden.
5

Mit Bescheid vom 11.09.2014 versagte der Beklagte die beantragte Leistung für die Zeit ab dem 01.07.2014. Dies begründete er damit, dass geforderte Unterlagen und Nachweise trotz entsprechender Belehrung über die Rechtsfolgen nicht vorgelegt worden seien. Hiergegen erhob die Klägerin in der Folgezeit Widerspruch. Aus dem Inhalt des Widerspruchs ergibt sich insbesondere, dass die Klägerin Anhängerin der so genannten "Reichsbürgerbewegung" ist. Diese zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass die so genannten Reichsbürger einen rechtlichen Bestand der Bundesrepublik Deutschland bestreiten und vom Fortbestehen des Deutschen Reiches ausgehen. Inhaltlich wendet die Klägerin ein, dass sie die geforderten Unterlagen persönlich bei dem Beklagten eingereicht habe. Dies gelte auch für Unterlagen bezüglich eines Grundstückes. Des Weiteren führt die Klägerin aus, dass sie lediglich Sozialgeld beantragt habe und nichts anderes. Weiterhin machte sie geltend, dass, da die Bundesrepublik Deutschland nur eine Firma sei, sie einen Anspruch auf ein Gehalt von der Bundesrepublik Deutschland habe. Des Weiteren machte sie geltend, dass sie jedenfalls einen monatlichen Betrag von 900,00 EUR erwarte.
6

Mit Schreiben vom 16.10.2014, bei Gericht eingegangen am 20.10.2014, hat die Klägerin Klage wegen Untätigkeit erhoben, da sie das beantragte Sozialgeld seit Juli 2014 nicht bekommen habe.
7

Mit Bescheid vom 18.11.2014 hat der Beklagte den Versagungsbescheid vom 11.09.2014 aufgehoben und mit weiterem Bescheid vom 24.11.2014 für die Klägerin und deren beiden Kinder Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.07.2014 bis 31.12.2014 als zinsloses Darlehn gewährt.
8

In der Folgezeit hat die Klägerin gegenüber dem Gericht erklärt, dass sie Sozialgeld SGB und nicht Grundsicherung nach dem SGB II beantragt habe und sie teilte auf weitere Nachfrage, ob ihr Schreiben als erneuter Widerspruch gegen den Darlehnsbescheid gewertet werden solle, mit, dass sie keinen Darlehnsvertrag beantragt habe und der Bewilligungsbescheid bis heute immer noch fehle.
9

In der Folgezeit hat der Beklagte über den Widerspruch gegen den Darlehnsbescheid entschieden und diesem abgeholfen und der Klägerin Leistungen nach dem SGB II als Zuschuss von Juli bis Dezember 2014 bewilligt. Einen Weiterbewilligungsantrag für die Zeit ab Januar 2015 stellte die Klägerin nicht.
10

Die Klägerin ist der Ansicht, dass weiterhin ein Bescheid zu den von ihr beantragten Leistungen nach dem SGB XII fehle. Des Weiteren rügte die Klägerin die Zuständigkeit des Vorsitzenden der 18. Kammer dahingehend, dass dieser kein "Staats Richter" sei und keinem staatlichen Gericht angehöre. Hierbei forderte die Klägerin insbesondere das Gericht auf, sich zu legitimieren, da sie sonst gezwungen sei, den Vorsitzenden bei den Alliierten zu melden und auch in Den Haag. Auch habe ein eventuelles Grundstück nichts mit Ansprüchen nach dem SGB XII zu tun. Leistungen nach dem SGB XII seien nicht an ein Alter gebunden, sondern nur an einen Personalausweis. Diesen habe sie nicht mehr, sie weise sich mit einem Personenausweis des Deutschen Reiches aus, sie sei Preußin mit der Staatsangehörigkeit des Geburtsrechts ihrer Eltern, die beiden aus Pommern stammen würden, daher heiße ihre Staatsangehörigkeit Königreich Preußen.
11

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
12

den Beklagten zu verurteilen, ihr die beantragten Leistungen nach dem SGB XII zu gewähren.
13

Der Beklagte beantragt,
14

die Klage abzuweisen.
15

Der Beklagte ist der Ansicht, dass die zunächst erhobene Untätigkeitsklage nicht begründet gewesen sei, da der Beklagte zum damaligen Zeitpunkt nicht untätig gewesen wäre. Die Frist für die Entscheidung über einen Widerspruch von 3 Monaten sei zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgelaufen gewesen. Im Übrigen habe der Beklagte zwischenzeitlich Leistungen für Juli bis Dezember 2014 in Form eines Zuschusses bewilligt.
16

Das Gericht hat die Beteiligten schriftlich zu einer möglichen Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
17

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten (2 Bände). Diese lagen vor und waren Gegenstand der gerichtlichen Entscheidungsfindung.
18

Entscheidungsgründe:
19

Das Gericht konnte gem. § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme hatten.
20

Die Klage der Klägerin hat keinen Erfolg. Die Klage der Klägerin ist unter Berücksichtigung ihres Vorbringens gemäß § 123 SGG dahingehend auszulegen, dass sie die Verpflichtung des beklagten Jobcenters zur Gewährung von Sozialgeld als Leistung nach dem SGB XII begehrt. Dies ergibt sich insbesondere aus den Schreiben der Klägerin vom 04.05.2015 und 19.09.2015, in welchen sie auf die fehlende Bescheidung zur Leistung nach dem SGB XII hinweist sowie den Umstand, dass Leistungen nach dem SGB XII nicht an ein Alter gebunden seien.
21

Das Sozialgericht Detmold ist für die Entscheidung über die von der Klägerin bei dem hiesigen Sozialgericht erhobene Klage sowohl örtlich als auch sachlich wie instanziell zuständig. Es handelt sich bei dem Rechtsstreit um eine Streitigkeit über öffentlich-rechtliche Angelegenheiten im Bereich des Sozialrechts entsprechend des Kataloges des § 51 Abs. 1 SGG. Die örtliche Zuständigkeit folgt aus § 57 SGG. Instanziell ist das Sozialgericht als 1. Instanz gemäß § 8 SGG zuständig. Die Ausführungen der Klägerin zu dem Nichtbestehen der Bundesrepublik Deutschland, dem Fortbestehen eines Deutschen Reiches sowie der fehlenden Legitimation des von ihr angerufenen Gerichts als staatliches Gericht sind in Gänze abwegig und finden keinerlei Grundlage in der verfassungsgemäßen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland unter Berücksichtigung der Geltung des Grundgesetzes und der Geltung der einfach gesetzlichen Rechtsnormen, insbesondere der für das vorliegende Verfahren entscheidenden Normen des SGB II, SGB XII sowie Sozialgerichtsgesetzes. Eine juristische Auseinandersetzung mit der von der Klägerin hinsichtlich der Existenz der Bundesrepublik Deutschland aufgeworfenen Fragestellung durch das Gericht ist daher nicht geboten, denn die Rechtsauffassung, welche die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und seiner Gesetze bestreitet, ist als juristisch derart unhaltbar anzusehen, dass eine gerichtliche Befassung hiermit nicht notwendig ist (vgl. Finanzgericht Münster, Urteil vom 14.04.2015, 1 K 3123/14 F; OVG NRW, Beschluss vom 18.05.2012, 19 B 578/12; VG Braunschweig, Beschluss vom 23.02.2007, 6 B 413/06). Die Zuständigkeit der zur Entscheidung berufenen 18. Kammer folgt aus § 6 SGG i.V.m. § 21e Abs. 1 GVG i.V.m. dem Geschäftsverteilungsplan 3/14 vom 22.09.2014.
22

Die von der Klägerin weiterhin verfolgte Klage gegen das Jobcenter als Beklagten ist mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Nachdem der Beklagte durch den Darlehnsbescheid vom 24.11.2014 seine Abhilfeentscheidung zum Versagungsbescheid vom 11.09.2014 umgesetzt hatte, hatte sich die zunächst erhobene Untätigkeitsklage der Klägerin erledigt, da der von ihr gestellte Leistungsantrag beim Beklagten beschieden worden war. Nachdem der Beklagte in der Folgezeit auch aufgrund eines weiteren als Widerspruch ausgelegten Schriftsatzes der Klägerin an das Gericht anstelle der zunächst darlehnsweise gewährten Leistungen aufgrund von verfügbarem Vermögen zuschussweise Leistungen gewährt hatte, fehlt es der Klägerin für eine Fortführung des Klageverfahrens an jeglichem schutzwürdigen Interesse. Denn die Klägerin hat vom Beklagten Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen bewilligt bekommen und erhalten. Soweit die Klägerin demgegenüber geltend macht, dass sie Leistungen von Sozialgeld nach dem SGB XII beantragt hat, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Insbesondere war der Beklagte nicht gehalten, den Antrag der Klägerin an den zuständigen Träger für Leistungen nach dem SGB XII weiterzuleiten (§ 16 Abs. 2 SGB I). Denn für eine Weiterleitung des Antrages der Klägerin fehlt es an entsprechenden Anhaltspunkten dafür, dass tatsächlich eine Zuständigkeit des SGB XII-Trägers für die Leistungsgewährung bestehen könnte. Aus dem Akteninhalt ergibt sich offenkundig, dass die Klägerin Leistungen der Grundsicherung begehrte, da sie selbst nicht über Einkommen und Vermögen verfügte, um den Lebensunterhalt für sich und die mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Kinder sicherzustellen. Insofern ergab sich eine Anspruchsberechtigung der Klägerin gemäß § 7 SGB II. Ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII hingegen war offensichtlich ausgeschlossen. Denn gemäß § 21 SGB XII erhalten Personen, die als Erwerbsfähige oder als Angehörige von Erwerbsfähigen dem Grunde nach nach dem SGB II Leistungsberechtigt sind, keine Leistungen nach dem SGB XII für den Lebensunterhalt. Insbesondere war im Fall der Klägerin kein Anhaltspunkt dafür gegeben, dass sie nicht erwerbsfähig gewesen wäre. Hier ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Klägerin noch bis zum 20.07.2014 Leistungen nach dem SGB III aufgrund von Arbeitslosigkeit erhalten hat und eine Gewährung von entsprechendem Arbeitslosengeld auch nur möglich ist, soweit die Klägerin noch erwerbsfähig ist. (vgl. § 138 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 5 SGB III). Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Klägerin offenkundig sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens darum bemüht war, finanzielle Leistungen von der Beklagten zu erhalten, ist somit kein Anhaltspunkt gegeben, der den Beklagten hätte dazu veranlassen müssen, den Antrag der Klägerin an den örtlich zuständigen SGB XII-Träger weiterzuleiten.
23

Aufgrund des bereits aus den vorgenannten Gründen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses bedarf es vorliegend keiner Entscheidung, ob das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin auch deshalb fehlt, da sie sich mit ihrem Klagebegehren an das Gericht gewandt hat, obzwar sie selbst ausführt, dass sie selbst weder von der Legitimation des erkennenden Gerichts ausgeht, noch die entsprechenden Gesetze der Bundesrepublik Deutschland aufgrund derer sie Leistungen begehrt, anerkennen will. Jedenfalls erscheint es widersprüchlich, wenn die Klägerin zum einen unter Berufung auf Vorschriften des Sozialgesetzbuches Leistungen vom Beklagten verlangt und diese auch versucht, gerichtlich durchzusetzen, auf der anderen Seite aber sowohl gegenüber dem Beklagten als auch gegenüber dem Gericht einwendet, dass es den entsprechenden Institutionen an ihrer Legitimation fehle, da die staatliche Ordnung, die durch sie repräsentiert wird, von ihr im Hinblick auf die von ihr vertretene Theorie aus der Reichsbürgerbewegung nicht anerkannt wird.
24

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
[close]
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/sgs/sg_detmold/j2016/NRWE_S_18_AS_1800_14.html
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Re: Noch mehr "Kriegsgefangene"
« Antwort #31 am: 8. Oktober 2017, 12:52:50 »
Die von der Klägerin explizit beantragte Weiterleitung an das Sozialamt wäre nach fiskalischen Gesichtspunkten geboten gewesen. Das Sozialamt wäre mangels Feststellungen über eine Erwerbsunfähigkeit zu dem Schluß gekommen, daß der Antrag mangels Anspruchsgrundlage abzulehnen sei. Und bis die Klägerin auf die Idee gekommen wäre, beim JobCenter einen - nur auf den der Antragstellung vorgehenden Monatsanfang zurückwirkenden - Antrag einzureichen, hätte sie auf dem Trockenen gesessen. Manchmal informieren die Sachbearbeiter in Fällen, da die Eltern durch ihr Verhalten ihre und ihrer Kinder Ansprüche aufs Spiel setzen, das Jugendamt von der Gefährdung des Kindeswohls.

Halten wir also fest, daß sich manche Sachbearbeiter in den JobCentern - entgegen der landläufigen Meinung - über den erklärten Willen der Antragsteller in fiskalisch unverantwortlicher Weise hinwegsetzen. Man erfährt von solchen Fällen recht selten und dann schon gar nicht aus Gerichtsakten, weil nur Reichis so blöd sind, sich gegen die Leistungsgewährung zur Wehr zu setzen.

Seit einigen Monaten gibt es nun (soweit ich sehe) keine neuen amtlich veröffentlichten Entscheidungen in diesem Zusammenhang mehr. Dafür gibt es zwei ganz gegensätzliche Erklärungen: 1. Die Reichsdeppen mögen so deppert sein, wie sie können, aber dass sich mit der Masche kein einziger Euro holen lässt, hat sich selbst unter Deppen inzwischen herumgesprochen. 2. Solch unsinnige Anträge sind inzwischen derart verbreitet, dass es die Gerichte nicht mehr für nötig halten, ihre entsprechenden Entscheidungen zu veröffentlichen.

Vermutlich von beidem etwas. Zum einen müssen die Szenemanager befürrchten, daß den Schäfchen das Ausbleiben der  Erfolgsmeldungen zur HKLO auffällt. Um die Kundschaft bei der Stange und an der Kasse zu halten, wird dann eben neuer Plunder in dir Regale geräumt. Das schließt freilich nicht aus, daß irgendwann jemand im Internet über diesen Unsinn stolpert und ausprobiert. Zum anderen wird eben nicht alles veröffentlicht bzw. nicht jede Veröffentlichung aufgegriffen und weiterverbreitet.

Eigentlich reicht es doch schon, mehr als nur den ersten Satz des Artikels 7. auf dem dieser ganze Unsinn ja beruht zu lesen ...

Ja, aber es geht um Reichis. Schließlich bestehen viele Artikel der B*** aus einem großen Foto und höchstens drei Sätzen, weil die Redakteuere wissen, daß schon der zweite davon für die Katz ist.

... um zu sehen, dass den den Reichis, soweit sie keine Offiziere der Wehrmacht sind, schon nach ihrer eigenen Logik nicht mehr als Nahrung, Kleidung und Unterkunft und das auch nur im Rahmen der Versorgung des feindlichen Heeres zusteht.

Wenn es solche Anträge massenweise gäbe, hätte der Gesetzgeber längst reagiert und das Einsparpotential gehoben. Liegenschaften für eine kasernierte Unterbringung sind schließlich genug vorhanden, Verpflegung aus der Massenküche und eine uniformähnliche Bekleidung wären auch um Längen billiger, als den Leuten Geld (oder Gutscheine) zu geben und sie in die Läden laufen zu lassen.

Dazu kommt noch der Artikel 6 HKLO, der mehrere Vorzüge zu bieten hat: Zum einen finanzieren die "Kriegsgefangenen" so ihr Dasein selbst, weil ihnen die Unterhalskosten vom Arbeitslohn abzuziehen sind, zum anderen muß der Überschuß erst bei ihrer "Freilassung" ausbezahlt werden. Das heißt also bei den abenteuerlichen Verrenkungen, mit der sie ihre "Gefangenschaft" herbeireden: Im Todesfall oder bei Auswanderung, ansonsten nie.

« Letzte Änderung: 8. Oktober 2017, 13:14:26 von dtx »
 
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Re: Noch mehr "Kriegsgefangene"
« Antwort #32 am: 21. April 2018, 11:11:36 »
Im Badischen probiert es offenbar gerade wieder jemand. Das SG Karlsruhe (Beschluss vom 19.2.2018 - S 4 SV 474/18 ER) sieht allerdings keine Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit für Ansprüche auf Unterhalt nach der Haager Landkriegsordnung gegeben und hat die Sache daher ans VG Karlsruhe verwiesen:

http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&nr=23675
 
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Re: Noch mehr "Kriegsgefangene"
« Antwort #33 am: 21. April 2018, 11:57:40 »
Nun ja, das ist auch nicht erstaunlich. Die Sozialgerichtsbarkeit hat eine Sonderzuständigkeit im Bereich der Sozialversicherung. Was darunter fällt, ist im Gesetz abschließend aufgezählt. Ansprüche, die sich gegen den Staat richten, aber nicht ausdrücklich in den Bereich der Sozialversicherung fallen, unterliegen somit der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Kriegsgefangenensold nach der HLKO ist nicht Teil einer Sozialversicherung. Es gibt, jedenfalls zu Friedenszeiten, auch keine Einrichtung vergleichbar etwa den Rentenversicherungsträgern, Krankenkassen, der Unfallversicherung usw., die Beiträge zur Finanzierung von Kriegsgefangenensold einzöge bzw. einen Kapitalstock verwaltete.
Der Sache nach ist auch fraglich, ob Kriegsgefangenensold an und für sich eine Versicherungsleistung darstellt, geschweige denn eine Sozialversicherungsleistung. Der Sold eines Kombattanten stellt sich als Entgelt dar. Als Gegenleistung erbringt der Kombattant eine Arbeitsleistung. Diese besteht im Kämpfen, in Schanz- und Wachdiensten usw. Wie ein normaler Angestellter oder Beamter auch hat er die Weisungen seiner Vorgesetzten zu befolgen, hat zu festgesetzten Zeiten Dienst zu leisten, kann also nicht frei über seine Zeit entscheiden usw. Dem Grundsatz nach befindet sich ein Kombattant also in einer vergleichbaren Stellung wie ein Arbeitnehmer oder Beamter, auch wenn das Soldatenverhältnis eigenen gesetzlichen Regelungen unterstellt ist. Der Sold, den er erhält, stellt sich also als Entgelt für eine dem Staat zur Verfügung gestellte (Arbeits-)Leistung dar.
Der in Kriegsgefangenschaft geratene Kombattant ist auch als Kriegsgefangener zur Arbeit verpflichtet, hat die Regeln soldatischer Disziplin zu befolgen usw. Der Sold, der einem Kriegsgefangenen zusteht, stellt somit eine Fortschreibung des Soldaten-Verhältnisses dar, der Kriegsgefangenensold ist systematisch ebenfalls als Entgelt für eine zumindest abrufbare (Arbeits-)Leistung dar.
Im Ergebnis dieser kurzen Erwägungen zeigt sich also, dass eine Versicherungsleistung hier nicht vorliegt, weil es an den dafür charakteristischen Merkmalen völlig mangelt. Vielmehr ist auch Kriegsgefangenensold  ein Entgelt für eine zumindest abrufbare Gegenleistung. Die Sozialgerichtsbarkeit ist somit sicher nicht zuständig.
Hinzu kommt, dass laut HLKO Kriegsgefangenensold nicht ausbezahlt werden muss. Leistungen des Staates sind vor allem in Form der notwendigen Verpflegung, Unterkunft usw. zu erbringen. Mangels anderer Vorgaben hat sich der Staat dabei an den für seine eigenen Kombattanten geltenden Sätze zu halten. Der Anspruch richtet sich auch nicht an den Herkunftsstaat des Kriegsgefangenen, sondern an den Staat, der ihn kriegsgefangen hält. Dieser Staat kann jederzeit die vorgesehene Arbeitsleistung als Gegenleistung einfordern. Ein Anspruch auf Auszahlung eines Überschusses des rechnerisch ermittelten Kriegsgefangenensoldes besteht zudem erst bei Beendigung der Kriegsgefangenschaft.

Wenn man sich das alles mal nur im Überblick ansieht, erkennt man schnell, wie absurd der Anspruch auf Kriegsgefangenensold von Deutschen in Deutschland ist.
Erstens herrscht kein Kriegszustand, zweitens sind Deutsche in Deutschland nicht kriegsgefangen, drittens können Zivilisten keine Kriegsgefangenen sein oder werden, viertens müsste sich der Anspruch gegen einen fremden Staat richten, fünftens könnte dieser Staat eine Gegenleistung durch Arbeit verlangen und den Kriegsgefangenen Weisungen erteilen, und siebtens bestünde auch kein Anspruch auf Auszahlung vor Ende der Kriegsgefangenschaft.
Alles also völlig neben jeglicher Realität.
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Re: Noch mehr "Kriegsgefangene"
« Antwort #34 am: 21. April 2018, 12:22:47 »
Wenn man die Deppen beim Wort nehmen und als Kriegsgefangene behandeln könnte, würde sie recht dämlich aus der Wäsche schauen!

Einige "Highlights", die ihnen vermutlich nicht schmecken würden:

Zitat
Art. 5 Unterbringung
Die Kriegsgefangenen können in Städten, Festungen, Lagern oder an
anderen Orten untergebracht werden mit der Verpflichtung, sich nicht über eine bestimmte Grenze
hinaus zu entfernen; dagegen ist ihre Einschließung nur statthaft als unerläßliche
Sicherungsmaßregel und nur während der Dauer der diese Maßregel notwendig machenden
Umstände.


Zitat
Art. 6 Arbeitspflicht
Der Staat ist befugt, die Kriegsgefangenen mit Ausnahme der Offiziere
nach ihrem Dienstgrad und nach ihren Fähigkeiten als Arbeiter zu verwenden.
Diese Arbeiten
dürfen nicht übermäßig sein und in keiner Beziehung zu den Kriegsunternehmungen stehen. Den
Kriegsgefangenen kann gestattet werden, Arbeiten für öffentliche Verwaltungen oder für
Privatpersonen oder für ihre eigene Rechnung auszuführen. Arbeiten für den Staat werden nach
den Sätzen bezahlt, die für Militärpersonen des eigenen Heeres bei Ausführung der gleichen
Arbeiten gelten, oder, falls solche Sätze nicht bestehen, nach einem Sätze, wie er den geleisteten
Arbeiten entspricht. Werden die Arbeiten für Rechnung anderer öffentlicher Verwaltungen oder für
Privatpersonen ausgeführt, so werden die Bedingungen im Einverständnisse mit der
Militärbehörde festgestellt. Der Verdienst der Kriegsgefangenen soll zur Besserung ihrer Lage
verwendet und der Überschuß nach Abzug der Unterhaltungskosten ihnen bei der Freilassung
ausgezahlt werden.

Da würden wir einige vermutlich zum erstem mal arbeiten sehen!  ;D

Zitat
Art. 8 Entweichen aus Gefangenschaft
 Die Kriegsgefangenen unterstehen den Gesetzen, Vorschriften und Befehlen, die in dem Heere des Staates gelten, in dessen Gewalt
sie sich befinden. Jede Unbotmäßigkeit kann mit der erforderlichen Strenge geahndet werden.
Entwichene Kriegsgefangene, die wieder ergriffen werden, bevor es ihnen gelungen ist ihr Heer zu
erreichen, oder bevor sie das Gebiet verlassen haben, das von den Truppen, welche sie gelangen
genommen hatte, besetzt ist, unterliegen disziplinarischer Bestrafung. Kriegsgefangene, die nach
gelungener Flucht von neuem gefangen genommen werden, können für die frühere Flucht nicht
bestraft werden.

Zitat
Art. 17 Besoldung der Offiziere
Die gefangenen Offiziere erhalten dieselbe Besoldung, wie sie den Offizieren gleichen Dienstgrads in dem Lande zusteht, wo sie gefangen gehalten werden; ihre
Regierung ist zur Erstattung verpflichtet.

Der Nachweis, dass die Deppen Offiziere einer fremden Macht sind, dürfte "interessant" werden. Von Besoldung einfacher Soldaten steht da nirgends was!

Also könnte man die Deppen in einer Kaserne oder einem Lager internieren, zur Arbeit zwingen und bei "Unbotmäßigkeit" disziplinieren!
Fast schon bedauerlich, dass sie im Irrtum sind!  :shifty:
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Re: Noch mehr "Kriegsgefangene"
« Antwort #35 am: 21. April 2018, 21:04:24 »
Wenn man sich das alles mal nur im Überblick ansieht, erkennt man schnell, wie absurd der Anspruch auf Kriegsgefangenensold von Deutschen in Deutschland ist.
Erstens herrscht kein Kriegszustand, zweitens sind Deutsche in Deutschland nicht kriegsgefangen, drittens können Zivilisten keine Kriegsgefangenen sein oder werden, viertens müsste sich der Anspruch gegen einen fremden Staat richten, fünftens könnte dieser Staat eine Gegenleistung durch Arbeit verlangen und den Kriegsgefangenen Weisungen erteilen, und siebtens bestünde auch kein Anspruch auf Auszahlung vor Ende der Kriegsgefangenschaft.
Alles also völlig neben jeglicher Realität.

Deshalb geht die Kundschaft ja häufig den argumentativen Weg: Wir sind besetzt, d.h. "unser" Staat ist eigentlich nur ein handelndes Organ der Besatzungsmächte. Daraus folgt, Ansprüche sind gegenüber dem Verwaltungskonstrukt Bundesrepublik Beutschland geltend zu machen, denn einen Staat dieses Namens gibt es ja bekantlich nicht. Daher ist alles in Butter.

Sind die Sozialgerichte nicht für alle Streitigkeiten des Sozialrechts zuständig und nicht nur für die des Sozialversicherungsrechts? Unsere Schwerbehinderten und Kriegsopfer wurden dort vorstellig, wenn sich unsere Widerspruchsbescheide nicht mit ihrer Deutung der Rechtslage deckten.
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Re: Noch mehr "Kriegsgefangene"
« Antwort #36 am: 22. April 2018, 19:04:37 »
Sind die Sozialgerichte nicht für alle Streitigkeiten des Sozialrechts zuständig und nicht nur für die des Sozialversicherungsrechts? Unsere Schwerbehinderten und Kriegsopfer wurden dort vorstellig, wenn sich unsere Widerspruchsbescheide nicht mit ihrer Deutung der Rechtslage deckten.

Die Sozialgerichte sind vor allem für die Angelegenheiten zuständig, die in § 51 SGG (siehe etwa https://dejure.org/gesetze/SGG/51.html ) genannt sind. Dazu gehören neben dem Sozialversicherungsrecht auch andere Bereiche des Sozialrechts, neben den von Dir genannten etwa auch die Grundsicherung für Arbeitsuchende (vulgo Hartz IV) und die Sozialhilfe. Es gibt aber auch Bereiche des Sozialrechts wie die Jugendhilfe, wo nicht die Sozialgerichte sondern die Verwaltungsgerichte zuständig sind. Egal ob man die Bestimmungen der HLKO über Leistungen an Kriegsgefangene also dem Sozialrecht zuordnet: Die Sozialgerichte sind für Streitigkeiten darüber nicht zuständig, weil es halt kein Gesetz gibt, das dafür den Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet.
 
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Re: Noch mehr "Kriegsgefangene"
« Antwort #37 am: 22. April 2018, 19:22:22 »
Der Verweis an die Verwaltungsgerichtsbarkeit beschert den Klägern vor allem eines: Gerichtskosten.
Sie kriegen so am Ende zwar kein anderes Urteil, aber das dann noch nicht mal für lau.
 
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Re: Noch mehr "Kriegsgefangene"
« Antwort #38 am: 22. April 2018, 22:31:09 »
@dtx Ja, gewiss. Wenn ich die Entscheidung richtig deute, dann wollten aber die Kläger die Verweisung ans Verwaltungsgericht bzw. wollten ihre Klage nicht zurückziehen. Dann kann das Gericht gar nicht anders, als sich unzuständig erklären und ans zuständige Gericht verweisen.

Was die Zuständigkeit der Sozialgerichte angeht, so hilft wiederum ein Blick ins Gesetz:
Zitat
Sozialgerichtsgesetz (SGG)
§ 51




(1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten 1.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte,
2.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und der privaten Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch), auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden; dies gilt nicht für Streitigkeiten in Angelegenheiten nach § 110 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch aufgrund einer Kündigung von Versorgungsverträgen, die für Hochschulkliniken oder Plankrankenhäuser (§ 108 Nr. 1 und 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) gelten,
3.
in Angelegenheiten der gesetzlichen Unfallversicherung mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der Überwachung der Maßnahmen zur Prävention durch die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung,
4.
in Angelegenheiten der Arbeitsförderung einschließlich der übrigen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit,
4a.
in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende,
5.
in sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung,
6.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts mit Ausnahme der Streitigkeiten aufgrund der §§ 25 bis 27j des Bundesversorgungsgesetzes (Kriegsopferfürsorge), auch soweit andere Gesetze die entsprechende Anwendung dieser Vorschriften vorsehen,
6a.
in Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes,
7.
bei der Feststellung von Behinderungen und ihrem Grad sowie weiterer gesundheitlicher Merkmale, ferner der Ausstellung, Verlängerung, Berichtigung und Einziehung von Ausweisen nach § 152 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch,
8.
die aufgrund des Aufwendungsausgleichsgesetzes entstehen,
9.
(weggefallen)
10.
für die durch Gesetz der Rechtsweg vor diesen Gerichten eröffnet wird.

(2) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden auch über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Zulassung von Trägern und Maßnahmen durch fachkundige Stellen nach dem Fünften Kapitel des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Satz 1 gilt für die soziale Pflegeversicherung und die private Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch) entsprechend.

(3) Von der Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nach den Absätzen 1 und 2 ausgenommen sind Streitigkeiten in Verfahren nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die Rechtsbeziehungen nach § 69 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen.

Man sieht: Die Zuständigkeiten sind "enumerativ" aufgelistet. Von den in Absatz 1 genannten Zuständigkeiten sind nur Nr. 5 und Nr. 10 von der Art her so etwas wie Generalklauseln. Nr. 5. nennt aber eindeutig die "Angelegenheiten der Sozialversicherung", nicht etwa "Soziales". Bedingung ist also, dass es sich bei diesen Angelegenheiten um eine Versicherung handelt, die überdies Sozialversicherung ist. Kriegsgefangenensold ist aber schon mal keine Versicherungsleistung, somit auch schwerlich eine Sozialversicherungsleistung. Durch die übrigen Aufzählungen desselben Absatzes dürften aber die Angelegenheiten der Sozialversicherung weitestgehend abgedeckt sein, sodass Nr. insofern "konsumiert" ist.
Nr. 10 ist ein "unechter Gesetzesvorbehalt". Wenn in einem beliebigen Bundesgesetz eine Verweisung einer Angelegenheit an die Sozialgerichtsbarkeit enthalten ist, dann gilt diese natürlich auch, selbst wenn Nr. 10 jetzt nicht im obigen Paragrafen stünde, ausgenommen es läge ein Widerspruch zwischen zwei verschiedenen Gesetzen vor, von denen eines die betreffende Angelegenheit der Sozialgerichtsbarkeit zuwiese, das andere hingegen davon ausschlösse. Dann müsste durch Auslegung bestimmt werden, welche Gesetzesbestimmung der anderen vorgeht, worauf die Gerichte auch vorbereitet sind.
Dem Grundsatz nach gilt also: Was nicht im zitierten Paragrafen ausdrücklich den Sozialgerichten zugewiesen ist, fällt auch nicht in deren Zuständigkeit - von den "sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung" und etwaigen Zuständigkeitsbestimmungen in anderen Gesetzen abgesehen.
So weit es sich um öffentlich-rechtliche Angelegenheiten handelt, die weder der Sozialgerichtsbarkeit noch der Finanzgerichtsbarkeit zugewiesen sind und die auch nicht verfassungsrechtlicher Natur sind, fallen diese in die allgemeine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte.

Das können Andere hier sicher noch genauer und besser ausdrücken, aber vielleicht hilft dies Wenige schon mal zum grundsätzlichen Verständnis der Zuständigkeitsregeln.
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Re: Noch mehr "Kriegsgefangene"
« Antwort #39 am: 23. April 2018, 14:11:24 »
Off-Topic:
drittens können Zivilisten keine Kriegsgefangenen sein oder werden

Hierzu eine (wie ich finde) spannende Randbemerkung: Da die Politik im Krieg vielschichtig ist, ist auch das humanitäre Völkerrecht (d.h. das Recht des bewaffneten Konflikts) vielschichtig und schützt eine Reihe von Zweifelsfällen. Ich empfehle hierzu die Lektüre des Art. 4. III Genfer Konvention (1949). Während schon der rechtliche Status von Personen, die in regulären Streitkräften nicht anerkannter Regierungen eingegliedert sind (Kombattanten? Zivilisten?) nicht nur politisch spannend ist, sondern auch rechtlich äußerst spannend sein kann, gibt es auch Fälle, in denen auch Zivilpersonen ganz klar dem Wortlaut nach Anspruch auf Kriegsgefangenenstatus haben:

Zitat von: "III. Genfer Abkommen (1949)
Art. 4, lit. A
Kriegsgefangene im Sinne des vorliegenden Abkommens sind die in Feindeshand gefallenen Personen, die einer der nachstehenden Kategorien angehören:
Nr. 4
Personen, die den Streitkräften folgen, ohne in sie eingegliedert zu sein, wie zivile Besatzungsmitglieder von Militärflugzeugen, Kriegsberichterstatter, Heereslieferanten, Mitglieder von Arbeitseinheiten oder von Diensten, die für die Betreuung der Militärpersonen verantwortlich sind, sofern dieselben von den Streitkräften, die sie begleiten, zu ihrer Tätigkeit ermächtigt sind, wobei diese ihnen zu diesem Zweck eine dem beigefügten Muster entsprechende Ausweiskarte auszuhändigen haben;

Blöd halt nur, dass unsere Kundschaft sich häufig dagegen verwahrt, BRD-Personal zu sein. Hoffentlich kommt keiner der Kundschaft auf die Idee, eine Ausweiskarte i.S.d. o. zitierten Artikels zu fälschen…
Eine von VRiBGH Prof. Dr. Thomas Fischer erfundene Statistik besagt, dass 90% der Prozessgewinner die fragliche Entscheidung für beispielhaft rechtstreu halten, 20% der Unterlegenen ihnen zustimmen, hingegen von den Verlierern 30% sie für grob fehlerhaft und 40% für glatt strafbar halten.
 
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Re: Noch mehr "Kriegsgefangene"
« Antwort #40 am: 25. April 2018, 22:29:58 »
Als Nachtrag eine reine Rechtswegentscheidung des BayLSG (L 1 SV 8/17 B ER v. 10.10.17), die zweierlei lehrt:

1. Manche Behörden und Gerichte kommen mit den HLKO-Anträgen irgendwie immer noch nicht klar. 

2. Die Sozialgerichtsbarkeit ist nach wohl jetzt doch gefestigter Rechtsprechung für diesen Unsinn nicht zuständig. Damit müssen sich ggf. die Verwaltungsgerichte rumschlagen. Und jedenfalls das ist dann nicht mehr gerichtskostenfrei.

Spoiler
vorgehend SG Landshut, 17. Juli 2017, S 12 SV 9/17 ER, Beschluss

Tenor
Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten ist unzulässig. Der Rechtsstreit ...  wird an das sachlich und örtlich zuständige Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg verwiesen.

Gründe
I.
Die Antragstellerin hat mit einem am 14.06.2017 beim Sozialgericht Landshut eingegangenen Schriftsatz einen Eilantrag auf Zahlung von Unterhaltskosten nach Art. 7 der Haager Landkriegsordnung (HLKO) gestellt. Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht existiere und noch immer besetztes Gebiet sei, für das Besatzungsrecht gelte. Deutschland bedeute laut Internationaler Definition das Deutsche Reich, wie es zum 31.12.1937 bestanden habe. Dies ergebe sich auch aus Art. 116 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Gemäß Art. 7 HLKO, der ihrer Meinung nach Anwendung finde, habe die Regierung, in deren Gewalt sich die Kriegsgefangenen befinden, für ihren Unterhalt zu sorgen. Sie sei offiziell Kriegsgegner der Regierung der BRD als Vertretung der Besatzungsmacht, die kein Interesse daran habe, endlich einen Friedensvertrag mit der gesamtdeutschen Bevölkerung abzuschließen. Gemäß Art. 120 GG habe der Bund die durch die Besatzung entstehenden Aufwendungen zu tragen. Als Kriegsgefangene müsse sie behandelt werden wie ein Soldat der Bundeswehr und habe Anspruch auf Unterhalt nach der Besoldungsgruppe A2, Stufe I, bei der es sich um die niedrigste Besoldungsstufe der Bundeswehr handle. Dies seien derzeit 1.932,21 € die ihr zustehen würden. Der Antrag sei als Eilantrag zu behandeln, da die Unproduktiven ihre Existenz sehr stark gefährdet hätten und sie vor finanziellen Belastungen stehe, die sie nicht selbst verursacht habe.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 17.07.2017 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, da bereits der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit (§ 51 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) nicht eröffnet sei. Das Begehren der Antragstellerin weise keinerlei Bezug zu dem durch § 51 SGG den Sozialgerichten zugewiesenen Aufgabenbereich auf. Da auch nicht erkennbar sei, gegen welchen Adressaten sich das Begehren richte, sei auch die Verweisung auf einen anderen Rechtsweg nicht in Betracht gekommen.

Mit ihrer Beschwerde zum Landessozialgericht hat die Antragstellerin erneut auf einen vermeintlichen Anspruch nach Art. 7 HLKO verwiesen. Auf Frage des Gerichts, gegen wen sich der Antrag richte, hat sie mit Schriftsatz vom 28.08.2017 erklärt, dass die Zahlung von der Antragsgegnerin geleistet werden müsste, da sie in deren Zuständigkeitsbereich geboren und in Unfreiheit zu leben gezwungen sei.

Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 13.09.2017 zur Beschwerde Stellung genommen und darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin bereits im Februar 2016 einen entsprechenden Antrag beim Landratsamt Landshut gestellt habe. Dieser sei mit Bescheid vom 15.02.2016 unter Hinweis auf den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 15.03.2014 (S 28 SO 683/13) abgelehnt worden, da ein Anspruch danach nicht bestehe. Im Widerspruchsverfahren sei der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 04.05.2016 mitgeteilt worden, dass der Bescheid vom 15.02.2016 nichtig sei, da weder beim Landratsamt noch eine Regierung eine Zuständigkeit für die Gewährung von Unterhalt nach der HLKO gesehen werde. Daher werde über den Widerspruch auch nicht entschieden. Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) seien von der Antragstellerin nicht geltend gemacht worden.

Mit Schreiben vom 19.09.2017 sind die Beteiligten zur beabsichtigten Verweisung an das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg angehört worden.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

II.
Die Verweisung des Verfahrens beruht auf § 17a Abs. 2 S. 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG).

Der Verweisung steht nicht entgegen, dass das Sozialgericht selbst entschieden und nicht wie in § 17a Abs. 1 GVG vorgesehen, den Rechtsstreit selbst an das Verwaltungsgericht verwiesen hat. Zwar verbietet § 17a Abs. 5 GVG dem Gericht, das über das Rechtsmittel in der Hauptsache zu entscheiden hat, die Prüfung des Rechtswegs im Rechtsmittelverfahren. Dies setzt aber voraus, dass das Gericht auch eine Entscheidung in der Sache getroffen hat (BGH, Beschluss vom 23.09.1992 - I ZB 3/92 -, BGHZ 119, 246-251). Hat das Sozialgericht wie vorliegend ein Rechtsmittel wegen fehlender Rechtswegzuständigkeit als unzulässig abgewiesen anstatt richtigerweise nach § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG zu verfahren und zu verweisen, liegt keine bindende Entscheidung in der Hauptsache vor, sondern das Rechtsmittelgericht hat seinerseits die Rechtswegverweisung vorzunehmen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn eindeutig feststeht, dass und an welches Gericht zu verweisen ist (BSG, Urteil vom 16.06.1999 - B 9 V 24/98 R -; Wolff-Dellen in Breitkreuz/ Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 51, Rn. 12). Das ist vorliegend der Fall.

Es handelt sich bei dem geltend gemachten Anspruch nach Art. 7 HLKO um eine allgemeine öffentlich-rechtliche Streitigkeit, für die gemäß § 40 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte gegeben ist. Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind.

Zweifellos handelt es sich bei dem geltend gemachten Anspruch um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit, zumal die Antragstellerin Ansprüche entsprechend der Besoldungsordnung der Bundeswehr geltend macht. Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche tatsächlicher oder vermeintlicher Kriegsgefangener gegen die Bundesrepublik sind auch dann als öffentlich-rechtliche Streitigkeiten i.S.d. § 40 VwGO anzusehen und vor den Verwaltungsgerichten zu verhandeln, wenn das Rechtsverhältnis zwischen dem Gefangenen und dem Gewahrsamsstaat rein völkerrechtlich zu sehen wäre (BGH, Urteil vom 09.03.1961 - III ZR 44/60 -, BGHZ 34, 349-355; Verwaltungsrechtsweg im Ergebnis bejaht auch vom VG Augsburg, Urteil vom 22.10.2008 - Au 4 K 08.1050 -, juris). Verfassungsrechtlicher Art i.S.d. § 40 Abs. 1 VwGO wäre eine Streitigkeit nur dann, wenn Verfassungsorgane oder vergleichbar am Verfassungsleben Beteiligte um Verfassungsrecht streiten (sog. doppelte Verfassungsunmittelbarkeit), was vorliegend offensichtlich nicht der Fall ist.

Eine ausdrückliche Zuweisung an eine andere Gerichtsbarkeit besteht nicht, insbesondere besteht nach § 51 SGG keine Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit. Insoweit hat das Sozialgericht zutreffend festgestellt, dass ein Bezug zu den in § 51 SGG genannten Aufgabenbereichen nicht besteht. Die Antragstellerin macht ausdrücklich keine sozialrechtlichen Ansprüche geltend.

Die Zuständigkeit des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg als Gericht erster Instanz ergibt sich aus den Regelungen der §§ 45, 52 VwGO, wobei dahingestellt bleiben kann, ob vorliegend die allgemeine Zuständigkeitsregelung in § 52 Nr. 3 oder die Sonderzuständigkeit in § 52 Nr. 4 VwGO zu beachten ist, da sich hieraus letztendlich keine andere Folgerung ergibt. Sowohl die Antragstellerin als auch die von ihr benannte Antragsgegnerin haben ihren Sitz bzw. Wohnsitz im Zuständigkeitsbereich des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg.

Ob die Antragsgegnerin zur Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch befugt ist (Passivlegitimation) und ob der Anspruch besteht, ist vom zuständigen Gericht zu entscheiden.

Eine Kostenentscheidung unterbleibt wegen § 17b Abs. 2 GVG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar. Die Beschwerde zum Bundessozialgericht wird vom Senat nicht zugelassen, da weder eine Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung vorliegt noch der Senat von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofs des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht (§ 17a Abs. 4 GVG).
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