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Fitzek allein soll 5000 Gefolgsleute haben. Er lockt sie vor allem mit dem Versprechen, keine Steuern zu erheben. Pfennig spricht von einer "riesigen Betrugsmasche", die Fitzek hohe Einnahmen durch Spenden und teure Seminare beschert. Mit dem Geld betreibt der selbsternannte "König" Banken, was ihm die Finanzaufsicht immer wieder untersagte. Das Landgericht Halle verurteilte Fitzek 2017 dafür, doch ein Jahr später hob der Bundesgerichtshof das Urteil wieder auf, das Verfahren wurde eingestellt.
Das KRD schreibt auf Anfrage, es gebe weder unerlaubte Bankgeschäfte noch Betrug im "Königreich". Dazu verweist es auf das aufgehobene Urteil. Das KRD ermögliche es Angehörigen, legal "einen steuerfreien Betrieb" zu eröffnen. Zudem sei das KRD "in keiner Weise extremistisch", es stehe "für Freiwilligkeit, Kooperation und Völkerverständigung". Der Verfassungsschutz wolle sie diffamieren oder sei falsch informiert.
Was will "König" Fitzek in Rutenberg?
Fitzek und das KRD suchen nun verstärkt nach Immobilien, um "Gemeinwohldörfer" aufzubauen - autonome Reichsbürger-Enklaven. In Sachsen kaufte das KRD für diesen Zweck zwei Schlösser, es flossen Millionenbeträge. Aber was will Fitzek in Rutenberg?
Das KRD schreibt dazu generell, es sei daran interessiert, "mit verschiedenen Kooperationspartnern Projekte zur Lebensmittelversorgung zu initiieren".
In Rutenberg hat Verfassungsschützer Pfennig ein Video vom November 2022 dabei, in dem das KRD konkreter wird. Es stammt von dessen Videoportal, inzwischen wurde es dort wieder gelöscht. Zu sehen ist darin auf einer Bühne ein bekannter "Staatsangehöriger" des KRD, der erklärt, aus dem Gutshof in Rutenberg - sowie den 44 Hektar Land am Ortsrand - solle ein "Staatsbetrieb" werden, der Fitzeks Reich mittels Bio-Landwirtschaft versorge.
Der besagte Gutshof trägt den Namen "Naturscheune" und liegt keine 200 Meter vom "Rehof" die Straße runter: ein roter Backsteinhof mit brüchiger Mauer, im Vorgarten eine Baustelle, Beete, eine Buddha-Statue. Männer mit langen Haaren und Wollmützen laufen über die Einfahrt.
Das ganze Projekt nennt sich "WaldGartenBau" und ist angeblich nur das erste von vielen, um das KRD autark zu machen. Dieser Zweck der Landnahme sei für die Organisation "ein gewisses Novum", sagt Verfassungsschützer Pfennig. Die Methode nicht: "Was gerade in Rutenberg passiert, passiert auch woanders."
Die versammelten Rutenberger beruhigt das natürlich nicht. "Ein Staat im Staate, wo gibt's denn so was?", fragt jemand empört. Warum greife denn der echte Staat nicht durch?
In Deutschland haben auch Extremisten Rechte
So leicht gehe das nicht, sagt Pfennig, "auch Extremisten haben Rechte". Der Verfassungsschutz könne niemandem verbieten, Grundstücke an Privatleute zu verkaufen. Doch mitunter warne er potenzielle Verkäufer telefonisch. "Wie kann sich Rutenberg dann wehren?", fragt eine Frau. Indem Bürger etwa auf die Straße gehen, doch am Ende müsse der Weg sein, "Leuten wie Fitzek keinen Glauben zu schenken", sagt Pfennig.
Mindestens zwei der Männer von der "Naturscheune" sind beim Krisentreffen des Dorfes anwesend. Ganz hinten im Raum lehnen sie am Fenster und hören mit ungerührten Gesichtern zu. Darunter ist der Betreiber des Gutshofs - hochgewachsen, schwarzer Bart, die Hände in den Taschen seiner Zimmermannshose.
Lange ignorieren ihn die Dorfbewohner, dann wenden sie sich auf den Bierbänken doch nach ihm um: Ob er und sein Hof dem KRD angehören? "Nicht direkt", antwortet er. Tatsächlich ordnet ihn der Verfassungsschutz dem "Königreich" zu, in dem erwähnten Video ist er ebenfalls auf der Bühne zu sehen. Die Leute grummeln laut, schütteln mit dem Kopf. Eine Rutenbergerin steht auf: "Keiner hat was gegen Biogemüse im Dorf, aber gegen eine verfassungsfeindliche Organisation." Sie wolle niemanden ausgrenzen, "doch wir müssen uns hier als Dorf zusammenschließen, als Dorf positionieren". Und zwar klar für Demokratie und gegen den KRD.
Martin Hansen vom "Rehof", selbst in Pulli und Zimmermannshose, läuft nach diesem ersten Treffen noch über seine Baustellen. Früher errichtete er Filmkulissen, jetzt Ferienhäuser. Eine ganze Siedlung davon plant er hier in Rutenberg, samt einer neuen Straße. "Dieses Dorf wird gut", sagt er. Es habe deutlich gezeigt, dass es sich der Ausbreitung des KRD widersetzen will. Sei es, indem man auf potenzielle Verkäufer einwirkt oder die anvisierten Grundstücke selbst kauft.
Außerdem hole die mediale Aufmerksamkeit nun auch die Ämter "aus dem Behördenschlaf", so Hansen. Wen auch immer das KRD künftig nach Rutenberg lockt, der soll spüren: Das ganze Dorf ist informiert und dagegen. Und darüber hinaus? Hansen zuckt mit den Schultern. "Kann man nicht viel machen, ne?"