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Der als "Reichsbürger" eingestufte Selbstverwalter Peter Fitzek, in der Öffentlichkeit auch als selbsternannter "König von Deutschland" bekannt, besichtigt Grundstücke bei Lychen. Was hat der Mann dort vor? Eine Spurensuche von P. Huth und G.-S. Russew
Es ist August 2022, im uckermärkischen Rutenberg, einem Ortsteil von Lychen, wird ein Mann mit in einem brandneuen BMW mit weißen Ledersitzen gesichtet. Der Wagen stoppt nahe dem Grundstück von Mathias Duwenhögger. "Ich saß bei mir vor dem Haus auf der Terrasse und sah, wie ein Mann mit nach hinten gegeltem Haar und Pferdeschwanz aus dem Wagen stieg", berichtete Tischler Duwenhögger. Die Szenerie sei ihm auch deswegen so präsent geblieben, weil dem Wagen auch eine Frau in einem Brautkleid entstieg. Es kam dem Rutenberger sehr skurril vor.
Verfassungsschutz rechnet Fitzek den "Reichsbürgern" zu
Tage später machte es bei Duwenhögger klick: In einer TV-Reportage erkannte er den Mann mit gegeltem Haar und Pferdeschwanz wieder. Es war Peter Fitzek - selbsternannter "König von Deutschland" und "Selbstverwalter".
Der sächsische Verfassungsschutz rechnet Fitzek den "Reichsbürgern" zu. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat ihm mehrfach unerlaubte Geschäfte seiner "Gemeinwohlkasse" untersagt.
Verfassungsschutz alarmiert
Fitzeks "Königreich Deutschland" hat seinen Sitz in Wittenberg (Sachsen-Anhalt). Vom sächsischen Verfassungsschutz heißt es, dass "Königreich" leugne die geltenden Rechts- und Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland.
"Es will pseudo-legitimierte Parallelstrukturen zu real existierenden staatlichen und wirtschaftlichen Strukturen wie beispielsweise dem Steuer- und Finanzwesen sowie dem sozialen Sicherungssystem aufbauen", beschrieb es der sächsische Landesverfassungschef Dirk-Martin Christian im März in einer Art Warnschreiben an Kommunalpolitiker. Fitzek sei für seine Ziele auf die Ersparnisse beziehungsweise Finanzeinlagen seiner "Bewohner" zwingend angewiesen. Es bestehe die Gefahr, dass sich weitere extremistische, sektenähnliche Siedlungsgemeinschaften herausbildeten.
So hat Fitzek in Sachsen beispielsweise zwei heruntergekommene Schlösser gekauft. In Bärwalde und Eibenstock sollen "Gemeinwohldörfer" errichtet werden. Nach Fitzeks Vorstellungen sollen sich die Dörfer "unabhängig von alten Systemstrukturen versorgen". Der Verfassungsschutz ist alarmiert.
"Völkische Landnahme" in Rutenberg?
Ob Fitzek sich jetzt auch "Nebengelasse" seines "Königreichs" in der Uckermark zulegen will, ist nicht bekannt. Tischler Duwenhögger will aber schon den Anfängen wehren und zusammen mit seiner Frau eine sogenannte "völkische Landnahme" in Rutenberg unbedingt verhindern. Hierzu hat er mit anderen am vergangenen Donnerstag in der Evangelischen Stadtkirche von Lychen eine Infoveranstaltung durchgeführt. "Je mehr ich mich damit beschäftigt habe, umso unheimlicher ist mir das ganze Konstrukt 'Königreich Deutschland' geworden: So ein autokratisches System mit einem selbsternannten Despoten an der Spitze, der im Grunde seine Bürger abzockt und verarscht aufs Übelste", sagte Duwenhögger dem rbb dazu.
Allerdings, so vermutet es der Tischler, habe Fitzek bei seinen Nachbarn, dem Projekt "Naturscheune", seine Finger bereits im Spiel. So ergeben rbb-Recherchen, dass Peter Fitzek schon zweimal die "Naturscheune" im Lychener Ortsteil Rutenberg aufgesucht hat.
Fitzeks Bemühungen bei Verfassungsschützern bekannt
Der Brandenburger Verfassungsschutz verfolgt auch, inwieweit Fitzek nach Rutenberg greift. "Das, was er vorhat, ist die Demokratie zu beseitigen", sagte Michael Hüllen vom Brandenburger Verfassungsschutz dem rbb. "Deshalb wird die Gruppierung beobachtet. Und wir beobachten schon seit einigen Jahren, dass Peter Fitzek versucht, in den ostdeutschen Bundesländern - auch in Brandenburg - entsprechende Grundstücke, Häuser und Ländereien aufzukaufen."
Fitzeks Mittelsmann des Öfteren in Rutenberg gesichtet
Pikant ist auch eine andere Beobachtung Duwenhöggers. Immer wieder soll in der "Naturscheune" ein Mittelsmann von Fitzek aufgetaucht sein, der Immobiliendeals nie selbst tätigt. Bei diesem soll es sich nach Angaben des Tischlers um Dirk Schneider handeln. Dieser soll nach rbb-Recherchen immer wieder bei Grundstücksangelegenheiten für Fitzek auftreten. So auch in Rutenberg: "Der ist oft bei meinem Nachbarn zu Gast, heißt Dirk Schneider, fungiert als Bindeglied zwischen Herrn Fitzek und meinem Nachbarn, um sicherzustellen, dass das Projekt auch so läuft wie Herr Fitzek das gern hätte", erklärte Mathias Duwenhögger. Auf eine schriftliche Anfrage, die der rbb Schneider per Mail zusendete, antwortete er nicht.
Der Besitzer des "Naturscheune"-Hofes - Stefan Ziemer, der vor vier Jahren aus Niedersachsen in die Uckermark kam - bestätigt im rbb-Gespräch zwar Kontakte zu Fitzek, bestreitet aber, dass sein Projekt sich dem "Königreich" angeschlossen hat. Ein Indiz für das Gegenteil ist aber die sich noch im Aufbau befindliche Website der "Naturscheune" - naturscheune.info. Überschrieben ist diese mit "WaldGartenBau - Staatsbetrieb im KRD". Dabei steht KRD für "Königreich Deutschland".
Im Projekt "Naturscheune", bei dem zeitweise bis zu 30 Leute mitarbeiten, sollen ein Bioladen, ein Café, Seminarräume und Gästeunterkünfte sowie eine Gemüse-Gärtnerei entstehen. Bisher ist es eine Baustelle.