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Im April hatten Ermittler des Inlandsgeheimdienstes FBI Räumlichkeiten von Giuliani in New York City durchsucht und dabei Handys und Computer beschlagnahmt. Es geht um seine Rolle in der Ukraine-Affäre. Giuliani hatte im osteuropäischen Land versucht, politische Munition gegen Trumps späteren Präsidentschaftsrivalen Joe Biden sowie dessen Sohn Hunter zu sammeln. Dafür war der Jurist von Trump als federführend eingesetzt worden. Er war aber nie offizielles Mitglied der US-Regierung, sondern Trumps persönlicher Anwalt. Einer der Vorwürfe lautet, dass Giuliani sich nicht als ausländischer Interessensvertreter registriert hatte.
Für den früheren Bürgermeister von New York City gibt es aber noch weiteres juristisches Ungemach: So soll er etwa im Interesse der türkischen Regierung Lobbyarbeit bei Trump betrieben haben; Wahlmaschinenbetreiber Dominion Systems verklagte ihn zudem wegen Verleumdung, da Giuliani das Unternehmen wiederholt der Wahlmanipulation beschuldigt hatte. Seine Berufszulassung ist seit Juni ausgesetzt, weil er als Anwalt wiederholt falsche Angaben über angeblichen Wahlbetrug machte. Man könnte auch sagen: Weil Giuliani für Trump log, um dessen Unwillen zu unterstützen, seine Wahlniederlage gegen Joe Biden anzuerkennen.
Giulianis Umfeld "entsetzt"
Nun geht Giuliani offenbar das Geld für seine Verteidigung aus. Er sei "fast pleite", schreibt Maggie Haberman, eine Reporterin der "New York Times". Sie beruft sich auf Freunde des Anwalts. Zu denen dürfte Trump nicht mehr gehören. In dessen Auftrag handelte Giuliani bis Februar, aber Geld will der Ex-Präsident ihm nicht geben: weder für dessen Arbeit, noch als Unterstützung. Giulianis Umfeld sei "entsetzt", schreibt Haberman. Zur Begründung sagen demnach Trumps Mitarbeiter, es wäre problematisch, für Giulianis juristische Kosten zu bezahlen: "Als Anwalt hätte er wissen müssen, dass sein Handeln problematisch war, auch wenn der Klient (Trump) es so wollte."
Geld hätte der Ex-Präsident genug. In der ersten Jahreshälfte soll Trump mehr als 100 Millionen Dollar Spenden eingesammelt haben, mehr als jeder andere republikanische Politiker, berichtete die "New York Times". Giulianis Spendenaufruf für seine Justizkosten hingegen, darunter eine Crowdfunding-Kampagne mit dem Finanzierungsziel von 5 Millionen Dollar, waren totale Rohrkrepierer.
Der 77-jährige Giuliani hat eine lange Karriere hinter sich. In den 1980er Jahren agierte er unter dem republikanischen Präsidenten Ronald Reagan an dritthöchster Stelle im Justizministerium, danach wurde er Bundesstaatsanwalt in New York. Mit erfolgreichen Ermittlungen gegen die Mafia und an der Wall Street machte er sich einen Namen. Von 1994 bis nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 war er Bürgermeister der Stadt und galt lange als progressiver Republikaner. Nun, Jahrzehnte später, ermittelt das Staatsanwaltschaftsbüro in Manhattan gegen den früheren Chef.
"Sagt einfach, wir haben gewonnen"
Als Ende vergangenen Jahres deutlich wurde, dass Trump die Wahl gegen Biden verlieren würde, soll ein alkoholisierter Giuliani die noch immer gültige Strategie aus dem Ärmel geschüttelt haben: "Sagt einfach, wir haben gewonnen", tönte er laut dem Buch "I Alone Can Fix It". Weil Giuliani die Behauptung nicht mit Belegen unterfüttern konnte, verlor er seine Anwaltslizenz. Doch bislang versucht Giuliani weiterhin, sich selbst, Trump und die ganz eigene Wahrheit eines ganzen Parteiflügels zur Wahl zu verteidigen.
Trump könnte sich juristisch angreifbarer machen, sollte er Giulianis Verteidigung direkt finanzieren. Doch dies dürfte nur ein Teil der Befürchtungen im Lager des Ex-Präsidenten sein. Wenn Trump wollte, gäbe es andere Wege, ihm unter die Arme zu greifen. Zur juristischen Vorsicht gehört auch, dass Trump und seine Mitarbeiter an Giulianis Treue zweifeln.
Schon einmal wurde Trump im Zusammenhang mit seiner Präsidentschaft von einem engen persönlichen Mitarbeiter verraten. Anwalt Michael Cohen hatte sich während der Ermittlungen zu Trumps Russland-Affäre vom Präsidenten losgesagt und packte gegen ihn aus, um seine eigene Strafe zu reduzieren. "Er ist ein richtig schlechter Mensch", polterte Giuliani damals, nannte Cohen einen "Verräter" und "Mistkerl".
Einen solchen Sinneswandel befürchten Trumps Mitarbeiter auch bei Giuliani selbst. "Auch die loyalsten Menschen haben einen Bruchstelle", sagte einer von ihnen im Mai zu CNN. Bei Giuliani könnte diese erreicht sein, wenn ihm Gefängnis drohen sollte: "Ich wäre kein bisschen überrascht." Und dass er hinter Gitter gehen könnte, das hat Giuliani nun eingeräumt.
Quelle: ntv.de
Immer wieder interessant, wie diejenigen, die von Treue und Kameradschaft faseln, sich gegenseitig in die Pfanne hauen, wenn's wirklich drauf ankommt ...