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Döbeln Justiz Mahnbescheid gegen die Gerichtsvollzieherin
Böse Überraschung für die Gerichtsvollzieherin: Laut gerichtlichem Mahnbescheid sollte sie völlig grundlos insgesamt rund 10 000 Euro an einen Döbelner zahlen. Nun stand der Mann wegen Computerbetruges vor Gericht.
Döbeln
Zehn Jahre juristische Ausbildung reichen nicht, um das zu verstehen: 35 Seiten voller kruder Rechtsaufassungen, genannt Haftungssicherungsvertrag, kurz HSV. „Ich dachte bisher immer, das ist ein Fußballverein“, sagte Richterin Christa Weik im Verfahren gegen einen Mittfünziger, der die Schreiben an die Gerichtsvollzieherin schickte. Auch eine Zahlungsklausel enthielten die HSV. Sollte die Gerichtsvollzieherin eine Frist von 21 Tagen fruchtlos verstreichen lassen, würde Schadenersatz von 5 000 bis 9 000 Euro fällig werden. Später erwirkte der Mann zwei gerichtliche Mahnbescheide gegen die Gerichtsvollzieherin, einen über rund 5300 Euro, den anderen über etwa 5200 Euro. Das geht mittlerweile relativ einfach am Computer per automatisiertem Mahnverfahren.
Den richtigen Paragrafen nicht dabei
„Hintergrund ist, dass mich Frau H. beauftragt hatte, ihre Post treuhänderisch auf Legitimität zu prüfen“, sagte der Angeklagte, den manche der Reichsbürgerszene zurechnen würden, der aber so nicht bezeichnet werden will. „Woher weiß ich denn, dass die Frau wirklich Gerichtsvollzieherin ist? Solche Schreiben kann doch jeder mit Photoshop am Computer herstellen“, sagte er. So ein HSV sei außerdem im Handelsrecht ganz üblich. „Auf welchen Paragrafen des Handelsgesetzbuches beziehen sich denn?“, wollte Richterin Weik wissen. Da musste der Mittfünfziger passen. „Den habe ich jetzt gerade nicht dabei.“
Erst komische Post, dann Mahnbrief
Die HSV waren als versuchte Nötigung angeklagt, die Mahnbescheide als versuchter Computerbetrug. Mit der Gerichtsvollzieherin hatte die Frau, es ist wohl die Lebensgefährtin des Angeklagten, zu tun, weil sie die Rundfunkgebühren schuldig geblieben war und sie die Gerichtsvollzieherin zur Vermögensauskunft geladen hatte. „Ich habe das schon ernst genommen“, sagte die Beamtin als Zeugin aus. „Aus Erfahrung weiß ich, dass solchen Schreiben Telefonanrufe folgen und die Leute dann auch persönlich erscheinen.“ Was unangenehm werden kann. Das unterblieb in diesem Fall. Dafür kam der Mahnbrief.
„Ich wollte rechtliche Verständlichkeit herstellen und auf Missstände hinweisen, die sich in Jahrzehnten angesammelt haben“, sagte der Angeklagte in seinem letzten Wort. Keinesfalls habe er sich bereichern wollen. Zudem seien die Forderungen der GEZ beglichen worden. Der gebürtige Schwabe ist ein studierter Mann mit einem Doktortitel in Mathematik. Irgendwann muss er zu den Menschen mit merkwürdigen Rechtsauffassungen gefunden haben. Die entsprechende Internetseite führt ihn als Dozenten der Königlichen Akademie für Weisheit und Selbstentfaltung des „Königreichs Deutschland“, dass der bekannteste aller Reichsbürger, Peter Fitzek, mal ausgerufen hatte.
Krude, krude, krude
Richterin Weik verurteilte den königlichen Dozenten wegen zweifachen Computerbetruges zu einer Gesamtgeldstrafe von 80 Tagessätzen zu 15 Euro. Die Anklagen wegen versuchter Nötigung ließ sie fallen, weil die Sanktionen dafür die Gesamtstrafe nicht wesentlich erhöht hätten. „Meine juristische Ausbildung dauerte zehn Jahre. Das reicht nicht, um zu verstehen, was sie in ihrem Pamphlet wollen. Das ist krude, krude, krude“, sagte Richterin Weik. Sie zitierte dann zum Beweis aus dem Pamphlet. Das einzig verständliche ist, dass der Mittfünziger die Gerichtsvollzieherin darin völlig unangemessen mit Vornamen anredet und duzt.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Von daz
Das ist jetzt ja schon das zweite Urteil.