Ich sag mal nichts weiter außer: Der Hutmops wird platzen. Und schauen wir mal, wie lange Thomas noch bei ihm mitspielen will oder darf.
Spoiler
ZOOM-Konferenz mit Rüdiger Hoffmann – Karl Hilz wirbt um die Unterstützung der Reichsbürger-Szene
Mittwoch, 25. August 2021
von Thomas Witzgall
Zwei Lautsprecher ihrer Szenen Pandemieleugner Karl Hilz und Reichsbürger / Selbstverwalter Rüdiger Hoffmann
Im Rahmen einer Videokonferenz der Reichsbürger-Szene um Rüdiger Hoffmanns Gruppierung staatenlos.info schaltete sich am 13. August auch Karl Hilz zu. Er warb um die Mitarbeit der Anhänger in der von ihm und anderen Pandemieleugnern ausgerufenen „neuen APO“. Wohl wichtigste Bedingung: keine sichtbaren Reichsflaggen auf Demos. Es zeigt sich erneut, mit wem der ehemalige Polizeibeamte gemeinsame Sache zu machen bereit ist, wenn es gegen den demokratischen Rechtsstaat geht.
Um es vorwegzunehmen: Die wohl angedachte Kooperation kam nicht zu Stande. Hauptgrund waren die Egos der beiden Protagonisten Karl Hilz und Rüdiger Hoffmann. Nach einer halben Stunde Austausch mit einem längeren Monolog von Hilz, zum Ende hin eher wüstes gegenseitiges Anschreien, verabschiedete sich der Münchner abrupt aus der Schalte.
Einig waren sich beide, dass die Lage angeblich höchst dramatisch und lebensbedrohlich sei und mit der Impfung ein „Völkermord / Genozid“ geplant sei. Allerdings passten die Narrative, mit denen beide jeweils auf ihre Art den demokratischen Rechtsstaat zu delegitimieren suchen, nicht nur nicht zueinander, sondern lösten wechselseitige Beschimpfungen aus.
Karl Hilz während seines 30minütigen Auftritts in der ZOOM-Konferenz – Screenshot
Der ehemalige Polizeibeamte geriert sich bekanntlich als Verteidiger von Grundgesetz und freiheitlich-demokratischer Grundordnung und zieht gegen alle Verfassungsorgane zu Felde. Mit der Wiedervereinigung hätten ostdeutsche Akteure auf dem Bundesgebiet eine „DDR 2.0“ errichtet, wobei dahinter wieder „das Großkapital“ stecken würde. Für den in der DDR sozialisierten Hoffmann wirken hingegen über das Grundgesetz alliiertes Besatzungsrecht, Fremdherrschaft und „Nazi-Gesetze“ fort. Einen (handlungsfähigen) deutschen Staat gibt es aktuell für ihn nicht (mehr). Von Wiedervereinigung will er auch wegen der Ostgebiete gar nicht sprechen. Für ihn war die DDR wegen ihrer Bevölkerungspolitik vermutlich sogar das bessere „Konstrukt“, weil es keinen „Krieg / Völkermord gegen die eigene Bevölkerung geführt habe“, sprich, weniger „Ausländer“ ins Land gelassen habe.
„Bitte keine alten Symbole“ – Reichsbürger ja, aber bitte ohne Reichsflaggen
Vor den Tiraden hatte Hilz in einem längeren Monolog um die Beteiligung der Szene um Hoffmann an der „neuen Friedens- und Freiheitsbewegung“ oder „neue APO“ geworben, als die sich einige Pandemieleugner nun sehen. Mit dabei ist etwa der österreichische Aktivist Alexander Ehrlich, der über die Initiative HonkforHope für den Bustransfer zu den Demos sorgt. Die gegenwärtige angeblich höchstbedrohliche Lage erfordere ein Zusammengehen aller fundamentaloppositionellen Kräfte von ganz links bis nach ganz rechts.
In dieser Situation ist der ehemalige Polizist sogar bereit, mit (anderen) erklärten Staatsfeinden zusammenzuarbeiten, um gemeinsam auf die Straße zu gehen. Das war das in der Schalte erklärte Ziel seines Auftritts . Diese Kooperation scheint nur an zwei Bedingungen geknüpft zu sein: Nach außen verkündeter Gewaltlosigkeit – wobei die Demos ja alles andere als friedlich sind – und demonstrieren ohne „negativ vorbelastete Emotionen zu wecken“.
Hilz meint mit dieser Verklausulierung, wie er im Laufe der Schalte erklärt, die Außenwirkung. Die neue APO sollte alle „negativ belasteten Symbole“ bei ihren Kundgebungen einfach weglassen. Wobei für Hilz nicht die Symbole „extrem“ seien, sie wären der Bevölkerung in den letzten 30 Jahren nur „als extrem verkauft worden“. Und weil es abschrecken würde, sollten diese Symbole zu Hause bleiben. Dann würden sich laut Hilz relativ schnell ein Großteil der Bevölkerung anschließen.
Blick auf Rüdiger Hoffmanns Kundgebung am 29. August 2020 – viele Reichsfahnen. Ein Anblick, den Hilz gerne vermeiden möchte
Sprich: Hilz heißt mit diesen Worten Rechtsradikale, Reichsbürger bis hin zu Neonazis auf den Veranstaltungen willkommen, sie dürfen nur nicht nach außen sichtbar werden und die Bevölkerung soll gezielt im Unklaren gelassen werden, wer da neben ihnen auf der Straße läuft. Im Grunde zielt der Appell auf eine Wiederholung der Proteste vom August 2020, nur ohne die Bilder von Reichsflaggen, die spätestens mit der Berichterstattung über den Vorfall an der Reichstagstreppe ihren Weg in die Massenmedien fanden und mit den Querdenken-Protesten verbunden wurden.
Der „Sturm auf den Reichstag“ ging damals bekanntlich von Hoffmanns Veranstaltung auf der Wiese vor dem Parlament aus, die Fahnen waren aber in allen Teilen der Querdenker-Proteste im August gut sichtbar, wenn auch nicht prägend. Das soll nach Hilz´ Vorstellungen nicht mehr passieren. An der Ideologie und den Inhalten der Gruppen störte er sich hingegen kaum.
Nur Indigene mit vollen Mitwirkungsrechten
Und extremer geht es beim Angebot an Rüdiger Hoffmann / staatenlos.info kaum.
Die Gruppe zählt zu den bekanntesten Organisationen aus der Szene der Reichbürger und Selbstverwalter. Hoffmann ließ etwa über den ganzen Stream auch keine Zweifel an seiner rassistischen Einstellung aufkommen. Nach 1945 zugewanderte Personen oder Abkömmlinge aus „Mischehen“ seien in seiner Staatskonstruktion nie gleichberechtigt. Das exerzierte er auf eine Zuschauerfrage am Ende des viereinhalbstündigen Streams am Beispiel Xavier Naidoo durch. Der könne ja ein netter Mensch sein, wenn er sich für die nationale Bewegung einsetze, könne „als Mischling“ aber nur eine Art „Ehrenstaatsbürgerschaft“ erhalten, er dürfte nicht an Abstimmungen teilnehmen und wäre im Staatsgebiet nur geduldet.
Zoom-Konferenz der «Nationalen Befreiungsbewegung Deutschlands» mit Rüdiger Hoffmann – Screenshot
Volle Rechtssubjekte könnten nur „indigene Deutsche“ sein. Es zählten Herkunft, Kultur und der genetische Code. Alles was an fremden Einflüssen da sei, müsse raus. Häuser sollten nur nach deutscher Tradition gebaut werden, die meisten Häuser müssten saniert werden, nicht weil sie baufällig wären, sondern weil sie innen undeutsch eher dem amerikanischen Stil folgen würden. Das müsse alles weg. Für ihn sei das alles Satanismus.
Hoffmann bezieht sich deshalb auch auf das Staatsangehörigkeitsrecht von 1870/71 und nicht auf das von 1913, wie die allermeisten anderen Reichsbürger. Dort hätte der Kaiser „als Verräter am deutschen Volk“ nämlich auch Personen aus den zwischenzeitlich erworbenen Kolonien in Afrika und der Ostasien Teilhaberecht ermöglicht. Dunkelhäutige können für Hoffmann keine Deutschen sein. Er nimmt dem Kaiser auch übel, dass er nicht gegen die Novemberrevolution gekämpft habe, auch auf die Gefahr hin, „in seinem Gefechtsstand zu fallen“. Er entschuldigt sich durchgehend bei seinen Zuhörern, wenn ihm mal ein „BRD“ über die Lippen rutscht und spricht lieber von der „Marionettenregierung“, die als Piraten nach Seerecht agierten und lobte die Taliban. Hoffmann lehnt Parlamente rigoros ab.
Ein ernsthaftes Interesse an einer Kooperation hat er nicht. Er verwies in seiner Antwort auf Hilz´ Eingangsstatement, dass er schon seit 2012 als APO und als „Nationale Befreiungsbewegung Deutschland“ agiere, zu erkennen am orange-schwarzen Sankt-Georgs-Band. Mit Bezug auf eine Art Senioritätsprinzip und weil er schon so manche „Widerständler“ – er nannte sie herablassend „Eintagsfliegen“ – gesehen habe, akzeptiert er wohl nur Kooperationen, die zu 100 Prozent seine Bedingungen und Vorstellungen erfüllen. Hilz´ Vorstellungen waren für ihn „hanebüchener Brüllkram“, die ihm vor Augen geführt hätten, dass bei Querdenken „der Ofen endgültig aus sei“. Hilz wollte dagegen, um das „2012“ von Hoffmann zu kontern, schon seit 35 Jahren gegen den „Raubtierkapitalismus amerikanischer Prägung“ angekämpft haben. Er sei Hoffmann mindestens fünf Jahre voraus.
Sympathien für staatenlos.info in der Münchner Querdenker-Szene
Zusammengebracht wurden Hilz und Hoffmann an dem Abend vom Münchner Streamer Thomas D. alias „ThomMaxx“. Der ist spätestens seit den Demonstrationen im August 2020 Anhänger der Selbstverwalterthesen von staatenlos.info und war am „Sturm auf die Reichstagstreppe“ beteiligt und nach eigenen Worten weit oben. Bei der Konferenz – trotz Hoffmanns dezidiertem Anti-Amerikanismus und Furcht vor Manipulation durch US-Geheimdienste über den Dienst Zoom abgehalten – gehörte „ThomMaxx“ zusammen mit zwei weiteren Teilnehmern, einem Christian und einem Timo, zu den drei sichtbaren Teilnehmern, denen gelegentlich von Hoffmann das Wort erteilt wurde.
«ThomMaxx» bewirbt staatenlos info in einer Münchner Querdenker-Gruppe
In München ist er einer der wenigen Streamer bei Querdenken-Veranstaltungen und begleitet Hilz spätestens seit dessen temporärem Bruch mit Stefan Bauer auch zu dessen Rednerauftritten, Ende Juli etwa nach Wien. Er bringt auch gelegentlich Inhalte von Hoffmann in die Münchner Gruppen ein. Es dürfte für ihn keine Freude gewesen sein, wie sich seine beiden ideologischen Bezugspersonen öffentlich zerstritten haben.
Er kritisierte Hilz nachträglich für dessen abrupte Flucht aus der Konferenz, warb aber bei Hoffmann um Zeit, Hilz habe im letzten dreiviertel Jahr eine Entwicklung durchgemacht, sei aber bei manchen Themen noch nicht soweit. Er verarbeitete die Konferenz in einem weiteren Live-Gespräch mit dem Sohn von „UlliOma“, einer zentralen Organisatorin von Kleinstkundgebungen der Szene mit OpenMic in München. Auch der Sohn outet sich als Anhänger der Thesen von Rüdiger Hoffmann.