Vielleicht ist D. nicht deutscher Muttersprache.
Allerdings sollte man zumindest logisch denken können auch unabhängig von der jeweiligen Muttersprache.
Nehmen wir z. B. die folgenden "Glanzstücke" am Ende seiner "Verordnung":
Diese Verordnung ist eine Dienstvorschrift und als solche zu behandeln.
Diese Verordnung ist sofort innerhalb von 72 Stunden der breiten Masse der Öffentlichkeit zugänglich zu machen!
Alle Rechte inklusive der Rechtsicherheit vorbehalten!
Womöglich ist D. nicht klar, was der Unterschied zwischen einer Verordnung und einer Dienstvorschrift ist. Was ihm vorschwebt, ist aber wohl eher eine dienstliche Anweisung. Man kann Verfassungen, Gesetze, Verordnungen, Dienstvorschriften, dienstliche Anweisungen, militärische Befehle, aber etwa auch Vertragsbestimmungen, Satzungen und nicht zuletzt Entscheidungen von Gerichten ganz allgemein unter dem Oberbegriff des Befehls zusammenfassen. "Befehl" ist dabei erst einmal nicht im juristischen, sondern im allgemein sprachlichen Sinn verwendet. Denn das Gemeinsame aller dieser verschiedenen Formen ist, dass sie von jemandem etwas verlangen, ihm mithin also etwas befehlen.
Nun kann man unterscheiden zwischen Befehlen, die auf Dauer gelten. Solche nennt man meist auch "Gebot". Verfassungen, Gesetze und einige weitere rechtliche Formen des Befehls beanspruchen dauerhafte Gültigkeit. Sie enthalten also Gebote im eben genannten Sinn. Man kann nun weiter unterscheiden zwischen Gesetzen im formellen Sinne, d. h. Erlassen, die auch als Gesetze bezeichnet werden und die vom Gesetzgeber beschlossen werden, und Gesetzen im materiellen Sinne, die zwar nicht als Gesetze bezeichnet werden und bisweilen auch nicht vom Gesetzgeber ausgehen, sondern von einer anderen Stelle, etwa der Regierung, die aber ebenso allgemeine, dauerhafte Geltung beanspruchen wie die formellen Gesetze. Solche materiellen, aber nicht formellen Gesetze nennt man meist "Verordnungen".
Weiter kann man unterscheiden zwischen allgemein gültigen Erlassen und solchen, die nur auf einem bestimmten Gebiet oder für einen bestimmten Personenkreis gelten. Eine Bebauungsordnung gilt z. B. nur auf einem bestimmten Gebiet, eine Satzung nur für einen bestimmten Personenkreis, etwa für die Mitglieder eines Vereins.
Eine Dienstvorschrift unterscheidet sich nun eben gerade dadurch von anderen Erlassen, dass sie vom zuständigen Dienstherrn erlassen wird und keine externe Wirkung entfaltet, sondern nur die dem betreffenden Dienstherrn Unterstellten bindet. Regelungen, die eine über diesen Kreis hinausgehende Wirkung entfalten sollen, dürfen in einer Dienstvorschrift nicht enthalten sein.
Eine Dienstvorschrift gilt allerdings ebenfalls dauerhaft. Wenn man, wie es hier geschehen soll, jemandem ein bestimmtes dienstliches Handeln im Einzelfall befehlen will, dann ist dies eine dienstliche Anweisung.
Was sollen nun also die armen Empfänger mit einer "Verordnung" anfangen, die sie als "Dienstvorschrift" verstehen sollen, die aber ihrem Inhalt nach nur eine dienstliche Anweisung darstellen?
Noch lustiger wird es im nächsten Satz: "Sofort" und "innerhalb von 72 Stunden" widersprechen sich im Grunde. "Sofort" bedeutet ja, dass man unverzüglich, so schnell es einem möglich ist, etwas erledigen soll. Im rechtlichen Kontext sind solche Wendungen allerdings unbeliebt, weil letztlich offen bleibt, was "sofort" bzw. "unverzüglich" oder "so schnell als möglich" jeweils bedeuten. Um der Rechtssicherheit willen bevorzugt man im Recht Fristen.
Was aber soll nun die "breite Masse der Öffentlichkeit" sein? Eine "breite Masse" ist ein unbestimmter Mengenbegriff. Wir können davon ausgehen, dass damit zumindest die Mehrheit gemeint sei, also mehr als die Hälfte. Aber wie viel mehr als die Hälfte ist dann eine "breite Masse"? 60%? 70%? Was ist eigentlich die Bezugsgröße?
Dem Wortlaut nach ist dies die "Öffentlichkeit". Was aber grundsätzlich jedermann zugänglich ist, das ist öffentlich. Die "Öffentlichkeit" erstreckt sich damit im Grunde heute weltweit, denn über entsprechende Kanäle kann man das, was in Deutschland öffentlich zugänglich gemacht wurde, auf jedem Kontinent, auf den Meeren und in der Luft abrufen.
Auch hier fehlt wieder jegliche Überlegung, was man denn eigentlich ausdrücken wollte.
Was soll endlich der Vorbehalt aller Rechte? Niemand hat alle (denkbaren) Rechte, sondern immer nur eine beschränkten Teil aller (denkbaren) Rechte. Wenn ich z. B. Peter und Klaus betrachte, dann hat gewiss Peter ein Recht auf persönliche Freiheit, auf den Schutz seines Namens, seines Eigentums usw., ebenso hat Klaus ein Recht auf seine persönliche Freiheit, auf den Schutz seines Namens, seines Eigentums usw., aber Klaus hat nicht die Rechte auf die die persönliche Freiheit von Peter, auf den Schutz von Peters Namen, von Peters Eigentum usw. Umgekehrt kann auch Peter sich nicht die Rechte, die Klaus persönlich zustehen, beanspruchen.
"Rechtsicherheit" (sic!) ist zudem kein Recht, sondern eine Eigenschaft einer Rechtsordnung. Man kann sich daher auch keine Rechtssicherheit vorbehalten, denn entweder besteht Sicherheit darüber, was in einer bestimmten Rechtsordnung gilt, oder nicht. Da es immer wieder neue Ausgangslagen gibt, für die das bestehende Recht ursprünglich nicht bestimmt war, entstehen auch in einer reifen Rechtsordnung immer wieder Fragestellungen, die erst durch Leiturteile oder notfalls durch den Gesetzgeber entschieden und somit rechtssicher gemacht werden müssen.
Kurz: Hier schreibt nicht jemand, der der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig ist, sondern jemand, der nicht ausreichend denken kann.