Die Neugierde hat mich am Ende doch nicht losgelassen und ich habe mir ein Exemplar von Speitelsbachs Buch gekauft.
https://www.amazon.de/Information-Chaos-Atomkernalgorithmus-Volumenberechnung-2D-Bildern/dp/3837216993Natürlich gebraucht, um keinen Kunden finanziell zu unterstützen.
Ich möchte euch hier ein paar Eindrücke und Kostproben vorstellen. Die Ausschnitte sind durch ihren geringen Umfang hoffentlich noch Urheberechtskonform. Ich nehme da aber gerne Hinweise von Personen (und ebenso von Menschen) entgegen, die juristisch bewanderter sind als ich.
Das Buch vermittelt auf mich den Eindruck, als habe er angefangen eine Doktorarbeit zu entwerfen, so wie wissenschaftliche Mitarbeiter an Universitäten das halt tun, und wäre dann irgendwo während des Schreibens falsch abgebogen.
Wie dieses falsche Abbiegen konkret aussah geht aus dem Buch nicht klar hervor, ein paar Hinweise gibt es aber.
Ich kann natürlich keine Garantie dafür übernehmen, dass ich Speitelsbachs Gedankengänge hier richtig verstehe. Das liegt einerseits daran, dass ich bei vielen der ganz unterschiedlichen Themen die er in dem Buch streift ein Laie bin. Andererseits hat er seine Gedankengänge nicht nachvollziehbar oder auch nur zusammenhängend aufgeschrieben. Meine Interpretationen davon, wo er mit dem Text mal hinwollte, sind also spekulativ.
Sein Ziel war wohl (bedenkt: spekulativ) eine Software, mit der aus einem Röntgenbild der abgebildete dreidimensionale Körper in einer Art-Voxel-Darstellung rekonstruiert wird. Einer seiner Ansätze soll wohl darauf hinauslaufen, dass man aus einem Röntgenbild eines Zylinders mit homogenen Absorptionseigenschaften wieder diesen Zylinder rekonstruieren kann. Für alle anderen Beispiele fehlen ihm aber solche zusätzlichen Informationen. Diese fehlenden Informationen versucht er dann aus seiner „Weltformel“ Information = Chaos herzuleiten.
Das Institut, an welchem er beschäftigt war, setzt in der Forschung durchaus Computertomografen ein, es ist also nicht mal ausgeschlossen, dass diese Idee irgendetwas mit seiner wissenschaftlichen Arbeit zu tun hatte.
Ich zeige euch mal als ersten Ausschnitt das Inhaltverzeichnis.
Der Aufbau lässt vermuten, dass er sich am Aufbau einer Doktorarbeit orientiert hat. Es gibt Kapitel über physikalische Grundlagen und über mathematische Grundlagen. Diese wären aber bei den meisten ingenieurwissenschaftlichen Arbeiten wohl eher vor der Beschreibung des Gesamtalgorithmus gelandet. Man kann aber schon an den Kapitelüberschriften sehen, dass dort wild Überlegungen aus verschiedenen Themen gemischt werden. Bei einigen Überschriften kann man sich vorstellen, dass die was mit seiner Software zu tun haben könnten, bei anderen aber wirklich nicht.
Schon im Vorwort geht es wild durcheinander. Er dankt seiner Freundin, der hier mehrfach besprochenen Tabea. Dort nennt er das Buch auch „Arbeit“, was meine These stützt, dass aus dem Entwurf mal seine Doktorarbeit werden sollte.
Seine Grundlagen-Kapitel hat er anscheinend in einen Entwurf der Gliederung eingefügt und ein paar Stichworte eingetippt. Das Kapitel 2 ist über ein paar Stichworte nie hinausgekommen.
Das gleiche gilt für sein Quellenverzeichnis ganz am Ende:
In dem Anhang wie im Vorwort findet man ein wirres Sammelsurium einzelner Vokabeln, die er in seinem Ingenieurstudium aufgeschnappt haben kann und völlig zusammenhanglosen anderen Gedankengängen.
Weitere Beispiele dafür, dass er tatsächlich ingenieurmäßig sinnvolle Werkzeuge einbauen wollte sind die folgenden beiden Ausschnitte:
Verschiedene Mittelwerte, mathematische Normen und das Gauß-Seidel-Verfahren sind tatsächlich wertvolle Werkzeuge in der einen oder anderen Ingenieurdisziplin, aber seine Darstellung geht kaum über die Hausarbeit eines Erstsemesters hinaus, der in der Ingenieurmathematik I nur mal zufällig und verkatert anwesend war. Er nennt auch seine Kapitel 5.3 und 5.4 (die wirklich vollständig in diesem Auszug abgebildet sind, beide „Mittelwert“, obwohl er in zweiterem eindeutig den Median beschreibt. Das ist eine Größe, die in den Ingenieurwissenschaften weniger Anwendung findet als andere Mittelwerte, dafür in den Sozialwissenschaften häufig hilfreich ist.
Spätestens im Abschnitt 7.3 zu Berechnung mit Nebenbedingungen ist er endgültig abgedriftet. Seine „Methoden“ haben keinen erkennbaren Bezug mehr zu dem von mir vermuteten Thema. Nach den „Methoden“ kommt ein Einschub zum Holocaust. Das dieser Abschnitt nichts mit dem Thema zu tun hat ist noch das Netteste was man darüber sagen kann.
Ein ähnlicher Einschub folgt später zu Thema Drogen. Hier findet man zwischen den Holocaust-Vergleichen viel (unsachliche) Psychiatrie-Kritik. Falls er sich zu dem Zeitpunkt, an dem er dies schrieb, in psychiatrischer Behandlung befand, wäre das ein Hinweis auf den Hintergrund des falschen Abbiegens. Ich wäre nicht der erste in diesem Forum, der eine psychische Erkrankung bei Speitelsbach vermutete.
Insgesamt findet sich in dem Buch ein buntes (und auch braunes) Mischmasch aus grundlegend ingenieurwissenschaftlichen Ideen, Wissenschaftskritik, Staatskritik, Zensurbehauptungen, Geschichtsrevisionismus und schlichter Menschverachtung.
Normalerweise verbinden wir mit unserer Kundschaft ja auch einen nicht ganz zu vernachlässigenden Unterhaltungseffekt. Den habe ich hier nicht im Geringsten gefunden. Das Buch ist nicht interessant, weder inhaltlich noch aus der Position des Anti-Reichsdeppen-Agenten. Es ist schlicht zusammenhangloser Unsinn verschiedenster Sorte.
Bei Interesse an spezifischen Kapiteln aus dem Inhaltverzeichnis, bitte melden.