Die Ehre Wittenbergs sich als Lutherstadt bezeichnen zu können hat auch so ihre Schattenseiten. Denn das evangelische Mekka des Ostens scheint unweigerlich Personen anzuziehen, die zwischen Protestantismus und Protest nicht unterscheiden können. Da tauchen alle paar Monate Gestalten oder Gruppen auf und ab, die sich berufen sehen die Welt mit ihren schon vorab vernagelten Thesen zu beglücken.
Kenner der Szene schätzen, dass es neben "Seiner Souveränität" in Wittenberg und dem Umland konstant an die zwanzig weitere, teils sehr fragwürdige Personen und Vereinigungen gibt, die zu ihrem eigenen Ärger viel erfolgloser als das KRD um Aufmerksamkeit und Wahrnehmung buhlen. Wobei die Einwohner wie wohl auch die Behörden über die Jahre gelernt haben, dass ein mildes Lächeln in den meisten Fällen die erfolgreichste Strategie ist, nervtötende Belästigungen und größere Probleme zu vermeiden.
Denn viele der "Spinner" sind zwar arg verschroben und unbelehrbar aber andererseits weitgehend harmlos, solange sie ihrem jeweiligen Wahn frönen können. Nur bei Widerspruch oder auch so empfundenen behördlichen Akten sind manche schnell gereizt und können im Einzelfall schwer kalkulierbar reagieren weswegen eine gewisse Vorsicht im Umgang mit solch einer Klientel allgemein verbreitet ist.
Dieser Umgang hat sich schon seit Jahren bewährt, weil sich die meisten Ideen mangels Sinn, Zuspruch und Aufmerksamkeit einfach von selbst totlaufen und dann ohne weiteres Aufheben wieder von der Bildfläche verschwinden. Und seitens der Behörden ist davon auszugehen, dass man meist wahrlich wichtigeres zu tun hat als sich zeit- und energieraubend mit Querulanten und Quartalsgestörten zu beschäftigen.
Alle Jahre wächst aber dann wieder doch eine wahrnehmbare Sumpfblüte aus dem Morast der Dummheit und erlangt ab einem gewissen Bekanntheitsgrad und je nach Intention die kritische Masse, die es erforderlich macht von der sonst üblichen und durchaus wirksamen Strategie der mild lächelnden Ignoranz abzuweichen.
Da gab es schon vor Jahren den Krebs-Wunderheiler Karl Pilsl, der erst erfolgreich aus dem Verkehr gezogen werden konnte, als einige seiner Gläubiger auf ihn aufmerksam wurden. Danach ein paar eher religiös auffällige Gestalten, die sich aber weitgehend selbst erledigt haben. Und dann die sehr gefährliche Gestalt Matthias Rath, der Krebs und AIDS (sowie jetzt aktuell angeblich auch noch Ebola!) mit Vitaminen "heilt"; bis zum mehrfachen Exitus.
Ganz großer Auftritt in Wittenberg mit Niederlassungen, Stiftung, Akademie (letztere ist dort wohl noch immer aktiv!), Massenveranstaltungen etc. Es wurde immer wieder berichtet, dass Fitzek sich damals schon in dem Umfeld bewegt hat und sich vieles von Rath abgeschaut und abgekupfert hat, was durchaus wahrscheinlich ist. Denn auch vermeintliche Halbgötter erben voneinander gern die Eigenschaften und die Gläubigen.
Das jetzige Problem Wittenbergs mit Herrn Fitzek ist vermutlich auch, dass er einerseits nicht so gefährlich ist wie die vermeintlichen Wunderheiler und sich andererseits vorrangig mit Bundesbehörden wie der BaFin anlegt, was dann überhaupt nicht in den Kompetenzbereich der Stadt Wittenberg fällt. Und staatliche Großeinsätze wegen eher lapidarer Petitessen wie Fassadenwerbung etc. könnten doch leicht "nach hinten losgehen".
Ein für die lokalen Behörden sehr abschreckendes Beispiel war bestimmt das Verfahren um die Kfz-Kennzeichen. Da hat Fitzek zuerst öffentlich vor laufender Kamera die Polizei blamiert. Und als der Landkreis als Reaktion darauf dagegen vorgegangen ist, kam das Gericht letztlich zu der von Fitzek weidlich ausgeschlachteten Feststellung, dass die Kennzeichen nicht verwechselungsfähig gewesen seien. Für die sonst fällige Ordnungswidrigkeit oder andere Maßnahmen war es dann zu spät und die Behörden standen in der öffentlichen Wahrnehmung als nunmehr doppelt begossene Pudel und Lachnummer im Regen. Was den Eifer sich mit Herrn Fitzek anzulegen sicher nicht gefördert hat.
Aber aktuell sieht es gottlob wohl doch eher danach aus, als ob dem Minisouverän sein Mikrokönigreich unter den Fingernägeln zusammen schrumpelt.