Kennt die Dame jemand? Barbara Berg aus Kißlegg? Auf der Praxis-Homepage interessanterweise keine Homöopathie und ähnliches.
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Aus Protest gegen die Corona-Impfung hat die Kißlegger Allgemeinmedizinerin Barbara Berg für einen Tag ihre Hausarztpraxis geschlossen. Die Aktion vom 1. Dezember sorgt seitdem nicht nur in der Gemeinde für Gesprächsstoff, sie führt vor allem in den sozialen Netzwerken zu heißen Diskussionen. Auf SZ-Nachfrage hat sich dazu jetzt auch der Kreisärztechef geäußert.
„Heute aus Protest geschlossen“
„Liebe Patienten, meine Hausarztpraxis ist heute aus Protest geschlossen.“ Mit diesem Satz und dem fettgedruckten Wort beginnt das Schreiben, das am 1. Dezember am Eingang der Praxis von Barbara Braig am Kißlegger Rathaus aushängt. Die Fachärztin für Allgemein- und Palliativmedizin führt dann im Folgenden aus, wogegen sich ihr Protest genau richtet: „Gegen die Impfung von gesunden Kindern mit den derzeit verfügbaren Covid-19-Impfstoffen“ und „gegen einen Impfzwang für alle Menschen“ mit eben diesen Vakzinen.
Außerdem protestiert Berg laut Aushang „für die Würde des Menschen“. Sie stellt fest, dass es die Aufgabe aller sei, einer Spaltung der Gesellschaft entgegenzuwirken, und sie betont am Ende: „In meiner Praxis sind alle Kranken willkommen.“
Zahlreiche Reaktionen vor allem im Netz
Der Impfprotest in Form einer Praxisschließung hat nicht nur in der Gemeinde und in Ärztekreisen rasch die Runde gemacht, er hat auch für zahlreiche Reaktionen gesorgt – vor allem im Netz. In der Facebookgruppe „Du weißt, dass du aus Kißlegg bist...“ beispielsweise führt das gepostete Foto des Aushangs seitdem zu einer lebhaften Diskussion. Von manchen Usern erhält die Ärztin Zuspruch für ihre Aktion, von anderen wird sie verurteilt. Stellenweise hat sich die Debatte emotional so aufgeladen, dass respektlose oder beleidigende Kommentare nicht ausbleiben.
Auch der Vogter Allgemeinmediziner Dr. Hans Bürger hat noch am selben Tag von dem Protest seiner Kißlegger Kollegin erfahren. Der Vorsitzende der Kreisärzteschaft Ravensburg sieht die Aktion mit gemischten Gefühlen: Einerseits als Ausdruck der freien Meinungsäußerung, die „man akzeptieren muss, auch wenn es manchmal schwerfällt“. Auf der anderen Seite hält er „die Art des Protests für unglücklich“.
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„Ich kann nicht einfach eine Praxis schließen, ohne eine Vertretung zu benennen“, sagt Bürger auf SZ-Nachfrage. Aus kassenärztlicher Sicht könne man dem nicht zustimmen, „da auch Frau Berg einen Sicherstellungsauftrag zu erfüllen hat, insbesondere hat sie für ihre Patienten da zu sein“. Gleichzeitig bestehe das Prinzip zur kollegialen Zusammenarbeit und die Regeln zur Berufsausübung, die sich aus der Berufsordnung der Ärzte ergäben.
Bedenken bei der Wortwahl
Auch bei der Wortwahl in dem Aushang äußert der Kreisärztechef, der zu Beginn der Pandemie selbst schwer an Covid-19 erkrankte, Bedenken. Einen „Impfzwang“ in dem Sinne gebe es ja gar nicht, so Hans Bürger, „solche Begriffe bringen nur unnötige Polemik rein, auch weil es falsch ist“: „Das provoziert Reaktionen, die die Spaltung noch verstärken und die aus meiner Sicht keine sachliche Diskussion fördern.“
Dabei macht der Vogter Arzt keinen Hehl daraus, dass er persönlich ein Verfechter der Corona-Impfung ist und eine berufsspezifische Impflicht beim Pflege- und Medizinpersonal befürwortet.
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Die Sorge über eine weitere Spaltung und dass „Ungeimpfte mit einer allgemeinen Impfpflicht in eine Ecke gedrängt werden“, treibt aber auch Hans Bürger um: „Der Ton wird hier immer härter, das kann zu einer Radikalisierung führen.“
Damals Skepsis gegenüber langfristiger Wirksamkeit
Barbara Berg selbst wollte sich zu der ungewöhnlichen Protestaktion und zu den Hintergründen ihrer Praxisschließung trotz zweimaliger SZ-Anfrage nicht äußern. Die Allgemeinmedizinerin hatte aber im Frühjahr, als das Impfen gegen Covid-19 auch in den Arztpraxen losging, ihre Skepsis gegenüber der „Schwäbischen Zeitung“ zum Ausdruck gebracht.
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Sie bezweifelte damals nach eingehender Beschäftigung mit diversen Studien die langfristige Wirksamkeit mancher Impfstoffe. Daher impfte Berg zwar selbst nicht, dafür aber ihr Kollege in der Praxisgemeinschaft. „Stefan König wird dann die Impfungen übernehmen“, so die Allgemeinmedizinerin im April.
Laut Homepage der Praxisgemeinschaft, in der Barbara Berg und Dr. Stefan König, Facharzt für Innere Medizin, praktizieren, werden dort „Erst- und Zweitimpfungen für Erwachsene“ durchgeführt. „Auffrischimpfungen (z.B. Drittimpfungen)“ seien unter Beachtung der StiKo-Empfehlungen möglich.