Wer die Szene in den letzten Jahren beobachtet hat, der kann doch nicht überrascht werden?
Und für Laschet ist es offenbar nur eine Frage der Erziehung, so etwas nicht vor laufender Kamera, also öffentlich, kundzutun. Generell einen Mord aus politische Gründen gutzuheißen, scheint für ihn demnach kein Problem zu sein.
Spoiler
Update vom 5.7., 6:30 Uhr: Reporter des ARD-Magazins „Kontraste“ haben am Rande einer Kundgebung des fremdenfeindlichen Pegida-Bündnisses in Dresden am Montag Teilnehmer nach ihrer Ansicht zum Mord an Lübcke gefragt, der Beitrag wurde am Donnerstagabend ausgestrahlt. Ein Befragter sagte in dem Beitrag, im Vergleich zur linksextremen Gefahr sei ein Mord, „alle zwei, drei Jahre, aus irgendwelchen Hass-Gründen, relativ normal“. Ein anderer sagte auf die Frage, ob Mord eine menschliche Reaktion sei: „Ja, wie es in den Wald hinein gerufen wird, so schallt‘s wieder raus.“
Politiker mehrerer Parteien haben sich über diese Aussagen von Pegida-Demonstranten zum Mord an Walter Lübcke entsetzt gezeigt. Auch auf Twitter waren viele Nutzer empört, darunter ebenfalls Politiker. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet schrieb in dem sozialen Netzwerk: „In was für Zeiten leben wir, in denen vor laufender Kamera offen ein Mord gutgeheißen wird?“ Der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende fügte hinzu: „Man erschaudert vor diesen Abgründen.“ Der frühere CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz meinte auf Twitter zu der Kurzversion des „Kontraste“-Beitrags: „Eine Minute, in der es einem kalt den Rücken runter läuft.“
Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Karl Lauterbach twitterte: „Die #Pegida Leute können einem wirklich Angst machen. Menschen, die über einen ermordeten demokratischen Politiker wie #Lübcke schadenfroh Spott absondern, sind zu allem fähig.“
Kasseler Regierungspräsident Lübcke wurde am 2. Juni getötet
Walter Lübcke wurde am 2. Juni 2019 vor einem Wohnhaus in Wolfshagen-Istha durch einen Kopfschuss getötet. Der CDU-Politiker war für sein Engagement und seine flüchtlingsfreundliche Haltung bekannt und in der rechten Szene verhasst. Seit 2015 war er im Netz rechter Hetze ausgesetzt, an der sich neben Neonazis auf AfD-Politiker beteiligten. Morddrohungen waren die Folge, Lübcke stand mehrfach unter Polizeischutz.
An 2. Juni nun wurde er mutmaßlich von dem hessischen Neonazi Stephan Ernst ermordet. Der Rechtsextreme, der der Polizei bekannt war und wegen mehrerer Gewaltdelikte vorbestraft ist, hielt sich im Umfeld der NPD auf, war unter anderem bei der gewaltbereiten Nazi-Gruppe „Combat 18“ aktiv und an einer Demonstration der „Autonomen Nationalisten“ beteiligt. Die Bundesstaatsanwaltschaft hat mittlerweile die Ermittlungen übernommen und stuft die Tat als rechten Terror ein.
Hier lesen Sie die Chronologie des Mords an Lübcke
Ernst hatte zunächst den Mord gestanden und die Ermittler zu der Tatwaffe geführt. Zudem nahm die Polizei zwei weitere Personen, Markus H. und Elmar J., fest, die im Verdacht der Mittäterschaft stehen. Wie jetzt bekannt wurde, soll der Waffenbeschaffer Markus H. gemeinsam mit Ernst auf der Bürgerveranstaltung gewesen sein, auf der Walter Lübcke die Rede gehalten hatte, die ihm so viel Hass einbrachte. „Da muss man für Werte eintreten und wer diese Werte nicht vertritt, der kann jederzeit dieses Land verlassen, wenn er nicht einverstanden ist, das ist die Freiheit eines jeden Deutschen“, waren die Worte, die eine Rolle im Mordfall spielen sollen, wie Stephan Ernst laut „Süddeutscher Zeitung“ selbst aussagte. Beide sollen sich im Umfeld des rassistischen Kasseler Pegida-Ablegers aufgehalten haben.
Mit einem Wechsel seines Anwalts widerrief Ernst sein Geständnis, aktuell wird er vertreten durch den Dresdner Juristen Frank Hanning, der selbst in der rechten Szene kein Unbekannter ist. (dpa/ktho/tab)