Falls bei Lesern Fragen aufkommen, bitte per PN.
Dankenswerterweise hat mich ein Forist aufgeklärt über den Fall. Spontan hatte ich erst angenommen, es ginge um die Spedition Schneider in Bärwalde, einem der ersten 'Millionen'-Opfer.
... war es wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis man sich die Frage stellt, ob du deinen Beruf, bei dem du mit gefährlichen Stoffen arbeitest und diese in nicht geringen Mengen besitzt, noch ausüben solltest und Zugang zu gefährlichen (explosiven, ätzenden und war nicht auch radioaktives dabei?) Stoffen haben solltest und diese auf leichtsinnigste Weise auf deinem Grundstück, teilweise im Freien lagerst.
Zufällig (oder nicht zufällig, Karma?) bin ich nicht nur allgemein juristisch bewandert, sondern Chemie zählt auch etwas zu meinen Kenntnissen, und zudem Gefahrstoffthemen.
Das Recht der gefährlichen Stoffe entwickelt sich erkennbar von Katastrophe zu Katastrophe. Zuerst z.B. die Chemiekatastrophe in Basel, die den Rhein bis zur Mündung verseuchte, so dass die Niederlande kein Trinkwasser mehr hatten.
Dann Seveso und die darum so genannte "Seveso-Richtlinie".
Dann Enschede und die Feuerwerksfabrik, die Filmchen kann man heute noch in YouTube bewundern. O-Ton eines Anwohners im Wohngebiet: "Es war wie im Krieg".
Die 'Überfälle' auf sein Grundstück hatte der Thread-Eröffner ganz sich selbst zuzuschreiben, sie waren alle nach den allgemeinen Vorschriften, spätestens des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes des betr. Bundeslandes gerechtfertigt.
Nur mal so: wer Gefahrstoffe, explosive, leicht brennbare gar, lagert, muss
- bestimmte Maximalmengen pro Lagerplatz einhalten,
- Abstände einhalten zur nächsten Charge
- Zusammenlagerungsverbote beachten, damit nicht Stoffe, die einzeln ungefährlich(er) sind, miteinander reagieren
- für Flüssigkeiten, aber auch (Basel!) für Feststoffe oder Reaktionsprodukte, die mit dem Löschwasser ausgeschwemmt werden können und ins Grundwasser oder oberirdische Wasserläufe gelangen können,
geeignete,
ausreichend bemessenene Auffangeinrichtungen vorhalten.
Es muss
jederzeit eine sog. Feuerwehrliste vorliegen, die den anrückenden Rettungskräften -zu ihrem eigenen Schutz sowie zur Planung des Angriffs- beschreibt, was wo in welcher Menge lagert. Diese hat tagesaktuell zu sein.
Zufällig habe ich mal einen ähnlichen Fall in der Nähe von Mainz beraterisch begleitet, in dem Fall war es eine Riesenhalle, deren Mieter einen Haufen Geld verdiente, indem er Gefahrstoff-Abfall 'entsorgte', indem er ihn gegen hohe Gebühren abholte und dann, statt es zu Sondermüllverbrennungsanlagen oder -deponien zu bringen, einfach oberirdisch einlagerte. Das Ponzi-System kam zum abrupten Stillstand, als das Lager einfach voll war.
Selbst Behördenvertreter trauten sich nicht mehr rein (es ging u.a. um Dioxine und Furane). Da das Gelände einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen gehörte, wollten die es, 'wie es steht und liegt' verkaufen (nach mir die Sintflut), damit die Altlast auf den neuen Eigentümer übergeht. In diesem Zuge wurde ich daher gebeten, für den Kaufinteressenten eine Art Gutachten zu erstellen (echte Gutachter lehnten ja ab aus Todesangst). Ich bin dann da mit Ganzkörperanzug und Gasmaske rein und habe das Inventar aufgenommen (soweit Schilder lesbar waren, ansonsten habe ich mühsam Proben für spätere Analysen genommen). An die Zustände, z.T. schiefe und umgestürzte Paletten, Knistern und Knacken in jeder Ecke, die Frage, ob man wegen Gasexplosionsgefahr Licht machen dürfe usw. erinnere ich mich heute noch deutlich. Aber da ging es noch nicht mal um Sprengstoffe, immerhin.
Die fachgerechte Entsorgung überstieg das Vermögen des ehem. Pächters um ein Vielfaches und es ist kein Wunder, dass Behörden heutzutage da genauer hinsehen, denn am Ende muss schnell gehandelt werden und die
Kosten fallen der öffentlichen Hand, d.h. den Mitforisten auch, zur Last.
Nach den wenigen Bildern, die ich damals von diesem Berliner Lager gesehen habe, stimmte dort nicht eine einzige der Voraussetzungen, und wenn das in oder nahe eines Wohnegebietes war, war es
vermutlich von vornherein unzulässig. Es ist vorher
- die Absicht
und
- später jede Erweiterung zu melden usw. Das ist ein Betrieb, der genehmigungspflichtig ist ("Verbot mit Erlaubnisvorbehalt").
Von daher wäre das ganze auch ohne Frühwald geräumt und gesichert worden. Hier geht es auch um Schnelligkeit, da wird nicht lange verhandelt.
Der Threaderöffner hat vielmehr Glück, dass er nun nicht wegen Explosionen oder Austritt giftiger Gase sich mit einer Geschädigtengruppe und Eltern konfrontiert sieht, die ihre toten oder lebenslang behinderten Kinder beklagen.Ja, er muss den Behörden ewig dankbar sein, dass sie ihn vor diesen Weiterungen bewahrt haben, zumal hier jahrelange Freiheitsstrafen wegen fahrlässiger Tötung, Umweltgefährung und was weiss ich noch im Raum stehen.
Um es ganz klar zu sagen: so, wie beim Banküberfall der Geiselnehmer froh sein kann, wenn er nicht zum Schutze der Geiseln erschossen wird, so kann der Threaderöffner froh sein, mit dem Leben trotz hinhaltenden Widerstandes davongekommen zu sein.
Die Behörden mussten in Unkenntnis der genauen Lage ja mit allem möglichen rechnen, selbst damit, dass die Gebinde absichtlich falsch beschriftet sind und in Wahrheit da, wo "Staubzucker" draufsteht, Pentaerythritnitrat drinne ist!
Im Übrigen muss ein Selbsthilfe-Verein nicht aus sieben Geschädigten bestehen, ebensowenig wie eine Schuldnerberatung aus sieben Insolventen bestehen muss.
Man muss nur wollen, dass zukünftige vor ähnlichen Schäden bewahrt werden. Hier scheint es aber ausschliesslich um einen Rachefeldzug zu gehen
- gegen 'Anstifter' Frühwald auf der einen Seite
- gegen das immer noch böse System auf der anderen Seite.
Beides kann nicht funktionieren, nur noch nicht ins Abseits abgeglittene Personen kann man zu retten versuchen. Wer sich mit Chemikalien einmal im Leben so fahrlässig verhalten hat, wird vermutlich, auch mit 'System-Anwälten' nicht, nie mehr die Zuverlässigkeit bescheinigt bekommen, um irgendetwas, das nach dem Grundstoffegesetz oder der Gefahrstoffverordnung besondere Zulassungen zum Umgang braucht, wiederzuerlangen.