Dazu gibt es einen ausführlichen Artikel im Standard:
42 Festnahmen, 3.000 verwaltungsrechtliche und 60 Strafanzeigen bei Corona-Demos
Demonstranten stürmten ein Wiener Versicherungsgebäude, zwei Mitarbeiter und vier Polizisten wurden verletzt. Nehammer und FPÖ werfen sich gegenseitig Eskalation vor.
Wien – Die am Samstagabend teils ausgeuferten Demonstrationen von Corona-Maßnahmen-Gegnern in Wien haben so viele Anzeigen und Festnahmen zur Folge wie bisher noch keine zuvor: 42 Festnahmen, mehr als 3.000 verwaltungsrechtliche und 60 Strafanzeigen meldete die Landespolizeidirektion am Sonntag. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) warf der FPÖ vor, eine "Stimmung von Gewalt" aufbereitet zu haben. Die FPÖ konterte, die Polizeiführung habe die Eskalation bewusst herbeigeführt.
Zur Eskalation kam es, als nach dem offiziellen Ende der FPÖ-Kundgebung im Prater – wo FPÖ-Klubchef Herbert Kickl mit einer zweiten scharfen Rede gegen die Corona-Politik die Stimmung angefeuert hatte – hunderte Maßnahmen-Gegner (darunter auch wieder Hooligans, Rechtsextreme und Identitäre) weiter durch die Leopoldstadt zogen. Am Donaukanal bei der Unteren Augartenstraße wurden sie von der Polizei eingekesselt und die Identitäten der Teilnehmer aufgenommen.
Sturm auf Versicherungsgebäude, mehrere Verletzte
Nach vielen aggressiven Auseinandersetzungen schon vorher kam es in dieser Situation zur Eskalation: "Eine größere Zahl an Demonstrationsteilnehmern" drang, so die Landespolizeidirektion, in die Tiefgarage eines nahen Gebäudes (der Wiener Städtischen-Versicherung) ein. Laut APA-Beobachtungen waren es mehrere Dutzend Demonstranten, die durch das Tor stürmten.
Die Tageszeitung "Heute", der auch ein Video des Vorfalls vorliegt, schreibt von 100 bis 150 Personen. Ein dortiger Sicherheitsmitarbeiter wurde (mit Beinbruch) schwer verletzt. Informationen von "Heute" zufolge wurde auch ein weiterer Mitarbeiter des Unternehmens verletzt. Die Polizei nahm 22 Personen wegen des Verdachts "diverser strafrechtlicher Delikte" (u.a. Hausfriedensbruch) fest. Vier Polizisten wurden bei ihrem Einsatz am Samstag verletzt.
Von der Hofburg in den Prater
Insgesamt waren 37 Versammlungen für den Samstag angezeigt, zwölf hat die Polizei angesichts der epidemiologischen Gefahren im Sinn des Gesundheitsschutzes untersagt. Dennoch versammelten sich zu Mittag tausende Menschen am Ring auf Höhe des Äußeren Burgtors, diese Versammlung wurde am frühen Nachmittag von der Polizei aufgelöst. Im Bereich der Hofburg hielt Kickl unangekündigt eine Rede, in der er die Corona-Politik scharf kommentierte ("Corona-Stahlhelme in den Regierungsbüros", "Schmuddel-Typen" in den Ministerien).
Anschießend zogen die Maßnahmengegner in mehreren Zügen in den Prater zu einer FPÖ-Veranstaltung. Sicherheitsabstände und Maskenpflicht wurden auch dort großteils ignoriert, nach Kritik von Kickl an Israel im Zusammenhang mit dessen Impfstrategie waren auch antisemitische Kommentare zu hören.
Nehammer kritisiert Kickl für "Missachtung des Rechtsstaats"
Für das Ausufern der Proteste nach der Prater-Veranstaltung machte Innenminister Nehammer die FPÖ mitverantwortlich: "In unserem demokratischen Österreich werden Konflikte nicht auf der Straße, sondern im Parlament ausgetragen. Eine in den Nationalrat gewählte Partei, und allen voran ein ehemaliger Innenminister haben gestern eine Stimmung der Gewalt und der Missachtung des Rechtsstaates aufbereitet", übte er in einer Stellungnahme scharfe Kritik. Es seien "Grenzen überschritten worden, wenn völlig unbeteiligte Sicherheitsmitarbeiter von einer aufgepeitschten Menschenmenge überrannt und schwer verletzt werden".
ÖVP-Sicherheitssprecher Karl Mahrer hatte Kickl schon am Samstagabend vorgeworfen, sich "mit seinem heutigen Demo-Auftritt selbst zum Rädelsführer der hartgesottenen Corona-Leugner ernannt" zu haben. "Mit seiner abscheulichen Rhetorik" habe der blaue Klubchef "offenbar mutwillig" rechtsextreme Ausschreitungen "erzwingen" wollen, meinte Mahrer in einer Aussendung. Die Polizei habe "alle Hände voll zu tun" gehabt, um diese zu verhindern. "Kickl führt die FPÖ immer mehr ins rechtsextreme Eck", befand Mahrer.
FPÖ macht Polizei für Eskalation verantwortlichFPÖ-Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer sah hingegen die Polizeiführung – namentlich Nehammer – verantwortlich für die "abendliche Eskalation gegen Besucher der gestrigen FPÖ-Kundgebung". In einer "völlig unnötigen Aktion am Ende eines durch und durch friedlichen Protesttags" seien "hunderte Menschen bewusst in eine Falle gelockt, eingekesselt und dort sogar mit Pfefferspray attackiert" worden, legte er in einer Aussendung seine Sicht dar. Den Menschen sei nach der FPÖ-Kundgebung der Heimweg "massiv erschwert" worden, weil die Polizei die Brücken über den Donaukanal gesperrt habe – was zu einem "gemeinsamen Spaziergang" geführt habe. "Mehrere Zeugen", auch FPÖ-Abgeordnete, hätten wahrgenommen, dass Polizisten an den gesperrten Brücken die Menschen dorthin geschickt hätten, wo sie dann eingekesselt worden seien. Deshalb seien Anzeigen wegen Teilnahme an einer nicht genehmigten Veranstaltung "absurd", ebenso wegen Verletzung der Abstandsregel, meinte Amesbauer – und kündigte eine parlamentarische Anfrage an.
Aus der FPÖ kam am Sonntag aber auch Dank an die Polizei: Generalsekretär Michael Schnedlitz bedankte sich per Aussendung für den "extrem professionellen Job", mit dem "die Sicherheit der friedlichen Teilnehmer zu jedem Zeitpunkt gewährleistet" worden und "Störversuche der regierungstreuen Gewalt-Antifa" verhindert worden seien. Aber auch er hielt "der Spitze des Innenministeriums" vor, am Ende "mit sinnloser Einkesselung und Pfefferspray-Einsatz" auf bewusste Eskalation gesetzt zu haben.
Kickl, aber auch andere FPÖ-Abgeordnete wurden übrigens – nach APA-Informationen – wegen Verstoßes gegen die Corona-Schutzmaßnahmen angezeigt. Martin Rutter, einer der Rädelsführer der Corona-Skeptiker, wurde am Samstag – vorübergehend – einmal mehr wegen Verwaltungsübertretungen festgenommen.
Kritik an Polizeiführung von Grünen
Ebenfalls Kritik an der Polizeiführung übten die Grünen, aber aus gegenteiligem Grund. Gemeinderat Niki Kunrath und der stellvertretenden Bezirksvorsteher Bernhard Seitz empfanden die Geschehnisse in der Leopoldstadt Samstagabend als "unerträglich". Die Polizei habe offenbar vor der "Minderheit" der Demonstranten kapituliert – nämlich "Pandemie-Leugner*innen, darunter deutlich sichtbar viele Rechtsextreme", die durch den Bezirk marschiert seien. "Wenn Reichsflaggen geschwungen werden und Judensterne in unserer Leopoldstadt oder überhaupt in Wien getragen werden, dann hat die Polizei gemeinsam mit den Demonstrierenden nicht verstanden, wo sie sich befinden. So etwas ist unserer Stadt unwürdig", stellte Kunrath fest. Es sei, so Seitz, "unerträglich", wenn "rechtsextreme Gruppen mit Symbolen, die den Holocaust verhöhnen, durch die jüdischen Viertel ziehen" – oder Betrunkene andere anpöbeln bzw. durch Missachtung des Corona-Abstandes gefährden. Die Polizeiführung habe großteils nur zugesehen und gewähren lassen, kritisierte er. (APA, red, 7.3.2021)
https://www.derstandard.at/story/2000124733120/42-festnahmen-3-000-verwaltungsrechtliche-und-60-strafanzeigen-bei-coronaDie im Artikel erwähnte Zeitung "heute", ist im Grunde ein Schundblatt, das man kostenlos an jeder U- und S-Bahn-Haltestelle mitnehmen kann und das in Pensionen und Hotels ausliegt. Das obere Drittel dieser Zeitung ist durchgehend für Mord und Totschlag und negativen Artikeln über MInderheiten reserviert.
Dennoch ist es ausnahmsweise erwähnenswert was darin berichtet wird (auszugsweise wiedergegeben):
"Sieg Heil"-Rufe bei Corona-Demo in jüdischem Viertel
"Es sind doch nicht alle Teilnehmer Rechtsextreme", hört man oft rechtfertigend. Doch unter Rädelsführern und in Info-Gruppen finden sich regelmäßig antisemitische Verschwörungstheorien. Diese Weltanschauung trifft bei Corona-Demos auf Fußball-Hooligans und "Aktivisten", die keinen Hehl aus ihrer Gesinnung machen. Zu tausenden spaziert man dann mit Menschen, die nichts von den Corona-Maßnahmen halten, durch Wien.
Dieses Mal, am Samstag, führte der Weg nicht rund um den Ring, sondern durch die jüdischen Viertel der Leopoldstadt. Im grünen Prater hatte Herbert Kickl (FPÖ, später selbst angezeigt) zu einer Kundgebung gerufen. Das hagelte Kritik in Telegram-Gruppen: Der Klubobmann würde mit der Regierung kollaborieren, um die City frei zu machen.
In der Menge der Coroa-Demo wägten sich viele Teilnehmer in anonymer Sicherheit. Der Polizeiakt zeugt von Nazi-Rufen, Hitler-Grüßen und Beiß-Attacken.
17.30 Uhr, Wittelsbachstraße: Eine Person schreit rechtsradikale Parolen, darunter auch "Sieg Heil"-Rufe. Dabei filmte sie sich selbst, streamte möglicherweise auch live. Das Handy wurde deswegen sichergestellt.
Das ganze Ding muss ziemlich eskaliert sein. Manche Leute, die nicht zur Demo gehörten, sondern ganz normal mit Familie im Prater unterwegs waren, waren extrem eingeschüchtert.
Auf FB berichtete gestern jemand, er sei mit seinen Kindern im Prater gesessen, als ein ganzer Trupp auf die dortigen Tische zulief und einfach mit den Transparenten durch die Sitzreihen gingen und die Banner über die Tische schleiften, dass alles darauf Stehende heruntergerissen wurde.
Als Kickl seine Rede hielt wurde wohl auch der österreichische Neonazi Gottfried Küssel mit "Kameraden" im Publikum gesichtet.
Die Wiener Polizei twitterte gestern schon recht früh, dass man den Prater meiden solle
Da kann man nur stark hoffen, dass die Polizei hier auf so etwas vorbereitet ist. Die Wiener war von der Situation gestern wohl sichtlich überfordert. Wichtig: man war nicht unwillig dem Chaos Herr zu werden, aber bekam das Ganze wohl einfach nicht mehr unter Kontrolle