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Eben dieser Polizist verbirgt sich hinter der bizarren Maskerade, eben dieser Polizist wird kurz nach Verhandlungsbeginn vor die Tür geschickt, weil eine Auseinandersetzung aus dem letzten Verhandlungstag die Ursache-Anwälte noch immer empört. In mehreren Verteidigererklärungen stellen sie klar, dass von ihnen abgegebene Anträge keineswegs – wie vom Vorsitzenden Richter in einem Nebensatz zu Protokoll gegeben - „falsch“ gewesen seien.
Anwäte von Adrian Ursache: „Es gibt einfach bis heute kein schlüssiges Bild der Abläufe“
Zudem verwahren sich sowohl Magerl als auch sein Kollege Manuel Lüdke gegen den Vorwurf der Kammer, sie hätten mit ihrem Antrag, das Tatgeschehen vom 25. August 2016 in Reuden in der Elsteraue vor Ort nachzustellen, die Anwendung von Schusswaffen befürwortet. „Es gibt einfach bis heute kein schlüssiges Bild der Abläufe“, insistiert Magerl, „der Ablauf darf aber nicht Spekulation bleiben, deshalb halten wir einen Vororttermin für notwendig.
Sein Kollege Lüdke unterstreicht das in einer emotionalen Einlassung in eigener Sache. „Ich bin aufgeladen“, sagt der Anwalt, „denn das Gericht hat mit diesen Unterstellungen das Gebiet der Sachlichkeit verlassen.“ Er habe sich vielmals und aus seiner Sicht hinreichend von den politischen Ansichten seines Mandanten distanziert. Aber die Vorwürfe gegen die Verteidiger, die nur ihre Arbeit täten, erweckten bei ihm Zweifel, dass es noch möglich sei ein faires Verfahren zu führen. „Ist denn das Gericht überhaupt noch an einer Wahrheitsfindung interessiert?“, fragt Lüdke.
Laufendes Ermittlungsverfahren gegen SEK-Beamte
Ja, die folgenden Stunden der Anhörung von ST325, der bisher nicht gehört werden konnte, weil er sich wegen eines gegen ihn und seine SEK-Kollegen laufenden Ermittlungsverfahren auf ein Aussageverweigerungsrecht berufen konnte, belegen es. Die Ermittlungen sind eingestellt, ST325, 1,75 groß, zwischen 75 und 80 Kilo schwer und nach seiner Rückkehr in den Verhandlungssaal unbewaffnet, hat keine leichte Zeit auf dem Zeugenstuhl.
Immer wieder verwickelt der 42-Järhige, der bei der Schießerei mit dem ehemaligen Mr.Germany Ursache durch ein Projektil am Hals verletzt wurde, sich in Widersprüche. Erst will er nach zwei Schüssen aus der Waffe eines seiner Kollegen einen „Schlag am Hals, extremer als ein Faustschlag“ gefühlt haben.
Prozess gegen Adrian Ursache: SEK-Beamter schildert auffallend wortgleich vom Tattag
Dann schildert er auffallend wortgleich mit einer eigenen Aussage vom Tattag, wie der heutige Angeklagte nach zwei weiteren Schüssen aus Polizeiwaffen „mit gebrochenen Augen“ vor ihm zusammengerutscht sei. Nachfragen aber ergeben, dass er ursprünglich auch ausgesagt hatte, er habe erst einen Schlag gespürt, dann seien Schüsse gefallen. Das sei damals falsch gewesen, begründet er das. Außerdem muss ST325 einräumen, dass er nach dem Schlag durch das Geschoss eine Hand an seinen Hals gehoben und danach auf seine Hand geschaut hatte, um zu prüfen, ob sich dort Blut befindet.
„Wie konnten Sie“, fragt Dirk Magerl, „gleichzeitig auf ihre Hand schauen und das Geschehen im Blick behalten?“ ST325, von Adrian Ursache als „Herr 325“ angesprochen, kommt ins Schwimmen. Dass seine heutigen Erinnerungen genauer ausfallen als die, die er unmittelbar nach dem geschehen geschildert hatte, begründet der SEK-Mann mit „Stress“. Dirk Magerl schüttelt den Kopf. „Dann sollten wir ihre Einheit vielleicht Stress-Einsatz-Kommando nennen“.
Der Prozess wird fortgesetzt.