@dieda Was sagt die Fachfrau, wie viel muss man in das Potential stecken, dass Rüdi entdeckt hat? Halbe Million pro Haus?
Etwas verspätet, weil jetzt erst gesehen, hier noch eine Bemerkung zum Seifhennersdorf- Film:
Wenndem so wie Rüdi wäre, dann wären sicher schon ganze Heerscharen von Investoren über die Ruinen hergefallen. Aber alle Leute mit Geld, die rechnen können, bauen oder kaufen lieber in oder an der Landeshauptstadt, gern auch modernen Würfelhusten, Hauptsache die Hvtte ist vermietbar und egal, wie hoch da die Immobilienpreise schon sind.
Rüdi filmte im Übrigen hier einige dieser typisch Oberlausitzer
Umgebindehäuser, das waren mal die Häuser der eher ärmlichen Leineweber, selbst nicht richtig Bauern, nur ein bisschen Nebenerwerbslandwirtschaft, aber auch nicht richtig Handwerkerhäuser. Da stand im hölzernen Teil des EG der Webstuhl, um den sich auch die Familie aufhielt, bzw. war in besseren Häusern nebenan noch die abgetrennte "Gute Stube". Auf der anderen, steinernen Seite war mitunter das Vieh, darüber die Schlafzimmer, wegen der Wärme, die die Tiere abgaben. Da hört es bei der Sanierung ja schon gelegentlich mal an der Deckenhöhe und der Deckenbelastung auf, Räume mit unter 2m Raumhöhe ist keine Seltenheit. Diese Häuse sind teilweise so winzig, da hätte z.B. schon mal ein Mülli keine Chance zu treten, aber der kommt vermutlich schon nicht mal durch den historischen Türstock.
Mitunter fehlen auch noch die Erschließung (meist Abwasser) oder sind andere bauordnungsrechtlichen Einschränkungen vorhanden, die eine Sanierung eh unwirtschaftlich machen, da ist oft der Denkmalschutz noch das kleinste Übel. Für die häufig auch noch vorhandenen Nebengelasse muss schließlich auch eine Nutzung gefunden und die Finanzierung gestemmt werden.
Rechne mal mit üblichen Vollsanierungskosten bei Fachwerkhaus mittlerer Zustand von ca. 1500- 2100€/qm und bei schon fortgeschritten bis ruinösem Zustand bis 3000 oder gar 3500€/qm Wohnfläche und das sind dann meist ca. 160-200qm. Das kann sich tutti completti vielleicht noch der letzte ansässige Landarzt leisten. Ersatzweise geht es zwar auch mit etwas weniger Geld und in Verbindung mit ganz, ganz viel Eigenleistung und unter jahrelangen enormen Einschränkungen als Selbstnutzer. Dann wird es trotzdem ein teurer Spaß, dafür wohnt man Jahrzehnte auf der Baustelle gleich nebenan vom A** der Welt, muss meistens auch noch pendeln und die Kinder kilometerweit zur Schule o.ä. bringen und hat oft vor Ort schon keine Infrastruktur mehr. Dann kommt mitunter nur noch einmal die Woche der Versorgungsbus. Das tut sich kaum einer freiwillig an, oder nur solche verwirrten und später frustrierten Romantiker, die oft erst zu spät merken, auf welches Abenteuer und welche persönlichen Entbehrungen sie sich da überhaupt eingelassen haben.
Was also fehlt, ist nicht unbedingt das Geld, sondern zuerst einmal die "normalen" Bewohner dieser Dörfer. Teilweise kaufen ja schon die oft handwerklich begabteren Polen diese Häuser zum Schleuderpreis auf, sanieren die und pendeln zum Arbeiten und Einkaufen nach Zgorgelec, irre.
Ja, die Dörfer in der Lausitz sterben aus, das ist tragisch. Und bis vor einigen Jahrzehnten lebten in diesen Häusern ja noch diese steinalten, freundlichen und unermüdlichen Mütterchen mit ihren Kopftüchern, ihren Hasen und Hühnern, die von früh bis abends auf den Beinen waren, noch die Dachrinne selbst reparierten, das Gemüsebeet und den Garten pflegten, die Straße kehrten, am Sonntag in die Kirche gingen und letztlich so das ganze Dorfleben aufrechterhielten, Relikte aus einer längst verschwundenen Zeit. Also gar nicht diese Art Radauoma wie unsere Viola. Mit ihrem lautlosen Verschwinden geht nun wirklich ein ganzes Stück Kultur verloren, aber das ist jetzt keine explizit "toitsche" im Rüdischen oder im
NehrlingNachwuchsgandalfschen Sinne, sondern die Kultur der dörflichen Kleinhandwerker mit Nebenerwerbslandwirtschaft, egal, ob die nun deutsch, polnisch, tschechisch oder wendisch bzw. sorbisch sprechen. Und gleich hinter der Grenze, mit der genau gleichen ursprünglichen "Baukultur" ist der Verfall lediglich nur schon weiter fortgeschritten.
Und dieses grundlegende Problem ist aber auch nicht mehr mit administrativem Geldregen, mit schmucken Museumsdörfern, mit yt- Ansprachen von halbgebildeten Pöbel- Prekraiatspredigern bzw. mit der Ansiedlung von irgendwelchen "arischen" Aussteiger- Siedlungsgemeinschaften, wie sie offensichtlich Rüdi vorschweben und wie sie beim Tatort "Freiland" schön überzeichnet worden sind, zu lösen.
Und das ist jetzt wieder eine andere Geschichte.