Peter Fitzek im Cafe
Da war noch alles easy - Peter Fitzek sitzt in einem Wittenberger Straßencafé und plaudert, während Polizisten die Räume der "Reichsbank" durchsuchen.
Foto: Klitzsch
Dessau/Wittenberg -
Am Ende wird Peter Fitzek laut und ausfallend. Er hält sich die Ohren zu und kommentiert die Worte der Richterin mit „so ein Blödsinn“ und „unglaublicher Schwachsinn“. „Nehmen Sie eine Pistole und erschießen Sie mich“, sagt er in Richtung von Sigrun Baumgarten, als diese am Donnerstagabend im Dessauer Landgericht die Urteilsbegründung verliest.
Da hat die Kammer den Angeklagten Fitzek gerade zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und den Schlusspunkt unter eine viele Wochen dauernde Berufungsverhandlung gesetzt, in der Staatsanwaltschaft und Verteidigung die Urteile der Amtsgerichte Wittenberg und Dessau angefochten haben.
Das könnte Sie auch interessieren
Peter Fitzek muss mehr als zwei Jahre in Haft.
„König von Deutschland“ Fitzek zu weiteren 2 Jahren und 6 Monaten Haft verurteilt
Peter Fitzek
Amtsgericht Dessau Urteil gegen Peter Fitzek im August
Peter Fitzek
Prozess geht weiter Peter Fitzek gibt sich nicht geschlagen
Zusammengefasst wurden drei frühere Verfahren aus erster Instanz. Der 51-jährige Fitzek wurde wegen des Verstoßes gegen das Versicherungsaufsichtsgesetz zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 35 Euro im Januar 2015 verurteilt. Sieben Monate Haft resultieren aus einem Urteil des Amtsgerichtes Wittenberg vom Februar 2016.
Fahren ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung war damals das Vergehen. Mit einer Haftstrafe von einem Jahr und drei Monaten endete im April 2016 das dritte Verfahren vor dem Dessauer Amtsgericht, diesmal für Fahren ohne Fahrerlaubnis in acht Fällen.
Bis zu sechs Stunden
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit kann man von neun Verfahren ausgehen, die die deutsche Justiz gegen Peter Fitzek in den letzten zwei Jahren führte. Wegen Urkundenfälschung, Fahrens ohne Fahrerlaubnis, Angriffs auf Behördenmitarbeiter, unerlaubter Versicherungs- und Bankgeschäfte. Seine aktuelle Inhaftierung rührt aus einer Verurteilung des Landgerichts Halle vom März in diesem Jahr. Im Untreue-Prozess wurde er zu drei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt. In diesem März dauerte sein Schlusswort vier Stunden und 18 Minuten. Noch länger währten seine Ausführungen, als er in Hof vor Gericht stand: sechs Stunden.
Nun ist das Urteil höher als in der ersten Instanz ausgefallen und weit von dem Freispruch entfernt, den sich der Schöpfer des „Königreichs Deutschlands“ erhofft hatte. Am letzten Verhandlungstag zieht Fitzek vor zahlreichem Publikum im Gerichtssaal noch einmal das Register seiner Beredsamkeit. Eine erneute Einlassung nutzt er, um noch mal grundsätzlich sein Handeln und Agieren zu schildern, langwierig erzählt er von der Genese seines Staatskonstruktes, beschreibt dessen Eigenschaften und Strukturen.
Wenn die Richterin sagt, „das sind Ausführungen allgemein politischer Art, die haben hier nichts zu suchen“, strafft der Angeklagte kurz seinen Redefluss, um gleich darauf erneut in Wiederholungen zu verfallen.
Das strapaziert die Nerven und die Aufmerksamkeit. Aus den Zuschauerreihen sind bald vernehmlich die tiefen Atemzüge eines schlafenden Herrn zu hören. Nachdem ein neuerlicher Beweisantrag des Angeklagten zurückgewiesen wird, sorgt das Plädoyer der Staatsanwältin jedoch keinesfalls für etwas mehr Spannung an diesem letzten Verhandlungstag.
Sie hängt an ihren mehrseitigen Aufzeichnungen und stützt sich beim Vergehen gegen das Versicherungsaufsichtsgesetz vor allem darauf, dass die Nutzer von Fitzeks Versicherungsmodell davon ausgehen konnten, dass es sich um eine Krankenversicherung gehandelt habe.
„Er hat versucht zu verschleiern, dass es sich um ein Versicherungsgeschäft handelte“, sagt sie. Kriminelle Energie bescheinigt die Staatsanwältin dem Angeklagten beim Fahren ohne Fahrerlaubnis, denn „er glaubt, sich seine eigenen Regeln schaffen zu können“. Sie fordert eine Gesamtstrafe von drei Jahren und vier Monaten.
Freispruch ist das Ziel des Verteidigers, der pointiert und frei spricht, sich auf einige wesentliche Punkte der Anklage konzentriert und dabei vor allem Begrifflichkeiten und Definitionen in Frage stellt. Er kehrt die hehren Absichten seines Mandanten heraus, sagt aber auch, Fitzek ist „kein angenehmer Angeklagter, seine Ansichten mögen unangenehm sein, aber das darf hier nicht durchschlagen“.
Was er damit meint, hört man gleich darauf, als Fitzek zu seinem letzten Wort anhebt, das zähe zwei Stunden dauert und nicht ohne Ermahnungen der Richterin vorübergeht. Das schon zigmal Gehörte überzeugt das Gericht jedoch auch diesmal nicht. Peter Fitzek muss auch in Zukunft sein Königreich aus der JVA regieren. (mz)
– Quelle:
http://www.mz-web.de/28154558 ©2017