Autor Thema: VG Greifswald, Urteil 27.01.2020, 6 A 1935/18 HGW, Reichi verliert KWS  (Gelesen 896 mal)

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Offline Reichsschlafschaf

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Auch der
Zitat
Mann aus dem Hause A.
unterliegt den Gesetzen der Bundesrepublik Deutschland. Erstaunlich.



Zitat
Widerruf bzw. Rücknahme einer waffenrechtlichen Erlaubnis; Reichsbürger

1. Ein Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis nach § 45 Abs. 2 WaffG kann gem. § 47 Abs. 1 VwVfG M-V in eine Rücknahme nach § 45 Abs. 1 WaffG umgedeutet werden.

2. Auch jenseits der Nähe zum eigentlichen Reichsbürger-Spektrum rechtfertigt eine Einstellung, die die Existenz und die Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negiert und die auf dem Grundgesetz fußende Rechtsordnung nicht als für sich verbindlich betrachtet, die Annahme der waffenrechtlichen absoluten Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG.

3. Dennoch darf bei der Beurteilung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit nicht auf ein singuläres Ereignis abgestellt werden, sofern das Verhalten des Klägers im Übrigen – z.B. einwandfreies Verhalten gegenüber Behörden, umgehendes Befolgen von behördlichen Anordnungen, glaubhafte Distanzierung von der Reichsbürgerbewegung und/oder überzeugende Erklärung für die getätigte Einlassung – keinerlei Anhaltspunkte dafür liefert, dass die staatliche Legitimation der Bundesrepublik Deutschland in Zweifel gezogen wird.

4. Das Abstandnehmen von potenziell sicherheitsgefährdenden Ansichten ist ein innerer Vorgang. Dementsprechend ist für eine glaubhafte Distanzierung zu verlangen, dass äußerlich feststellbare Umstände vorliegen, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass der Betroffene seine innere Einstellung verändert hat. Das Erfordernis der Veränderung der inneren Einstellung bedingt es, dass der Betroffene in jedem Fall einräumen muss oder zumindest nicht bestreiten darf, in der Vergangenheit den einschlägigen sicherheitsrechtlichen Tatbestand erfüllt zu haben. Ohne Einsicht des Betroffenen in die Unrichtigkeit des ihm vorgeworfenen Handelns hat die Ankündigung einer Verhaltensänderung keine glaubwürdige Grundlage.


VG Greifswald 6. Kammer, Urteil vom 27.01.2020, 6 A 1935/18 HGW

§ 45 Abs 1 WaffG 2002, § 4 Abs 1 Nr 2 WaffG 2002, § 5 Abs 1 Nr 2 WaffG 2002, § 47 Abs 1 VwVfG MV, § 45 Abs 2 WaffG 2002

Tenor
Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Verfahrenskosten.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte seinerseits zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Spoiler
Tatbestand
1
Die Beteiligten streiten über den Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis.

2
Am 21. Juni 2016 stellte der Beklagte dem Kläger einen sogenannten „kleinen Waffenschein“ mit der Nummer 281/2016 aus. In der Folge wurden Umstände bekannt, die auf Seiten des Beklagten den Verdacht begründet haben, der Kläger sei der extremistischen Szene der „Reichsbürger und Selbstverwalter“ zuzuordnen. Der Beklagte hat den Kläger mit Schreiben vom 7. August 2013 wegen des Erreichens von neun Punkten im Verkehrszentralregister verwarnt und dafür eine Gebühr festgesetzt. Der Kläger sandte die Verwarnung im Original mit dem Vermerk „zu meiner persönlichen Entlastung urschriftlich zurück“ zurück. Wegen eines Formfehlers versandte der Beklagte die Verwarnung an den Kläger mit Schreiben vom 2. Januar 2014 erneut. Auch diese Verwarnung sandte der Kläger mit dem gleichen handschriftlichen Vermerk an den Beklagten zurück. Auf ein Schreiben des Beklagten vom 25. Februar 2014, mit dem eine Klarstellung, ob es sich bei der Rücksendung des Schreibens vom 2. Januar 2014 um einen Widerspruch hat handeln sollen, seitens des Klägers erbeten worden ist, antwortete der Kläger mit Schreiben vom 10. März 2014. Darin führte er aus, dass der Beklagte ihm ein Angebot übersandt habe, das er zurückweist. Der Beklagte agiere als privatrechtliches Unternehmen und dementsprechend nicht als hoheitlich handelnde Verwaltung. Geschäfte mit der „Firma Landkreis Vorpommern-Rügen“ lehne er ab. Dem Bundesland Mecklenburg-Vorpommern und der Bundesrepublik Deutschland sprach er zudem die Legitimation ab, wenn ihm nicht eine Gründungsurkunde bzw. eine vom Volk genehmigte Verfassung übersandt werde. Der Kläger unterzeichnete das Schreiben mit seinem Vornamen und dem gedruckten Zusatz „ a.d.F. A.“.

3
Auf eine Ermahnung im Schreiben des Beklagten vom 12. April 2016, das der Kläger abermals mit einem handschriftlichen Hinweis (wie o.g.) zurückwies, antwortete er mit Schreiben vom 20. April 2016. Darin führte er im Wesentlichen wie im Schreiben vom 10. März 2014 aus, unterließ allerdings die Ausführungen hinsichtlich des geforderten Nachweises der staatlichen Legitimation des Beklagten, des Landes Mecklenburg-Vorpommern und der Bundesrepublik Deutschland. Er ergänzte es jedoch mit dem Hinweis, dass „Ihr Angebot … vollumfänglich zurückgewiesen“ wird.

4
In ähnlicher Form reagierte der Kläger auf ein Schreiben des Beklagten vom 8. Juli 2016. Er ergänzte sein Schreiben vom 18. Juli 2016 allerdings wie folgt:

5
„Weitere Ausführungen, warum der Mensch (Mann aus dem Hause A.) nicht den Rechten der Person “Herr A.“ unterliegt, entnehmen Sie bitte dem vorangegangenen Schriftverkehr! Wenden Sie sich bitte an den Verwalter/Urheber des Personenkontos/der Person, um ihre Forderungen auszugleichen!“

6
Nach vorheriger Anhörung im Schreiben vom 15. November 2017 widerrief der Beklagte mit Bescheid vom 28. August 2018 den „Kleinen Waffenschein“ Nr. 281/2016, ausgestellt am 21. Juni 2016 (Ziffer 1), legte dem Kläger zudem auf, den Waffenschein innerhalb von vier Wochen nach Zustellung dieses Bescheides an die Waffenbehörde des Landkreises Vorpommern Rügen zurückzugeben (Ziffer 2), drohte ihm im Falle der Nichtbefolgung der Ziffer 2 ein Zwangsgeld in Höhe von 300 EUR an (Ziffer 3) und setzte Kosten in Höhe von 62,76 EUR fest (Ziffer 4). Zur Begründung führte er aus, dass nach Einschätzung des Ministeriums für Inneres und Europa Mecklenburg-Vorpommern vom 11. Dezember 2017 der Kläger der Szene der „Reichsbürger und Selbstverwalter“ angehöre. Der Grund dafür liege in der Reaktion des Klägers auf eine Mahnung des Landkreises Vorpommern Rügen vom 18. Juli 2016. Des Weiteren bilde § 45 Abs. 2 Satz 1 Waffengesetz - WaffG die taugliche Rechtsgrundlage. Der erteilte Waffenschein sei nach § 10 Abs. 4 WaffG eine waffenrechtliche Erlaubnis. Eine solche setze voraus, dass der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne von § 5 WaffG besitze. Die mit jedem Waffenbesitz verbundenen Risiken seien nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienten, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen würden. Dabei genüge eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass der Betroffene mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen werde. Ein solches Vertrauen könnten Personen, die der Reichsbürger- oder Selbstverwalterszene angehörten bzw. Personen die deren Weltsicht teilen und entsprechend handeln würden nicht eingeräumt werden. Diese Gruppierung lehne die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und ihr Rechtssystem ab, spreche den demokratisch gewählten Repräsentanten die Legitimation ab oder sehe sich in Gänze als außerhalb der Rechtsordnung stehend an und sei daher bereit, Verstöße gegen die Rechtsordnung zu begehen.

7
Der Kläger sei dieser Szene zugehörig. Wer in einem behördlichen gegen sich selbst gerichteten amtlichen Verfahren den Grundvorstellungen der sog. „Reichsbürger“ entlehnte Äußerungen treffe, gehe davon aus und beabsichtige gerade, seine ablehnende Haltung gegenüber der Rechtsordnung sozusagen amtlich und ernsthaft einer Behörde gegenüber kundzutun. Indem der Kläger Bescheide oder amtliche Schreiben als Vertragsangebote betrachte, verneine er die Rechtsgültigkeit des Gesetzes. Die Tatsache, dass er es als sein Recht ansehe zu entscheiden, in welchen Fällen er rechtliche Vorschriften befolgen oder nicht befolgen wolle mache deutlich, dass er gesetzliche Vorschriften für sich als nicht bindend ansehe. Es sei daher zu befürchten, dass der Kläger auch die Regelungen des Waffengesetzes nicht strikt befolgen werde. Dies gelte sowohl im Hinblick auf den Umgang mit Waffen als auch für die Pflicht zur sicheren Waffenaufbewahrung und die strikten Vorgaben zum Schießen mit Waffen. Er habe sich auch im Anhörungsverfahren nicht hinreichend deutlich von der Szene distanzieren können.

8
Die Regelung in Ziffer 2 und 3 rechtfertigten sich aus § 46 Abs. 1 WaffG bzw. §§ 79 ff. des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung Mecklenburg-Vorpommern - SOG M-V. Die Kostenentscheidung fuße auf dem Verwaltungskostengesetz Mecklenburg-Vorpommern – VwKostG M-V.

9
Seinen Widerspruch vom 1. Oktober 2018 begründete der Kläger damit, dass er lediglich eine Mahnung nicht anerkannt habe, deswegen allerdings nicht gleich der Reichsbürgerszene zuzuordnen sei. Er halte sich seit Jahren an Recht und Ordnung und habe eine Ablehnung der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Rechtsnormen nie kundgetan. Es sei für ihn selbstverständlich gewesen, unabhängig vom Ausgang des Widerspruchsverfahrens nach Erhalt des Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnis die Waffenbesitzkarte zurückzugeben. Auch zahle er als Gewerbetreibender pünktlich seine Steuern. Dies spreche dafür, dass er die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland vollumfänglich anerkenne. Zudem habe er mitgeteilt, dass nicht er selbst den Beklagten als Unternehmen darstelle, sondern dieser sich selbst, indem er in dem genannten Register verzeichnet sei.

10
Mit Widerspruchsbescheid vom 8. November 2018 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er ergänzend aus, dass für die Beurteilung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit eine Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls erforderlich sei. Aber auch danach gehe die anzustellende Prognose zu Lasten des Klägers dahin, dass er unzuverlässig im Sinne des Waffenrechts sei. Der Kläger bezeichne den Landkreis Vorpommern Rügen als privat und vertragsrechtlich handelndes Unternehmen. Hierbei beziehe er sich auf den UPIK-Datensatz. Dieser Teil der Weltansicht sei typisch für den Phänomenbereich der „Reichsbürger und Selbstverwalter“, sodass davon auszugehen sei, der Kläger erkenne die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland und staatliche Institutionen nicht an.

11
Der Kläger hat am 12. Dezember 2018 Klage erhoben.

12
Zur Begründung trägt er ergänzend er vor, dass er bisher stets einwandfreies Verhalten im Umgang mit Waffen gezeigt habe. Dem vom Beklagten angeführten Schreiben vom 18. Juli 2016 sei keine grundsätzliche Ablehnung der bundesdeutschen Rechtsordnung zu entnehmen. Er habe darin lediglich seinen Unmut über eine vorangegangene Behördenentscheidung kundgetan. Er erkenne die Rechtsordnung verbindlich für sich an, was auch darin Ausdruck gefunden habe, dass es für ihn selbstverständlich gewesen sei, nach Erhalt des Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnis die Urkunde zurückzugeben.

13
Der Kläger beantragt,

14
den Bescheid des Beklagten vom 28. August 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. November 2018 aufzuheben und

15
die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

16
Der Beklagte beantragt,

17
die Klage abzuweisen.

18
Zur Begründung verweist er auf seine Ausführungen im Verwaltungsverfahren.

19
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge (Beiakte I) ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe
I.

20
Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erteilt haben, vgl. § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO.

II.

21
Die zulässige Klage ist unbegründet.

22
Der Bescheid des Beklagten vom 28. August 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. November 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in eigenen Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

23
Die waffenrechtliche Erlaubnis des Klägers vom 21. Juni 2016 war hier aufzuheben. Zwar war sie gem. § 45 Abs. 1 WaffG zurückzunehmen und nicht, wie der Beklagte es gemacht hat, gem. § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG zu widerrufen, aber der verfügte Widerruf kann gem. § 47 Abs. 1 Verwaltungsverfahrens-, Zustellungs- und Vollstreckungsgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern – VwVfG M-V in eine Rücknahme umgedeutet werden (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 13.12.1994 – 1 C 31/92 –, BVerwGE 97, 245-255, Rn. 41, juris; VGH München, Beschl. v. 14.1.2019 – 21 CS 18.701 –, Rn. 24, juris). Der vom Beklagten angenommene Widerrufsgrund der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit wäre nämlich auch ein Grund für die Rücknahme. Eine Erlaubnis nach dem Waffengesetz ist nach § 45 Abs. 1 WaffG zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass die Erlaubnis hätte versagt werden müssen. Der dem Kläger erteilte kleine Waffenschein ist eine waffenrechtliche Erlaubnis, vgl. § 10 Abs. 4 WaffG. Sie hätte jedoch versagt werden müssen. Der Kläger hat bereits im Zeitpunkt ihrer Erteilung die erforderliche Zuverlässigkeit gem. §§ 4 Abs. 1 Nr. 2 Var. 1 i.V.m. 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG nicht besessen. Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG Personen nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden (lit. a) oder mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden (lit. b) oder Waffen oder Munition Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind (lit. c). Die zu prognostizierende hinreichende Wahrscheinlichkeit eines solchen Fehlverhaltens in Bezug auf Waffen oder Munition reicht insoweit aus (vgl. VG Sigmaringen, Urt. v. 23.10.2003 - 2 K 1592/02 -, Rn. 18, juris; N. Heinrich in: Steindorf, Waffenrecht, 10. Aufl., § 5 Rn. 9).

24
Missbräuchlich handelt grundsätzlich, wer von einer Waffe oder Munition einen Gebrauch macht, der vom Recht nicht gedeckt ist (vgl. VGH München, Beschl. v. 14.11.2016 – 21 ZB 15.648 –; juris; OVG Münster, Beschl. v. 2.5.2013 – 16 A 2255/12 –, juris; Papsthart in: Steindorf/Heinrich/Papsthart, Waffenrecht, 9. Aufl., § 5 Rn. 9 m.w.N). Eine missbräuchliche Verwendung ist insbesondere dann zu befürchten, wenn die Gefahr besteht, dass der Erlaubnisinhaber „sein Recht“ außerhalb oder neben der bestehenden Rechtsordnung durchsetzen wird (vgl. VGH München, Urt. v. 10.10.2013 – 21 B 12.964 –, juris; Papsthart, a.a.O., § 5 Rn. 9 m.w.N). Zu berücksichtigen ist dabei, dass die waffenrechtliche Zuverlässigkeit ein individuell zu prüfender Umstand ist (vgl. Papsthart, a.a.O., § 5 Rn. 2 m.w.N.). Auch die speziell von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG verlangte Prognose ist deshalb konkret auf diejenige Person zu beziehen, deren Zuverlässigkeit in Frage steht. Die Unzuverlässigkeit anderer, auch nahestehender Personen, rechtfertigt als solche nicht den Schluss auf ihre Unzuverlässigkeit. Individuelle Verhaltenspotentiale werden zwar durch das soziale Umfeld mitbestimmt, weswegen auch die Gruppenzugehörigkeit einer Person – ein personenbezogenes Merkmal – als Tatsache heranzuziehen sein kann, um die Annahme der Unzuverlässigkeit zu stützen. Erforderlich ist dann allerdings, dass zwischen der Annahme der Unzuverlässigkeit und der Gruppenzugehörigkeit eine kausale Verbindung besteht. Gerade die Gruppenzugehörigkeit der Person muss die Prognose tragen, dass diese künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG verwirklichen wird. Nicht ausreichend ist hingegen, dass solche Verhaltensweisen innerhalb der Gruppe regelmäßig vorgekommen sind oder noch immer vorkommen. Vielmehr müssen bestimmte Strukturmerkmale der Gruppe die Annahme rechtfertigen, dass gerade auch die Person, die in Rede steht, sie künftig verwirklichen wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.1.2015 – 6 C 1/14 –, juris, vgl. zum Vorstehendem im Übrigen VGH Mannheim, Beschl. v. 10.10.2017 – 1 S 1470/17 –, juris).
Der Kläger hat sich gegenüber dem Beklagten schriftsätzlich dahingehend geäußert, dass die Vermutung naheliegt, er gehört der Szene der Reichsbürger an.

25
Personen, die sich die Ideologie der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zu Eigen gemacht haben, sind in der Regel bereits deshalb waffenrechtlich unzuverlässig, weil sie sich in Wort und Tat gegen die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland stellen. Reichsbürger werden vom Verfassungsschutz als eine organisatorisch und ideologisch äußerst heterogene, zersplitterte und vielschichtige Szene bezeichnet. Sie besteht überwiegend aus Einzelpersonen ohne strukturelle Anbindung, aber auch aus kleinen Gruppierungen, virtuellen Netzwerken und überregional agierenden Personenzusammenschlüssen, wobei verbindendes Element die fundamentale Ablehnung der Legitimität und Souveränität der Bundesrepublik Deutschland sowie deren bestehende Rechtsordnung ist (vgl. Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, Verfassungsschutzbericht 2017, S. 90). Die Bundesrepublik ist für sie nicht existent, nicht souverän oder eine Firma (vgl. Bundesministerium des Innern, Verfassungsschutzbericht 2016, S. 92). Den Vertretern des Staates sprechen sie die Legitimation ab oder definieren sich in Gänze als außerhalb der Rechtsordnung stehend. Gemein ist der Szene, dass sie sich in unterschiedlichster Form auf den Fortbestand des Deutschen Reiches beruft. Die Vertreter der Bewegung fühlen sich nicht verpflichtet, den in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Gesetzen Folge zu leisten, da sie der Ansicht sind, Deutschland habe keine gültige Verfassung und sei damit nicht existent. Die Reichsbürgerbewegung wird als sicherheitsgefährdende Bestrebung eingestuft (vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2016, S. 182). Wer der Ideologie der Reichsbürgerbewegung folgend die auf dem Grundgesetz fußende Rechtsordnung generell nicht als für sich verbindlich anerkennt, gibt Anlass zu der Befürchtung, dass er auch die Regelungen des Waffengesetzes nicht strikt befolgen wird. Dies gilt für den Umgang mit Waffen ebenso wie für die Pflicht zur sicheren Waffenaufbewahrung, die Pflicht zur getrennten Aufbewahrung von Waffen und Munition, die Pflicht zu gewährleisten, dass andere Personen keinen Zugriff haben können, sowie die strikten Vorgaben zum Schießen mit Waffen im Besonderen (so auch VG Schwerin, Beschl. v. 6.9.2018 – 7 B 583/18 SN –).

26
Tatsächlich ist jedoch unerheblich, ob der Kläger tatsächlich der Reichsbürgerszene zuzuordnen ist. Auch jenseits der Nähe zum eigentlichen Reichsbürger-Spektrum rechtfertigt eine Einstellung, die die Existenz und die Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negiert und die auf dem Grundgesetz fußende Rechtsordnung nicht als für sich verbindlich betrachtet, die Annahme der waffenrechtlichen absoluten Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG (vgl. OVG Koblenz, Beschl. v. 3.12.2018 – 7 B 11152/18 –, Rn. 22 f., juris; VGH Mannheim, Beschl. v. 10.10.2017 – 1 S 1470/17 –, Rn. 28, juris).

27
Auch wenn bei der Beurteilung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit nicht auf ein singuläres Ereignis abgestellt werden darf, sofern das Verhalten des Klägers im Übrigen – z.B. einwandfreies Verhalten gegenüber Behörden, umgehendes Befolgen von behördlichen Anordnungen, glaubhafte Distanzierung von der Reichsbürgerbewegung und/oder überzeugende Erklärung für die getätigte Einlassung – keinerlei Anhaltspunkte dafür liefert, dass die staatliche Legitimation der Bundesrepublik Deutschland in Zweifel gezogen wird (vgl. Urt. der Kammer v. 7.11.2019 – 6 A 1597/18 HGW –, juris) rechtfertigen die dem Gericht vorliegenden Erkenntnisse die Annahme einer waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit des Klägers nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG. Im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung wäre die Prognose gerechtfertigt gewesen, dass der Kläger Waffen oder Munition missbräuchlich verwenden würde. Durch sein Verhalten im Rahmen der Verwaltungsverfahren zu den Schreiben des Beklagten vom 25. Februar 2014, 12. April und 8. Juli 2016 hat er gezeigt, dass er die Bindung an die Rechtsordnung durch Wort und Tat unter Vorbehalt stellt und auf diese Weise begründete Zweifel daran erweckt, ob er die waffenrechtlichen Vorschriften auch dann noch einhalten würde, wenn sie ihm nicht (mehr) opportun erscheinen.

28
Die vom Kläger im Schreiben vom 10. März 2014 geäußerte Ansicht, dass der Beklagte nur ein nach Firmen- und Vertragsrecht arbeitendes Unternehmen sei, das Vertragsangebote unterbreite und es zu einem Vertragsschluss nur dann komme, wenn sie angenommen werden, zeigt bereits, dass der Kläger Behörden nicht als legitime staatliche Einrichtungen ansieht. Er behält sich durch diese Sichtweise selbst die Entscheidung vor, welchen Regelungen er durch eine Annahme des vermeintlichen Vertragsangebots Folge leisten möchte und welchen nicht. Die in seinem Schreiben verwendete Angabe „ a.d.F. A.“, macht eine - auch für die Reichbürgerideologie typische - Unterscheidung des Menschen in eine natürliche und eine juristische Person deutlich. Dies stellt seine Abkehr von der Rechtsordnung abermals heraus. Eindeutig erkennbar wird diese Grundhaltung am Ende des Schreibens. Dort spricht er nicht nur dem Beklagten, sondern auch dem Bundesland Mecklenburg-Vorpommern und der Bundesrepublik Deutschland die staatliche Legitimation und die Befugnis ab hoheitliche Aufgaben wahrzunehmen. Dadurch ist zu erwarten, dass er waffenrechtlichen Regelungen seitens des Beklagten als Ordnungsbehörde keine oder nur dann Folge leisten wird, wenn es ihm opportun ist. Daher kann es vorliegend dem Kläger auch nicht zugutekommen, dass er seiner Pflicht zur Rückgabe seines Waffenscheins rechtzeitig nachgekommen ist. In seinen folgenden Schreiben vom 20. April und 18. Juli 2016 hält er seine Ansicht sodann aufrecht.

29
Der Kläger hat sich im Verwaltungsverfahren auch nicht glaubhaft von seiner Haltung distanziert.Das Abstandnehmen von potenziell sicherheitsgefährdenden Ansichten ist ein innerer Vorgang. Dementsprechend ist für eine glaubhafte Distanzierung zu verlangen, dass äußerlich feststellbare Umstände vorliegen, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass der Betroffene seine innere Einstellung verändert hat. Das Erfordernis der Veränderung der inneren Einstellung bedingt es, dass der Betroffene in jedem Fall einräumen muss oder zumindest nicht bestreiten darf, in der Vergangenheit den einschlägigen sicherheitsrechtlichen Tatbestand erfüllt zu haben. Ohne Einsicht des Betroffenen in die Unrichtigkeit des ihm vorgeworfenen Handelns hat die Ankündigung einer Verhaltensänderung keine glaubwürdige Grundlage (vgl. VG München, Urt. v. 21.5.2019 – M 7 K 17.2172 –, Rn. 40, juris). Das klägerische Schreiben vom 27. November 2017, das im Zuge der Anhörung erstellt worden ist, erfüllt diese Maßstäbe ebenso wenig, wie sein Widerspruch vom 1. Oktober 2018.

30
Die Anordnungen zu Ziffer 2 und 3 und die Kostenentscheidung in Ziffer 4 des gegenständlichen Bescheides begegnen ebenfalls keinen Bedenken. Der Kläger hat hierzu nichts vorgetragen und auch dem Gericht drängt sich eine Rechtswidrigkeit nicht auf. Insoweit wird der Begründung in den gegenständlichen Bescheiden gefolgt, vgl. § 117 Abs. 5 VwGO.

31
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

32
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung - ZPO.

33
Gründe für die Zulassung der Berufung gem. §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO sind nicht ersichtlich.
[close]
http://www.landesrecht-mv.de/jportal/portal/page/bsmvprod.psml?doc.id=MWRE200000536&st=ent&doctyp=juris-r&showdoccase=1&paramfromHL=true#focuspoint
Merke: Es genügt natürlich nicht, dämlich zu sein. Es soll schon auch jeder davon wissen!

„Nur weil es Fakt ist, muß es noch lange nicht stimmen!“ (Nadine, unerkannte Philosophin)
 
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