Wer schonmal im Altenheim war, weiß aber, dass man nicht immer auf Personal trifft. Oft ist das Personal irgendwo im Haus in den Zimmern beschäftigt. Da kommt dann ein Besucher, soll sich eigentlich melden, findet aber niemanden und geht dann halt einfach zu seinem Angehörigen weiter.
Ach die Leute schaffen es ja auch schnurstracks in ein Restaurant reinzulaufen, obwohl mitten im Weg ein riesen Schild mit der Aufschrift „Bitte hier warten, wir zeigen Ihnen Ihren Platz“ steht.
In meinem Stammbrauhaus wurde extra ein kleiner Empfang mit Schild und Mitarbeiter*in etabliert. Und zwar so nervig, dass man sich schon vorbeiquetschen muss.
Dennoch müssen permanent Gäste angesprochen werden (ich bin übrigens leidenschaftlicher Thekensitzer und kann mir das Schauspiel den ganzen Abend ansehen).
Im Altenheim sind das sicherlich nicht alles Regel-, Test- und Impfverweigerer und im Gasthaus handelt es sich wahrscheinlich auch nicht um Reservierungsverweigerer.
Ich bin nur immer wieder über solche Parallelen erstaunt. Noch mehr erstaunt mich, dass es Menschen so oft gelingt äußere Anforderungen an ihr Verhalten selektiv auszublenden.
Es gab mal einen schönen Artikel zu einer Studie, in der mit Warteschlangen und dem Warteverhalten der Menschen experimentiert wurde.
Man konnte Menschen an einem Kopierer beobachten, die warteten bis sie dran waren. Wenn sich jemand wortlos vorgedrängelt hat, kam es teils zu tumultartigen Szenen.
Drängelte sich aber jemand mit den Worten „Entschuldigung, ich muss was kopieren!“ vor, war die Akzeptanz größer, obwohl wahrscheinlich keiner in der Warteschlage wartete, der nicht das gleiche Anliegen hatte.
Küchenpsychologisch vermute ich hier eine Art Anspruchshaltung. Mein Verhalten und mein Anspruch sind zweifelsfrei legitim. Da bedarf es keiner Kontrolle.