Außerdem, wie will man die Verbreitung des Virus testen, wenn man nicht auch ein paar Infizierte in die Halle lässt? Sie suchen ja gezielt nach gesunden Probanden. Die Kranken sollten aber eigentlich zu Hause bleiben und nicht zu Konzerten gehen, selbst wenn sie von Unis veranstaltet werden.
Hier begeht die hochgeschätzte Agentin einen Fehler unserer Kundschaft: Erst lesen, dann ein Urteil bilden.
Ich gebe aber zu, dass mein erster Gedanke bei dieser Studie auch WTF war.
Laut deren Homepage werden die Versuchskaninchen 48 Stunden vor dem Versuch einem Corona-Test unterzogen. Jeder Teilnehmer wird mit so einer Art Corona-App ausgestattet und kriegt einen fluoreszierenden Farbstoff auf die Pfoten. Ziel der Studie soll sein nachzuweisen, dass die Einlass- und Menschenleitkonzepte funktionieren. Es soll gezeigt werden, dass Konzertveranstalter in der Lage sind, die Herde zu separierern. Was die Frage beantworten dürfte, wer den Spaß bezahlt.
Mit dem Farbstoff soll untersucht werden, welche Flächen besonders oft angegrabbelt werden und ob deren regelmäßige Reinigung funktioniert (bei der Studie bestimmt). Auch sollen An- und Abreise in die Studie einbezogen werden.
Eine Teilnahme an der Studie scheint daher mit keinem Gesundheitsriskiko verbunden zu sein (außer Gehörschäden durch das Gewimmer auf der Bühne). Es bleibt das Restrisiko falsch negativer Testergebnisse, aber trotzdem ist das Infektionsrisiko geringer als im morgentlichen Berufsverkehr.
Meine Kritik an der Studie ist, dass der falsche Verbreitungsweg betrachtet wird. Schmierinfektion hat sich als vernachlässigbar rausgestellt. Tröpcheninfektion wird nur durch Abstand halten betrachtet, die mögliche Infektion durch Aerosole wird dagegen überhaupt nicht untersucht. Dabei gibt es mehrere dokumentierte Fälle, wo gemeinsames Singen trotz Abstand halten in Innenräumen zu Infektionsgeschehen geführt hat. Es ist utopisch davon auszugehen, dass bei einem Konzert nur der Honk auf der Bühne Lärmemissionen verursachen wird. Das Mitgröhlen des Publikums ist das Problem. Dieses wird aber in der Studie gar nicht betrachtet, weswegen das Ergebnis für mich eh nur für die Tonne taugt.
Aber die Auftraggeber und Studiendesigner werden schon gewusst haben, warum sie genau diesen Aspekt nicht betrachten. Weil sonst vermutlich rauskommt, dass Konzerte erst einmal nicht stattfinden können.
Außerdem, wie will man die Verbreitung des Virus testen, wenn man nicht auch ein paar Infizierte in die Halle lässt?
Man könnte das Virus simulieren, zum Beispiel indem man einem Teil der Teilnehmer einen schwach radioaktiv markierten Stoff (zB Tc-99m, Halbertzeit ca. 6 Stunden) in Nase und Rachen träufelt und nach dem Konzert bei allen Teilnehmern einen Abstrich macht. Jeder, der das Zeug nicht bereits am Anfang in der Nase hatte, hätte sich im Ernstfall infiziert. Aber da wird man vermutlich keine 4.000 Teilnehmer finden, die beim Wort "radioaktiv" nicht Schnappatmung kriegen.
Man könnte auch ein nicht humanpathogenes Virus nehmen, aber da wäre die Begeisterug der Studienteilnehmer vermutlich ähnlich hoch. Plus das schon geschilderte Risiko, dass rauskommen könnte, dass Konzerte nicht gehen.