Das scheint ja ein Herzchen zu sein...
„Das Internet“ gibt ihren Namen mit „Frau Dr. T.“ an und weiß, sie hat Malu Dreyer (sie hat MS, wenn ich das richtig in Erinnerung habe) wohl als „Hinkebein“ bezeichnet.
Würde mich nicht wundern, wenn Brandner ihr großes Vorbild wäre.
Die Gute hat aber noch ganz andere Probleme als Corona.
Spoiler
Der Facebook-Account der Frau, die immerhin ein Studium absolviert hat und einen akademischen Beruf ausübt, ist inzwischen für die Öffentlichkeit gelöscht. Wer ihre dortigen frei zugänglichen Verlautbarungen verfolgt hat, solange das noch möglich war, konnte unschwer feststellen, dass sie Trump-Fan, Verschwörungstheoretikerin und Corona-Leugnerin ist. Ihre akademische Ausbildung und ihre berufliche Position nutzt sie - was man nach wie vor im Internet feststellen kann - auch zu Vorträgen bei entsprechenden Demonstrationen und zu Auftritten in youtube, wo sie z.B. erklärt, warum aus ihrer Sicht Corona-Schutzmasken schädlich sind.
Zu ihrem neuen „Auftritt“ im Hermeskeiler Amtsgericht hat sie offensichtlich Publikum „aus der Szene“ mitgebracht: Eine ganze Reihe von Leuten - darunter allerdings, soweit erkennbar, kein „Hermeskeiler Gesicht“ - versucht, in das Gebäude zu gelangen, was aber nicht glückt. Außer dem Dutzend Zeugen, die geladen sind, dürfen wegen der Corona-Regeln nämlich höchstens sechs Personen eintreten und mit ausreichendem Abstand im Zuschauerraum Platz nehmen. Der Rest muss draußen bleiben und verbringt drei Stunden auf der großen Treppe des Gerichtsgebäudes zwischen dem Portal und der Eingangskontrolle. Auch die Zeugen kommen übrigens nicht zum Auftritt, doch dazu später.
Im Gerichtssaal sitzt die Angeklagte - als einzige ohne Schutzmaske, weil sie darauf besteht, keine zu tragen - neben einer Rechtsanwältin als Verteidigerin, die allerdings im Verlauf der Verhandlung allenfalls eine Statistenrolle hat. Denn die Frau verteidigt sich lieber selbst, hat hierfür zwei große Plastiktaschen mit Ordnern voller Papiere dabei, wobei es sich wohl hauptsächlich um Kopien der Gerichtsakten handelt. Wie schon beim Prozess vor mehr als einem Jahr ist auch diesmal eine Psychologin dabei, die sich am Ende der Beweisaufnahme gutachterlich zur Schuldfähigkeit der Angeklagten äußern soll. Sich freiwillig psychologisch begutachten zu lassen lehnt Letztere konsequent ab, obwohl ihre Anwältin mehrmals unter vier Augen - die Verhandlung wird hierfür kurz unterbrochen - versucht, sie davon zu überzeugen, dass dies unter Umständen für sie vorteilhaft sein könnte.
Als dem Justizwachtmeister, der im Saal ist, auffällt, dass auch eine Zuschauerin keine Maske trägt, wird diese von Richter Heinrichs unmissverständlich aufgefordert, den Raum zu verlassen. Denn ein Attest, durch das sie vom Tragen der Maske befreit ist, kann sie nicht vorweisen. Sie verlässt widerwillig und schimpfend („Unverschämtheit!“) den Gerichtssaal, kehrt aber einige Zeit später, nun immerhin mit einem Schal verhüllt, zurück.
Oberstaatsanwalt Dr. Bohnen verliest die Anklage. Der erste Komplex: Am 4. August letzten Jahres soll die Frau auf dem Parkplatz am Hermeskeiler Labachweg in der Nähe des Schwimmbads einen Mann wahrgenommen haben, der Kinder in einen Kleinbus einlud. Sie habe sich - betrunken - mit dem Auto genähert und Fotos gemacht, was sich der Mann aber verbeten habe. Als er nach der Kamera (oder dem Handy) der Angeklagten greift, flüchtet diese mit dem Auto und reißt den Mann ein Stück mit sich. Der erleidet Prellungen an der Hand und ist vorübergehend arbeitsunfähig. Dann wendet sie, wobei sie noch den Kleinbus beschädigt, und entfernt sich - so jedenfalls der Vorwurf. Aufgrund der Anzeige des Mannes erhält die Angeklagte am Abend des Tages Besuch von der Polizei, die auf Anordnung des Amtsgerichts ihr Haus durchsucht. Über das Erscheinen der Beamten ist die Frau, die alkoholisiert wirkt, sehr aufgebracht, verweigert jede Kooperation und wehrt sich dagegen, zu einer Blutprobe ins Krankenhaus gebracht zu werden, weshalb sie gefesselt werden muss. Auch im Krankenhaus setzt sie sich - allerdings erfolglos - vehement gegen die Blutentnahme zur Wehr. Das Labor meldet 1,5, eine halbe Stunde später 1,42 Promille. Am folgenden Tag stellt die Angeklagte Strafanzeige gegen die Polizei, der sie unerlaubtes Eindringen in ihre Wohnung, Diebstahl von Haus- und Autoschlüssel, Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte sowie Körperverletzung im Amt vorwirft. Zwei Tage später schiebt sie noch eine Anzeige gegen die Polizei wegen „Einbruchs“ in ihre beruflichen Räume nach, die ohne richterlichen Beschluss durchsucht worden seien. Die Anzeigen schickt sie per Fax an die Staatsanwaltschaft.
Weiter wirft die Anklage der Frau vor, im Februar, März und Mai dieses Jahres auf ihrer Facebook-Seite über die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Dreyer, Justizminister Mertin und Innenminister Lewentz sowie Bundeskanzlerin Merkel und Gesundheitsminister Spahn unwahre Tatsachen mit beleidigendem Charakter verbreitet zu haben, worauf die Genannten Anzeige erstatten haben.
Auf die Frage des Richters, ob sie Angaben zu den Vorwürfen machen will, gibt die Angeklagte keine eindeutige Antwort, außer dass sie etwas vorlesen möchte. Doch zunächst torpediert sie den Verlauf der Verhandlung durch Fragen nach Person, Alter und Berufserfahrung des Staatsanwalts und der Psychologin, berichtet von anderen gegen sie laufenden Verfahren und beschwert sich darüber, dass sie nicht alle Beweismittel hat einsehen können. Außerdem behauptet sie, dass in der Verhandlung letztes Jahr herausgekommen sei, dass der ihr vorgeworfene beleidigende Facebook-Post über den Polizeibeamten überhaupt nicht existiert habe (woran sich der RuH-Berichterstatter, der auch damals dabei war, aber beim besten Willen nicht erinnern kann...). Auf Aufforderung des Anklägers liest sie dann - wobei sie sich ausdrücklich an ihr Publikum („die Öffentlichkeit“, wie sie sagt) wendet - ihre Sicht der Dinge, was den Ablauf am 4. August 2019 betrifft, vor. Sie habe den Mann angesprochen, weil der ein Kind „in den Kofferraum eingeladen“ habe, was sie als gefährlich bezeichnet habe. Fotos habe sie nicht gemacht. Der Mann sei sofort „ausgerastet“ und habe über das offene Beifahrerfenster ihres Autos versucht, ihr Handy und Geldbeutel zu entwenden. Er habe sogar versucht, sie am Arm aus dem Auto zu ziehen. Sie habe sich gewehrt, sei langsam weiter losgefahren und habe um Hilfe gerufen. Nachdem der Mann losgelassen habe, sei sie zur Tankstelle gefahren, wo sie alkoholische Getränke gekauft habe. Zum Abendessen habe sie dann zwei Dosen Bier und ein halbes Glas Rotwein getrunken. Später seien drei Polizeibeamte bei ihr eingedrungen, hätten die Tür aufgebrochen, die Schlüssel entwendet und sie sofort gefesselt. Ohne Angabe von Gründen und ohne Belehrung über ihre Rechte habe eine Hausdurchsuchung stattgefunden, obwohl kein Durchsuchungsbeschluss vorgelegen habe. Sie habe keinen Widerstand gegen die Polizisten geleistet. Weiter erklärt die Angeklagte, dass es sich bei den Äußerungen über die Politiker nicht um ihren Facebook-Account und ihre Posts handele.
Ob die Anzeigen vom 5. und 7. August gegen die Polizisten von ihr stammten, will Ankläger Dr. Bohnen wissen. Nachdem sie sich diese in den Gerichtsakten noch einmal angesehen hat, bestätigt die Angeklagte das, was Richter Heinrichs zu der Frage veranlasst, wieso diese dann drei Tage später auf ihrem Facebook-Account veröffentlicht worden seien, wenn das nicht ihr Account gewesen sei. Die Angeklagte bleibt auch jetzt bei ihrem Bestreiten.
Nun deutet sich eine Unterbrechung der Hauptverhandlung ab, denn Oberstaatsanwalt Dr. Bohnen hält - weil die Angeklagte die Alkoholfahrt bestreitet - ein Gutachten wegen der Alkoholisierung zur Tatzeit für erforderlich: „Da beißt die Maus keinen Faden ab“, sagt er. Die Angeklagte berichtet noch von einem früheren Verfahren in Bad Kreuznach, bei dem es auch um Alkohol im Straßenverkehr ging. Dabei hält es sie aber nicht auf ihrem Platz, sondern sie läuft mit Papier wedelnd vor dem Richtertisch auf und ab. Zum ersten Mal wird Richter Heinrichs, sonst die Ruhe in Person, ungehalten: „Wenn Sie schon darauf bestehen, keinen Mundschutz zu tragen, bleiben Sie bitte auf Ihrem Platz!“
Der Staatsanwalt wendet sich nun ebenfalls an die Angeklagte und sagt, er habe erhebliche Zweifel an ihrer Schuldfähigkeit, denn „die Art und Weise, wie Sie sich verteidigen, entspricht nicht der Norm“. Er klärt sie mit leicht verständlichen Worten darüber auf, welche Auswirkungen das auf die Bestrafung haben könnte und empfiehlt ihr eindringlich ein psychologisches Gutachten. Doch die Frau bleibt verstockt: „Warum sollte ich das?“ sagt sie und lässt sich auch nicht durch gutes Zureden ihrer Verteidigerin beeinflussen. Jetzt will sie noch etwas „fürs Publikum“ vorlesen, das aber erkennbar nichts mit der Sache zu tun hat. Doch Richter und Staatsanwalt blocken unisono ab: „Das ist hier keine Reality-Show“, sagt der Vorsitzende. Ankläger Dr. Bohnen, der offenbar mit seiner Geduld am Ende ist, greift jetzt zu einem scharfen Schwert: „Ich beantrage die Einweisung der Angeklagten in eine psychiatrische Klinik zur Vorbereitung eines Gutachtens.“
Die Zeugen werden nun alle hereingerufen und ungefragt entlassen. Das Gericht beschließt die Unterbrechung der Hauptverhandlung. Vor der Fortsetzung soll ein Gutachten zum Blutalkohol eingeholt und es sollen weitere Ermittlungen bei Facebook angestellt werden (eine von der Polizei erstellte Dokumentation der Inhalte des mutmaßlichen Accounts der Angeklagten liegt bereits vor). Die Angeklagte erhält zwei Wochen Zeit, zum Antrag der Staatsanwaltschaft auf Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik Stellung zu nehmen. Als sie am Ende schon wieder etwas vorlesen will, winkt Richter Heinrichs ab: „Wir machen hier keine Zuschauerveranstaltung! Sie können denen das vorlesen, wo Sie wollen, aber nicht hier...“ (WIL-)
„Corona-Rebellin“ ist auch wieder so ein Etikett.