Das ist ein ganz schwerer Irrtum. Da ist genau NICHTS legitim!
Das halte ich für (evident) unrichtig: Selbstverständlich ist es immer legitim, staatliche Handlungen auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen, sei es in einem eigenen (verwaltungsgerichtlichen) Verfahren oder sei es im Rahmen eines Strafprozesses. Und das gilt natürlich auch und erst Recht für die Anwendung unmittelbaren Zwangs.
Richtig ist aber: Dabei kann dann natürlich auch herauskommen, dass der Schusswaffeneinsatz rechtmäßig war - zumal auch ein präventiver Schusswaffeneinsatz rechtmäßig sein kann, denn die Beamten sind natürlich nicht verpflichtet, sich zunächst erschießen zu lassen, bevor sie zurückschießen dürfen. Wenn jemand mit einer Waffe herumfuchtelt und die Gefahr besteht, dass sie eingesetzt wird, ist zulässig, die Person präventiv durch Schusswaffengebrauch zu entwaffnen. Entgegen der Annahme der Verteidigung (in einem MDR-Video) ist es deshalb noch nicht die entscheidende Wende des Prozesses, dass die ursprüngliche Annahme der StA, dass der Angeklagte zuerst geschossen habe, nach dem derartigen Sachstand nicht zutrifft.
2) Durfte der Beamte zu diesen Zeitpunkt schießen? Auch das ist eine wichtige Frage - aber nicht in diesem Prozess.
Dem wird ebenfalls zuzustimmen sein, denn eine "Notwehrlage" lag offensichtlich nicht vor. Die entscheidende - und rechtlich relativ übersichtliche - Frage ist wohl, ob der urige Adrian willentlich oder unwillkürlich die Waffe abgefeuert hat. Sofern Willentlichkeit vorliegt, kommt ein versuchtes Tötungsdelikt (wie angeklagt) in Betracht, anderenfalls bliebe nur eine fahrlässige Körperverletzung (denn Ursache setzte eine Ursache für die Verletzung des Beamten) übrig. Zu den "Nebelkerzen" gehört in diesem auch die Frage, ob die Räumung rechtmäßig war oder ein "Zustellmangel" hinsichtlich der Räumungsverfügung vorliegen kann. Selbst wenn das der Fall wäre, gäbe es dagegen Rechtsbehelfe; einen Schusswaffengebrauch kann das entgegen der Meinung der Verteidiger nicht rechtfertigen.
Die Verteidigung will jetzt das Rechtsgespräch mit dem Gericht suchen. Offenbar soll hier jetzt eine Verständigung versucht werden. Aus der Perspektive der Verteidiger könnte das Ziel lauten, eine Einigung auf fahrlässige Körperverletzung hinzukriegen. Aus der Perspektive der Staatsanwaltschaft würde mir das nicht genügen: Zwar kann man Mordmerkmal und Tötungsvorsatz diskutieren (obwohl bedingter Vorsatz doch naheliegt), aber eine gefährliche Körperverletzung (hier § 224 Abs. 1 Nr. 2 und 5 StGB) sollte in jedem Falle drin sein. Allerdings ist zweifelhaft, ob der beratungsresistente Angeklagte da mitspielt, da er in diesem Falle unter Anerkennung der U-Haft wohl noch mindestens 1 bis 2 Jahre abzusitzen hätte, bevor über eine 2/3-Bewährung überhaupt nachzudenken wäre.
Das Wort "Salve" behagt mir in diesem Zusammenhang nicht.
Heißt "salve" nicht eigentlich "Guten Tag"?