Nach den vielen Prozessberichten versuche ich mich heute mal in einer anderen Disziplin, einem Theater-Bericht für den Feuilleton des Sonnenstaatlandes. Ich war heute bei oben benanntem Stück, zunächst nur widerwillig, aber ich habe es nicht bereut.
Die Zuschauenden sitzen in der Mitte eines Raumes auf Pappkisten, eine Bühne gibt es nicht. An allen 4 Seiten werden Videos projeziert. Dargeboten wird das Stück von 4 Darstellenden. Zunächst standen diese nebeneinander und begannen abwechselnd den Text von Monis Gründungsrede des Staatenbundes Österreich herunterzubeten. Im Hintergrund wurde der Text "Staatenbund Österreich" projeziert, unterbrochen von Blenden in den Saal der damaligen Gründungsfeierlichkeiten. Auf einem Laptop an der Seite war Moni zu sehen, so dass eingeweihten Zuschauenden klar wurde, worum es eigentlich geht. Wenn im Originalvideo Moni von tosendem Applaus im Saal unterbrochen wurde machten die Sprecher auch eine Pause. Das Publikum im Theater blieb jedoch still und guckte zunächst erwartungsvoll, dann verwirrt in die ausdruckslosen Gesichter der Schauspieler. Diese konnten sich mitunter ein Grinsen nicht verkneifen, ob dies beabsichtigt und Teil der Performance war ließ sich nicht klären.
Nach dem etwas länglichen Teil zum Staatenbund wurde es lebhafter mit einem Rap, unterlegt von Bildern unserer Ursache und Szenen von Polizeigewalt. Für Verstörung sorgte dann als nächstes ein synchron nachgesprochenes Video von Freeman Joe in dem er den Holocaust leugnete. Dann wieder Adrian, zunächst mit seinem Hafensänger-Auftritt.
Jetzt folgte eine Performance mitten im Publikum Dort wurde eine Papierkorb ausgeleert und alle möglichen amtlich aussehenden Dokumente in einen Schredder geschoben, Personalausweis, Krankenkassenkarte, Führerschein und Kreditkarte wurden mit einer Schere zerlegt. Aus dem dazu gesprochen Text ergab sich, dass es sich um die Nachstellung eines Videos von Ingo Köth handeln müsste.
Nun folgte wieder der schöne Adrian. Diesmal bei einem Vortrag bei dem er gerade ein Video von seinem Hafensängerauftritt zeigen wollte, dies aber nur auf der Seite liegend hinbekam. Eine Schauspielerin schnappte sich drauf hin den Beamer und drehte diesen auf die Seite. Der Kampf mit der Technik in dem Video wurde von den Darstellern eins zu eins nachgespielt. Es folgte ein vehementer Auftritt des Urians. Anhand des Zusammenzuckens einiger Zuschauenden wurde der Auftritt durch den Darsteller im Theater sehr wirklichkeitsnah dargestellt. Es folgte ein Streitgespräch von Adrian mit einem Wolfgang. Da Adrian etwas davon sagte, dass er in Nürnberg leider nicht dabei sein könne, vermute ich, dass es sich um Wolfgang Plan handeln dürfte. Das Streitgespräch fand mitten im Publikum statt, ab jetzt waren wir mitten im Geschehen.
Durch die ständig wechselnden Spielorte wurde das Publikum zunehmend desorientiert. Teilweise liefen mehrere Videos gleichzeitig und dementsprechend sprachen auch mehrere Schauspieler gleichzeitig. So spielte zum Beispiel auf einer Seite des Raumes der Zopfkönig auf der Leinwand Klavier, ein Schauspieler davor. Auf der anderen Seite des Raumes trällerte Fitzek dagegen gerade die Geschichte der Gründung des Königreiches herunter, vorgetragen durch eine Schauspielerin.
Weitere Highlights waren bahnbrechende Erkenntnisse zum Erdmagnetismus mit uns DDR-Ingo sowie Geschwafel zum Seerecht von Maria bei Wake-News. Dort wurde die bahnbrechende Erkenntnis präsentiert, dass solange die Polizei noch grüne Autos hatte das Bodenrecht galt, seit Polizeiautos aber blau sind würde das Seerecht gelten. Das Publikum lachte schallend.
Jetzt nahm sich die Theatertruppe noch selbst auf die Schippe. Einer der Schauspieltr stellte sich mit einer großen Karte des Deuschen Reiches, solch eine wie es früher im Schulunterricht gab, mitten ins Publikum. Beim umständlichen Öffnen der Karte mussten die Zuschauenden darauf achten, dass Ding nicht vor den Kopf zu bekommen. Der Schauspieler stellte dabei eine Rede nach, die er selbst bei den Hagener Soziologietagen gehalten hatte. Am anderen Ende des Raumes quatschte ein Reichsbürger dagegen.
Nun wurde die Dosis langsam gesteigert, es wurden immer mehr Videos gleichzeitig und mit zunehmender Geschwindigkeit abgespielt. Wieder dabei die Ursache und Wolfgang Plan. Abgeschlossen wurde die Vorstellung mit einem Video im Wohnzimmer eines Reichsdeppen. Dort schien so eine Art psychiatrische Begutachtung stattzufinden. Der Reichsbürger selbst war nicht zu sehen, filmte den ungebetenen Besucher anscheinend von der Treppe. Der Psychiater versuchte sich das Vertrauen des Untersuchungsobjektes zu erschleichen, indem er Interesse an dem reichsdeppischen Quark äußerte. Der Reichsdepp antwortete zunächst nur mit einer Litanei zum Thema Unterschrift. Der Psychiater war recht interessiert und versicherte dem Dozenten, dass er als Mediziner ja keine Ahnung von solchen Dingen hätte und der Reichi als Tischler das sicher besser wisse.
Das Video endete plötzlich, die Darsteller verließen den Raum und zurück blieb ein verwirrtes Publikum im Dunklen.
Als begriffen wurde, dass das Stück jetzt zuende sei folgte aber frenetischer Beifall.
Meine Nachbbarin war mit dem letzten Video überfordert und fragte mich, wie ich das verstanden hätte. Ich begann ihre was über Betreuung und die dazu notwendigen Voraussetzungen zu erzählen und wir kamen über die Reichsbürger im Allgemeinen ins Gespräch. Sie hörte interessiert zu. Im Vorraum angekommen sprach sie dann die ihr offesichtlich bekannten Schauspieler an und meinte, dass sei da einen Experten getroffen hätte. Als der eine Schauspieler dann fragte, ob ich der Müllmann sei, war ich doch etwas überrascht.
Jedenfalls haben wir uns noch gut über die Kundschaft unterhalten. Die Darsteller sind eifrige Nutzer des Sonnenstaatlandes. Die Videos werden übrigens für jede Aufführung etwas anders zusammengestellt. Es gibt noch am Montag, den 16.10. und Dienstag den 17.10. Gelegenheit sich das Stück anzugucken. Wer also in Berlin ist und Zeit hat, kann dies gerne machen. Am Montag findet nach der Vorstellung noch eine Gesprächsrunde mit den Darstellern statt, fachkundiges Publikum ist da sicher gerne gesehen.
Die 15 Euro waren jedenfalls gut für einen schönen Abend investiert.