Prozess gegen Adrian Ursache Verteidigung will Gutachter loswerdenHalle (Saale) -
Das erste Gutachten kam im Oktober, das endgültige Anfang März. Und Mitte April nun hat die Verteidigung des wegen versuchten Mordes angeklagten früheren „Mister Germany“ Adrian Ursache beantragt, den als Gutachter mit der Beurteilung des Geisteszustandes des 43-Jährigen aus Reuden in der Elsteraue beauftragten Rechtspsychologen Bernd Langer zu entpflichten und die von ihm erstellte Expertise bei der Urteilsfindung nicht zu berücksichtigen.
Langer, der an der Uni Halle arbeitet, solle auch nicht honoriert werden, forderte Verteidiger Dirk Magerl.
Gutachter soll Adrian Ursache nicht pflichtgemäß informiert habenLanger habe seinen Mandanten nur für zwei Stunden gesprochen und ihn vor Beginn des Gespräches nicht darüber informiert, dass er nicht der Schweigepflicht unterliege, sondern alle Informationen verwerten könne. Dem habe Ursache widersprochen, als es ihm klar geworden sei. „Dennoch wurden seine Aussagen verwertet.“
Auch inhaltlich sei das Gutachten mehr als zweifelhaft, so der Potsdamer Anwalt in seiner anderthalbstündigen Antragsbegründung. Zwar habe Langer, der auch das Gutachten über den Wittenberger „König“ Peter Fitzek erstattet hatte, eine ausgewiesene Qualifikation. „Doch zugleich fehlt es ihm an der notwendigen Objektivität“, so Magerl.
Befangenheit bei Gutachter Langer gegenüber Adrian Ursache?Das werde schon an der Wortwahl deutlich, mit der Langer seine Diagnose einer narzisstischen Störung mit schizophrenen Zügen begründe. Sein Mandant werde des „Papierterrorismus“ beschuldigt, weil er „Behörden mit endlosen Faxschreiben überflutet“ habe, und bezichtigt, den Holocaust zu instrumentalisieren. Allein diese Vorwürfe, so der Anwalt, „zeigen eine absolut feindliche Einstellung des Gutachters“.
Dessen Bewertung könnte im Prozess große Tragweite zukommen, weil die Beweisaufnahme eine in Tötungsabsicht erfolgte Schussabgabe durch Ursache, wie sie die Anklage ihm vorwirft, nicht bewiesen haben dürfte.
Ursache-Verteidiger mit schweren Geschützen gegen GutachterUmso schwerer die Geschütze, die Magerl gegen den Hallenser auffährt: Dessen These, Ursache sei ein „willenstarker“ Mann, der noch genug Steuerungsmöglichkeiten gehabt habe, um nach mehreren Treffern aus Polizeiwaffen zurückzuschießen, gleiche einer „vorweggenommenen Beweiswürdigung“, sei aber gar nicht Aufgabe des Gutachters.
Der „identifiziere sich einseitig mit der Anklägerseite“ und sein Gutachten könne damit nicht der Wahrheitsfindung dienen. Die Entscheidung über den Antrag wird beim nächsten Prozesstermin Anfang Mai erwartet. (mz)
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