Noch einige Bemerkungen zur Berichterstattung: Man sollte nicht zu sehr auf das achten, was Journalisten über Gerichtsverfahren schreiben. Die meisten Journalisten sind keine Juristen. Ein Bekannter, ausgebildeter Jurist, der aber das Berufsfeld gewechselt hat, sagt zum Beispiel, dass Protokolle über Verhandlungen mit rechtlichem Inhalt, die von Nicht-Juristen geführt wurden, erkennbar schlechter und oft genug nahezu oder überhaupt unbrauchbar seien. Der Grund sei einfach der, dass diesen Leuten der Blick für die rechtlich bedeutsamen Punkte fehle.
Wenn wir den Bericht über die letzten Zeugenaussagen lesen, wird schnell klar, dass es sich bei den erwähnten Zeugen offensichtlich um Leute aus dem Umfeld Ursaches bzw. seiner "Unterstützer" handelt. Man darf vermuten, dass diese Zeugen von der Verteidigung benannt wurden. Es ist auch denkbar, dass die Verteidigung gezielte Fragen beigesteuert hat, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Allerdings scheint aus dem, was der Bericht kolportiert, deutlich die Gesinnung der betreffenden Zeugen durch. Zeugen, die so offensichtlich voreingenommen und parteiisch sind, können bei der Urteilsfindung allerdings ziemlich bis überhaupt wertlos sein. Ob der Anklagevertreter da noch nachhelfen muss oder sich auf entsprechende Bemerkungen im Schlussvortrag beschränken kann, mag man verschieden sehen. Richter einer Strafkammer eines Landgerichts sollten eigentlich mit solchen Aussagen umgehen können.
Dass die Verteidigung dazu neigt, grundsätzlich jedes staatliche Handeln, das für ihren Mandaten ungünstig ist, rechtlich anzuzweifeln, mag ihrer Pflicht geschuldet sein. Ich habe manchmal eher den Eindruck, dass dies seit einiger Zeit eine Art Mode sei. Es gab einmal eine Zeit, als Anwälte die Verletzung von Verfahrensrecht rügten. Heute gehört es offenbar zum guten Ton, gleich auch eine Verletzung der Grund- und Menschenrechte zu rügen. (Nun ist z. B. eine Haft an sich ein Eingriff in ein Grund- und Menschenrecht, nämlich in die persönliche Freiheit. Eine unberechtigt angeordnete Haft ist also quasi per definitionem eine Verletzung der persönlichen Freiheit, nur dass es eben genau deswegen entsprechende Gesetze gibt, die genau regeln, wann eine Haft berechtigt ist und wann nicht, um einen unberechtigten Eingriff in ein Grund- oder Menschenrecht zu verhindern, man also die mit einer unberechtigten Haft verbundene Verletzung eines Grund- oder Menschenrechts nicht eigens rügen muss.)
Wenn insbesondere Zeugen gleich auch ihre Auffassung von Recht und Unrecht kundgeben, kann dies einen eher ungünstigen Eindruck erwecken. Immerhin ist die Aufgabenteilung vor Gericht eigentlich recht klar: Die Entscheidung von Rechtsfragen ist dem Gericht vorbehalten, dieses muss von Amtes wegen etwa bestehende Rechtszweifel klären. Die Parteien dürfen ihre Ansicht über das geltende und auf den Fall anzuwendende Recht gerne vortragen, wofür insbesondere die Schlussvorträge gedacht sind. Ständige "Belehrung" des Gerichts namentlich durch Personen, die nicht Partei sind, dürften meist dem Verfahren nicht sonderlich dienlich sein.
Was letztlich zählt, sind die Tatsachen. Selbst die Ursache nahe stehenden Zeugen konnten keinen wesentlich anderen Ablauf schildern, als die Anklage ihn dargestellt hat.