Das hat letztendlich die CDU bzw. Adenauer so gründlich und nachhaltig verbockt.
Nein, nicht nur.
Als der 5. BGH-Strafsenat unter seinem berüchtigten Vorsitzenden Werner Sarstedt vermutlich Recht beugte, als er 1969 das Urteil des LG Berlin gegen einen Beisitzer des Volksgerichtshofs aufhob, hatte das mit Adenauer nichts zu tun. Sondern mit einer unguten allgemeinen Gemengelage.
Beispiel dafür: Aufgewachsen bin ich in einem Nachbarlandkreis von Günzburg.
Die Anhänger für Bulldoggs trugen in den 60ern und 70er überwiegend die Aufschrift „Mengele“ und diese Fabrik hatte einen guten Namen.
Auch über die Landkreisgrenzen von Günzburg war es bekannt, wenn Josef Mengele einmal im Jahr aus Südamerika kommend das Grab seiner Eltern besuchte.
Natürlich war auch damals seine Rolle im Dritten Reich bekannt. Es gab ja zu der Zeit auch schon Dokus im Fernsehen, wenn auch nicht in der Menge und Qualität wie heute.
Und ich bin mir sicher, meine Eltern hätten sein Auftauchen bei den Behörden angezeigt,
wenn man gewußt hätte, daß er gesucht wurde!
Aber man wußte es einfach nicht!
Alle waren auf den Plakaten, vor allem die Terroristen der Baader-Meinhof-Bande.
Mengele aber nicht, über Mengele hieß es nie, der würde gesucht, im Fernsehen nicht, im Radio nicht und in der Augsburger Allgemeinen, der Süddeutschen und der ZEIT auch nicht (das sind die Blätter, die meine Eltern vorwiegend lasen).
Irgendwann war dann nichts mehr von ihm zu hören und dann hieß es plötzlich, er würde gesucht. Vielleicht nahm man an, die Taten seien verjährt, weder Staatsanwaltschaften noch Polizei ließen zuvor irgendetwas dazu vernehmen.
Vermutlich war er zu dem Zeitpunkt bereits tot und irgendwer lancierte wohl die Suche. Und dann kam die Nachricht (ich glaube im Stern oder im SPIEGEL), er sei tot. Und dann hieß es plötzlich von allen Seiten, er sei doch so stark gesucht worden, wie denn das sein könne und überhaupt ...
1969 war Wernher von Braun
der Held überhaupt, überall hieß es, er sei Deutscher, man könne stolz sein. Sonst nichts. Noch nicht einmal von den Protesten, die es damals schon in den USA gegen ihn gab, erfuhr man irgendetwas. Nicht mal aus dem SPIEGEL oder aus MONITOR.
2001 erfuhr ich, daß der Kriegsverbrecher Fegelein und Schwager von Eva Braun ein Jahr zuvor verstorben war. Gar nicht weit von uns weg, in der Nähe von Bad Wörishofen.
Waldemar Axel Fegelein (an der Endung -lein eindeutig als Franke zu erkennen und somit in Bayerisch-Schwaben eine Art Fremdkörper), zuletzt wohl SS-Standartenführer und Ritterkreuzträger, tauchte unter, indem er sich Axel Waldemar Fegelein nannte.
Genial, nicht?
Nun kann aber auch keiner sagen, er sei ein völlig Unbekannter gewesen! Im Gegenteil!
Er hatte zusammen mit seinem Bruder das später als Olympia-Reitzentrum genutzte Gelände der SS-Reit- und Fahrschule bei München gegründet.
Er bildete viele Pferdewirte aus (vor allem -wirtinnen) und war ein gern und oft gesehener Gast bzw Richter bei Springreitturnieren. Seine Ausbildung fand immer noch in den früheren Reitsätteln der SS statt. Bessere gebe es nicht, sagte er.
Unbekannt war der wirklich nicht.
Zusammenfassung: lange Zeit hinweg wollte ein sehr sehr großer Teil der deutschen Bevölkerung gar keine Strafe für Kriegsverbrecher. Dafür hatte man allerhand Ausreden parat (so lange her, Schwamm drüber, muß auch mal Schluß sein, man kennt das).
Und wenn schon diese Prominenten nicht belangt wurden, dann kümmerte sich die Stelle in Ludwigsburg erst recht nicht um die Unbekannten. Man hatte da wohl ganz bewußt (bis 2013 oder so?) einen Schnarcher hingesetzt, der sich in den Medien stets betriebsam gab, aber letztendlich einfach untätig war.