Das eigentlich Witzige hier ist mMn*, dass die Verteidigung parallel dazu immer wieder versucht darzustellen Herr Model sei ja sehr reumütig und bedauere sein Verhalten. Auch habe er Nichts mit Staatverweigerern gemein.
Aber gleichzeitig treibt man die Klage bis zur letzten Instanz und will nun, wo das Urteil rechtskräftig ist, sogar vor den Europäischen Gerichtshof ziehen.
Das empfinde ich irgendwie als widersprüchlich, ein reumütiger Mensch der seine Fehler eingesehen hat würde doch die Strafe akzeptieren und von dannen ziehen, anstatt zu querulieren.
Ja, Moment: Dass er
reumütig sei (also es ihm dem betroffenen Personal der Firma Republik Österreich gegenüber leid tue, eine staatsfeindliche Verbindung unterstützt zu haben), hat bei näherem Hinsehen nie jemand behauptet, auch nicht seine Verteidigung.
Dass er sein Verhalten bedauert, schon. Aber das Bedauern gründet augenscheinlich mehr auf den Unannehmlichkeiten, die ihm selbst dadurch entstanden sind, also der Strafverfolgung durch die österreichischen Behörden, deren Urteilen und der medialen Berichterstattung darüber. Dass er Menschen (nämlich die Pappnasen) falsch eingeschätzt habe und von diesen getäuscht worden sei, hat Model durchaus sowohl im Prozess als auch später gegenüber den Medien artikuliert. Mit anderen Worten:
Selbstmitleid. Dieses hat ihm auch die Sexualstraftatenrichterin B1 mit markigen Worten vorgeworfen.
Sein angekündigter Gang vor den EGMR ist, so gesehen, nicht inkonsequent. Fragt sich allerdings, ob diese voraussichtlich medienwirksame Fortsetzung der Geschichte dann in seinem Sinne ausgeht, selbst wenn das Urteil zu seinen Gunsten ausfallen sollte.
Ich sage nur: Streisand-Effekt.
Wie schon an anderer Stelle gesagt, ich kaufe Herrn Model weder ab[er], dass er staatverweigernden Werten nicht nahe steht noch seine Aussage er habe hier reumütig seine Fehler eingesehen.
Da passt einfach weder sein Verhalten dazu, noch seine Aussagen v.a. seine Versuche sich zu rechtfertigen hören sich wieder nach staatsverweigernder Querulant an.
Hier haben wir vielleicht auch ein Problem bei den Begrifflichkeiten.
"Staatsverweigerer" wie beispielsweise Marcus Steiner, Monika Unger, Carl Peter Hofmann und andere gehören zwar unterschiedlichen Gruppierungen an, sind aber dennoch ganz klar als Angehörige einer Szene identifizierbar, die - bei aller Heterogenität - gewisse Merkmale und typische Verhaltensmuster aufweist. Zentral ist etwa die Leugnung der Tatsache, dass es sich bei der Republik Österreich um einen Staat handle, statt dessen wird behauptet, es sei eine "Firma". Weiters führt das Gedankengut zu "speziellem" Verhalten gegenüber Behörden (z.B. bei Polizeikontrollen, wir kennen alle die Videos, oder z.B. "Papierterrorismus"), und ein sehr geläufiges Verhaltensmuster sind spezielle Schreibweisen des Namens, sei es mit Kleinbuchstaben oder Doppelpunkten, oft verbunden mit Daumenabdrücken. Ausserdem stellen sich echte "Staatsverweigerer" normalerweise Fantasiedokumente aus, allermindestens eine "Lebenderklärung". Hinzu kommt, dass, wer sich in dieser Szene bewegt, Szenegrössen wie Moni oder den Pöter für gewöhnlich mindestens vom Hörensagen kennt.
Betrachten wir nun Model, dann:
- leugnet er nicht die Existenz von Staaten und bezeichnet diese nicht als "Firma"
- ist er gegenüber Behörden weder durch "Papierterrorismus" noch durch anderes Staatsverweigerer-typisches Verhalten aufgefallen
- hat er zwar den ICCJV-"Gründungsvertrag" mit Kleinbuchstaben und Daumenabdruck unterschrieben, weil das alle so machten, praktiziert dies ansonsten jedoch nicht
- hat er keine "Lebenderklärung", und die grosse "Wichtigkeit" der Unterscheidung von "Mensch" und "Person", wie sie von Staatsverweigerern gesehen wird, scheint ihm nicht geläufig zu sein. Das einzige Fantasiedokument, das er besessen hat, dürfte sein ICCJV-Ausweis als "Justice of the Peace" gewesen sein und der einzige von ihm bekannte Text, der entfernt an so etwas wie eine "Lebenderklärung" erinnert, ist seine "Unabhängigkeitserklärung" auf der Modelhof-Webseite.
- hatte er beim Prozess vor einem Jahr keine Ahnung, wer Monika Unger ist, und ich wette, er hat auch nie von den anderen Szenegranden gehört, sofern sie nicht im ICCJV waren.
- hat er eine Tochter, die Rechtsanwältin ist, was bei "Staatsverweigerern" auch so gut wie undenkbar wäre (zumindest würden sie ihre Kinder wohl verstossen, wenn diese im "System" eine solche Karriere beginnen)
Für mich ergibt sich aus dieser Betrachtung, dass es zu undifferenziert wäre, Model einfach als "Staatsverweigerer" wie jeden anderen zu betrachten.
Man kann sicher sagen, dass er mit Vertretern dieser Szene angebandelt hat und irgendwie von ihnen fasziniert war, eines ihrer Projekte (nämlich den ICCJV) auch unterstützte - aber sich selbst dabei das Gedankengut dieser Menschen nie so weit zu eigen gemacht oder auch nur gedanklich soweit durchdrungen hat, dass man ihn mit Recht als gewöhnlichen Vertreter dieser Szene bezeichnen könnte.
Das ist erst mal keine Entschuldigung für Models Verhalten, nur eine Klärung der Begrifflichkeiten. Für mich ist er somit kein "Staatsverweigerer".
Berührungsängste mit Vertretern von, sagen wir, fragwürdigem Gedankengut hat Model offensichtlich weiterhin nicht. Im Gegenteil, wie aus Trotz gegen seine österreichische Misere enthält der Veranstaltungskalender des Modelhofs für 2022 und 2023 noch mehr Vorträge als sonst, und neuerdings sind Namen wie Ricardo Leppe, Christina von Dreien, Erich von Däniken und Armin Risi dabei. Verschwörungsideologen also, deren Gedankengut sich durchaus im Umfeld von Staatsverweigerern bewegt.
Und trotzdem muss ich auch sagen: Aus Models Verhalten werde ich wirklich nicht schlau. Umso weniger nach dem Video, das vor einer Woche aufgetaucht ist und das ihn wohl bei dem Anlass zeigt, bei dem er Landschützer und den ICCJV kennengelernt hat.
Offensichtlich war das nämlich nicht irgend so eine Allerwelts-Esoterik-Veranstaltung, auf der zufällig auch Joe Kreissl auftrat und Willibald Landschützer als Zuschauer zugegen war (wie es Model in der Verhandlung beschrieben hat).
Nein: Es war eine astreines Staatsverweigerer-Event in irgendeinem heruntergekommenen Veranstaltungslokal, wo es ein Multimillionärs-Ehepaar sicher nicht einfach so hinverschlägt.
Man kann sich wirklich fragen, wie es dazu kam. Ich habe darauf keine Antwort.
Vielleicht ist Model halt wirklich einfach dumm.