Da ich keinen passenden Thread finde, generiere ich mal einen neuen, weil in Springers Welt offenbar Springers WELT so etwas wie der publizistische Arm der AfD sein soll - von der aberwitzigen Kommentar-Spalte mal abgesehen.
Ein Beispiel: Toblerone ist halal:
"Still und heimlich hat der Schokoladenkonzern Toblerone seine Produktion auf halal umgestellt – und das, ohne eine Zutat zu ändern. Ist das der Gipfel der Unterwerfung? Oder typisch Schweiz?"
Spoiler
Still und heimlich hat der Schokoladenkonzern Toblerone seine Produktion auf halal umgestellt – und das, ohne eine Zutat zu ändern. Ist das der Gipfel der Unterwerfung? Oder typisch Schweiz?
Wie sich herausstellt, macht die heimliche Unterwanderung des Abendlandes durch den Islam nicht mal vor dem Allerheiligsten halt, unserer Schokolade. Im Speziellen geht es um die Toblerone – erstaunlich, weil ausgerechnet die, indem sie in jedem einzelnen Zacken stolz die Form des Matterhorns imitiert, mit ihrer Schweizer Provenienz regelrecht verschmolzen ist. Laizistisch-nüchterner, eisig-rationaler könne eine Süßigkeit kaum sein, dachte man bislang. Falsch! Am Wochenende wurde bekannt, der Zackenriegel sei schon seit April halal. Seit April! Man habe nicht eine Zutat ändern müssen, so der herstellende Konzern etwas zerknirscht, sondern sei immer schon halal gewesen, nur noch nicht offiziell zertifiziert.
Das ist keine Kleinigkeit. Die meisten Schokoladen tragen ursprünglich alkoholische Aromen in sich, ein totales No-Go im Islam, ferner Süßmolkenpulver, das tierisches Lab enthält, ein Gemisch aus den Enzymen Chymosin und Pepsin, welches, wie Wikipedia schreibt, „aus dem Labmagen junger Wiederkäuer im milchtrinkenden Alter gewonnen und zum Ausfällen des Milcheiweißes bei der Herstellung von Käse benötigt wird“ – oder eben von Schokolade. Sowie der unselige Wiederkäuernachwuchs nicht in Übereinstimmung mit den Anforderungen des Koran oder der Lebensweise des Propheten geschlachtet wurde, muss sich ein gläubiger Muslim das Naschen versagen.
Nicht unproblematisch sollen außerdem gewisse Lecithine sein, sofern nicht aus Soja gewonnen. Weit oben auf der Halal-To-Do-Liste steht auch das Glück der Kühe (gottlob halten sich Schweine aus der Schokoladenproduktion raus). Mit diesem Claim brüstet sich traditionell ein Toblerone-Konkurrent („Die schönsten Pausen sind lila“), aber offenbar geht es auch den Toblerone-Kühen ganz okay.
Zuletzt ist Kinderarbeit verboten. Um die zu ächten, muss man kein Muslim sein. Doch das Kaffee- und Kakao-Business steht regelmäßig im Verdacht, Minderjährige auszubeuten. Toblerone bekam zuletzt 2013 von der Wohltätigkeitsorganisation „Stop the Traffik“ 16.000 handgeschriebene Postkarten, die gegen den Einsatz von Kindern bei der Kakaoernte protestierten.
Bedacht auf Sauberkeit und Reinheit
Da muss sich offenbar etwas getan haben, sonst hätten die Religionswächter dem Toblerone-Werk in Bern-Brünnen keinen gnädigen Stempel aufgedrückt. Die Zertifizierung ist offenbar smooth verlaufen. Wie gut die Schweiz und der Islam zusammenpassen, betonte auf Nachfrage einer Zürcher Zeitung auch Mounir Khouzami vom Swiss Arab Network, das sich der Förderung von Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Schweiz und den arabischen Ländern verschrieben hat: Muslime seien allgemein „bedacht auf Sauberkeit und Reinheit“, so Khouzami, was man ja auch den Schweizern nachsagen könne.
In einer Welt, in der über zwei Milliarden Muslime leben, fördert das Label halal garantiert den Verkauf, zumal Toblerone als nicht so schnell schmelzende Schokolade auch in der Wüste länger genießbar bleibt als etwa Überraschungseier. Der amerikanische Konzern Mondelez ist trotzdem lieber im Stillen stolz auf das Prädikat halal. Auf der Packung findet es sich nicht. Dazu Khouzami: „Sie haben Angst, Schweizer Konsumenten zu vergraulen.“
Eidgenössische Baklava
Dabei bleibt denen doch immer noch das Matterhorn. Und überhaupt ist Toblerone mit seiner Honig-Mandel-Mischung doch seit jeher sozusagen die eidgenössische Baklava. Wem ein potenzieller Kampf der Kulturen damit nicht geschlichtet scheint, der muss nur ein wenig weiter in der Geschichte zurückblicken. Denn eigentlich ist Schokolade ein Getränk der Mayas (die es sich wiederum von den Olmeken abschauten). Sie nannten es „xocolatl“ und gaben es in erster Linie Kriegern, Priestern und designierten Menschenopfern zu trinken. Montezuma soll regelrecht davon gelebt haben.
Wenn wir das Zeug jetzt also mit den Muslimen teilen, brechen wir uns echt keinen Zacken aus der Krone.
https://www.welt.de/kultur/article185645472/Halal-Offensive-Die-Islamisierung-der-Toblerone.htmlDer Verfasser dieses sinn- und merkbefreiten Beitrags versucht zwar, am Ende noch die Kurve zu kriegen. Aber das geneigte Publikum in den Kommentaren weiss genau, wie das gemeint ist, und reagiert entsprechend - mit Boykott (so langsam müsste dem typischen AfDiot Verhungern und Verdursten drohen
). Denn es ist natürlich ganz unerträglich, dass eine Schweizer Schokolade auch von Moslems gegessen werden darf. Wo kommen wir denn da hin? Das wäre ja noch schöner! Das Zeug muss also boykottiert werden. So schreibt ein User:
"Habe den Mist nie gegessen. Lieber einen schönen Schweinebraten mit Blutwurstbeilage. Ich lebe in Deutschland und die aufgezwungene Religion kann mich mal!"
Die gängigen Rechts-Reflexe funktionieren - und werden von der Springer-Presse bedient. Deren Rechtsdrift nimmt an Fahrt auf. Abzuwarten bleibt, ob und wann die auch das Reichsdeppenufer streifen.