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Masken genügten nicht den Anforderungen
Alles sollte schnell gehen. Die Masken, OP-Masken, FFP2-Masken, sterile und nicht-sterile, wurden von der Baumüller Gruppe dem Gesundheitsministerium angeboten. Nun sollte das Angebot überprüft werden, rasch, denn die Zeit drängte. Das dafür zuständige Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit nahm die Zertifikate unter die Lupe und kam zu dem Schluss, dass die eingereichten Zertifikate entweder falsch oder unzureichend seien.
Die Nürnberger Nachrichten zitieren aus dem Schriftverkehr zwischen Ministerium und Baumüller Gruppe: "Das Angebot ist aus fachlicher Sicht nicht geeignet, eine vertragliche Vereinbarung einzugehen."
Staatskanzlei: Keinen Einfluss genommen
Dann soll sich Söders Frau, Karin Baumüller-Söder, persönlich eingeschaltet haben und im Ministerium direkt die zuständige Abteilungsleiterin kontaktiert haben. Danach wurden Unterlagen nachgereicht, so die Nürnberger Nachrichten.
Inzwischen allerdings waren in China Teile der Masken ausverkauft, außerdem habe der Freistaat einen Ankaufstopp für Masken beschlossen. Am 8. Mai 2020 galt der Fall dann endgültig als erledigt. "Zu keinem Zeitpunkt", so zitiert die Zeitung einen Sprecher, sei "von Seiten der Staatskanzlei Einfluss genommen" worden.
SPD will Fall in den Landtag bringen
SPD-Fraktionschef Florian von Brunn will die Geschichte nun in den Landtag bringen. Er sieht einen massiven Interessenkonflikt, wenn die Familie Söder mit der Regierung Söder Maskengeschäfte einfädeln wollte. Als "Druck ausüben" will er auf BR-Nachfrage Karin Baumüller-Söders Anruf zwar nicht bewerten, aber als "Nachfassen". Und: "Die SPD wird deswegen diesen ganzen Vorgang in den Untersuchungsausschuss Maske in den Bayerischen Landtag bringen und überlegen, wen wir zusätzlich als Zeugen einladen müssen."
Von Brunn: "Warum hat Markus Blume eher versucht, diesen Vorgang zu verschleiern"
Von Brunn stört sich auch daran, dass man im Bayerischen Gesundheitsministerium versucht habe "das Geschäft möglich zu machen, trotz Bedenken" und dass es "vorrangig behandelt worden sei". Die Nürnberger Nachrichten berichten, dass für die Baumüller-Gruppe vor dem Scheitern zunächst noch eine Ausnahme gelten sollte, "weil sie ihr Angebot vor dem Stopp vorgelegt hatte".
Außerdem interessiert sich von Brunn für die Aussage von Ex-CSU-Generalsekretär Markus Blume, der am 13. Januar 2021 getwittert hat: "Fake News: Klassische Hetze von @AfD und Querdenkern. Erneut werden üble Lügen verbreitet. Fakt ist: Die Baumüller Gruppe stellt weder Masken her noch verdient sie Geld damit."
Damals kursierten erneut Gerüchte, die Baumüller Gruppe würde mit Masken und Faceshields (siehe Text-Ende) Geld verdienen, weil Markus Söder die FFP2-Maskenpflicht verhängt habe. SPD-Fraktions-Chef von Brunn will deshalb von Söder wissen, "warum hat man nicht ganz offen darüber gesprochen, sondern warum hat Markus Blume eher versucht, diesen Vorgang zu verschleiern".
Gesundheitsministerium: alles korrekt und ohne Einflussnahme
Auf BR-Nachfrage bei der Staatskanzlei antwortete eine Sprecherin des Bayerischen Gesundheitsministeriums. Sie bestätigt das Platzen des Maskenangebots der Baumüller Gruppe.
Es sei dabei alles korrekt abgelaufen und ohne Einflussnahme von außen: "Aufgrund der herrschenden eklatanten Notlage an Masken und Schutzausrüstung wurden viele Angebote an das Bayerische Gesundheitsministerium herangetragen, jedes war willkommen, wurde an die zuständigen Stellen routinemäßig und ohne Ansehen von Personen weitergegeben sowie sorgfältig und vorbehaltlos geprüft. In diesem Zuge hat die Firma Baumüller Holding GmbH & Co KG ein Angebot übermittelt, ein Abschluss erfolgte jedoch nicht, es wurden keine Masken geliefert und es floss auch kein Geld. Es gab dabei auch keine Einflussnahme von außen. Alles erfolgte nach Recht und Gesetz."
Baumüller Gruppe verweist auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnis
Die Baumüller Gruppe hat auf BR-Anfrage geantwortet, in Zeiten des Masken-Engpasses hätten sich die Unternehmen der Gruppe, "wie viele andere Unternehmen auch, ebenfalls an der Suche nach Schutzmasken beteiligt. Ein Geschäft kam nicht zustande."
Auf die BR-Fragen, ob es stimme, dass Karin Baumüller-Söder nach Schwierigkeiten direkt mit der Abteilungsleiterin im Gesundheitsministerium Kontakt aufgenommen habe, oder warum die Baumüller-Gruppe nicht auf ein Angebot an den Freistaat verzichtet habe, um von vorneherein jeden Anschein von "Vetternwirtschaft" wegen des Verwandtschaftsverhältnisses der Miteigentümerin Karin Baumüller-Söder mit dem Ministerpräsidenten zu vermeiden, heißt es schriftlich: "Bitte haben Sie Verständnis, dass wir keine weiteren Informationen geben können, da diese unter das Betriebs- und Geschäftsgeheimnis fallen."
Baumüller Gruppe stellte nie Masken selbst her
Die insgesamt sechs Unternehmen umfassende Baumüller-Gruppe gehört Karin Baumüller-Söder und ihrem Bruder Andreas. Die Baumüller Gruppe ist Systemanbieter für industrielle Antriebs- und Automatisierungstechnik. Keines der sechs zu Baumüller gehörenden Unternehmen stellt aber Masken oder Mund-Nasen-Bedeckungen her, wie ein Unternehmenssprecher Anfang 2021 dem Faktenfuchs/BR24 mitteilte.
Baumüller Services, eine Tochterfirma der Baumüller-Gruppe, die elektrische Maschinen repariert, hatte nach eigenen Angaben im April 2020 per 3D-Drucker jedoch 210 Face Shields hergestellt, die etwas anderes als Masken oder Mund-Nasen-Bedeckungen sind.
Die Face Shields waren schon vor Einführung der FFP2-Maskenpflicht als Mund-Nasen-Bedeckung in Bayern nicht zulässig. "Diese Face Shields wurden nicht verkauft, sondern zum Schutz der eigenen Mitarbeiter verteilt bzw. an Krankenhäuser in der Region Nürnberg gespendet", sagte ein Unternehmenssprecher 2021.
Behauptungen, die Firma Baumüller verdiene mit Masken Geld, waren also falsch. Dass sie allerdings 2020 gerne mit der Lieferung von 16 Millionen Masken aus China Geld verdient hätte, ist mit den oben zitierten Stellungnahmen bestätigt.