Was sollen denn nun wieder "anerkannte Fakten" sein?
Unter Fakten versteht man bewiesene Tatsachen. Wenn jemand ein Faktum abstreitet, bleibt es dennoch bestehen, weil es eben einfach
ist.
Von Fakten ist dann um Ursprungsposting allerdings nicht mehr die Rede. Bei der Frage, was ein Staat ist, geht es vor allem um eine Definition, und Definitionen sind im Prinzip willkürlich.
Anerkannt ist im Völkerrecht zumeist die Drei-Elemente-Lehre. Diese besagt, dass ein Staat 1. Staatsgewalt ausüben, 2. ein Staatsgebiet und 3. ein Staatsvolk haben muss. Davon, dass ein Staat eine einheitliche Sprache oder ein "Einheitsvolk" haben müsse, ist nirgendwo die Rede. Selbst ein Staatsgebiet muss nicht eindeutige Grenzen haben. Die Grenze zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz ist z. B. in einem Bereich des Bodensees nicht genau bestimmt bzw. strittig (die Ansichten der Schweiz auf der einen und Deutschlands und Österreichs auf der anderen Seite gehen auseinander), dennoch haben alle drei Staaten eigene Staatsgebiete.
Manchmal wird als 4. Element noch die Fähigkeit, mit anderen Staaten in Beziehung zu treten, also diplomatische und konsularische Kontakte zu pflegen, Abkommen einzugehen usw., hinzugefügt, dies ist aber nicht allgemein anerkannt.
Dass die BRD recht wirksam Staatsgewalt ausübt, lehrt die Erfahrung. Dass sie zweifellos ein Staatsgebiet hat und auch ein Staatsvolk, lehrt die Erfahrung ebenfalls.
Was nun den alten Artikel 23 des Grundgesetzes angeht, erlaube ich mir, erneut darauf hinzuweisen, dass dieser niemals den Geltungsbereich des Grundgesetzes geregelt hat. Man muss nur genau lesen, was da stand:
Dieses Grundgesetz gilt zunächst im Gebiete der Länder Baden, Bayern, Bremen, Groß-Berlin, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern. In anderen Teilen Deutschlands ist es nach deren Beitritt in Kraft zu setzen.
Wichtig ist das Wort "zunächst": Hier wird nämlich gesagt, wo das Grundgesetz bei seinem Inkrafttreten gelten sollte, nämlich nur in den westlichen Besatzungszonen, die SBZ durfte ja nicht mitmachen. Zugleich ging der Artikel auch davon aus, dass es ein nicht näher umschriebenes "Deutschland" gab, in dessen damals nicht dem Grundgesetz unterstehenden Teilen dieses nach künftigen Beitritten ebenfalls gelten sollte, was eigentlich eine Binsenweisheit ist.
In der zitierten Liste fehlt das Saarland, ebenso fehlt der ganze Bereich der SBZ bzw. der späteren DDR. Dort standen der Inkraftsetzung des GG Hindernisse im Weg, das Saarland kam erst 1956 zur BRD, die DDR, wie wir wissen, erst 1990. Damit hatte sich die Bedeutung des Artikels 23 auch schon erschöpft, er konnte daher ohne Verlust gestrichen werden.
Schauen wir aber weiter die obige Liste an, so entdecken wir, dass dort Berlin aufgeführt ist, die Alliierten verhinderten aber, dass Berlin zum Geltungsbereich des Grundgesetzes gehörte, voller Bestandteil der BRD wurde Berlin ebenfalls erst 1990. Weiter finden sich in der Liste Länder, die es inzwischen gar nicht mehr gibt, weil das Bundesgebiet teilweise neu gegliedert wurde. Wir haben es also mit einer Momentaufnahme des Zustandes vor Inkraftsetzung des Grundgesetzes zu tun, und der Artikel sagte nur, wo dieses "zunächst", also ab 24. Mai 1949 gelten sollte.
Eine Liste der Bundesländer im Text des GG wäre auch im Blick auf Artikel 29 und die Möglichkeit bzw. ursprünglich sogar Verpflichtung zur Neugliederung des Bundesgebiets in Länder eher hinderlich, denn dann müsste bei jeder Änderung im Bestand der Länder auch diese Liste angepasst werden.
Die Verfassung der USA sagt übrigens zum Thema Gebiet oder Gliedstaaten nicht viel. Eine Vorschrift verbietet, dass einem Staat das gleiche Stimmrecht im Senat ohne seine eigene Zustimmung entzogen werden dürfe. Eine weitere Bestimmung verlangt die Zustimmung des Kongresses zur Aufnahme neuer Bundesstaaten, zudem wird die Errichtung eines neuen Staates innerhalb des Gebietes eines bestehenden Staates verboten. Diese Vorschrift wurde übrigens während des Bürgerkrieges umgangen, als der Kongress West-Virginia als neuen Bundesstaat anerkannte.
Das Bundes-Verfassungsgesetz Österreichs enthält eine Liste der bestehenden Bundesländer und Vorschriften über Veränderungen im Bestand und Gebiet derselben. Die genauen Grenzen weder der Bundesländer noch Österreichs insgesamt sind allerdings im Bundes-Verfassungsgesetz definiert.
Die Schweizer Bundesverfassung enthält ebenfalls eine Liste aller Kantone, sagt aber zu Veränderungen in deren Bestand oder zu Grenzveränderungen nichts. Trotzdem wurde 1979 der Kanton Jura neu geschaffen, in der Vergangenheit wurden durch Staatsverträge auch Grenzverläufe gegenüber Nachbarstaaten mehrfach genauer bestimmt oder verändert bzw. kleinere Gebiete ausgetauscht.
Ergebnis dieses kurzen Überblicks: Das Gefasel von angeblich fehlenden oder notwendig zu definierenden Geltungsbereichen ist einfach Quatsch.