Also ... je nach Ausprägung der Demenz kann es natürlich schwierig sein den tatsächlichen Wunsch des Patienten wahrzunehmen.
Was spricht denn aber dagegen wenn jemand nach Hause möchte um dort zu sterben? Es gibt mittlerweile ausgesprochen gute mobile Palliativteams welche 24/7 zur Verfügung stehen und die Patienten auch Zuhause gut analgosedieren um den letzten Weg zu erleichtern. Im Krankenhaus stirbt es sich _anders_und es ist nicht das vertraute Umfeld, auch wenn die Angehörigen vor Ort sein sollten.
Wir haben ja auch §630 BGB (Patientenrechtegesetz) und jeder gesunde Mensch, der geistig voll bei Verstand ist hat auch das Recht Maßnahmen zu verweigern (könnte wie oben geschrieben hier aber eingeschränkt sein). Man darf nicht gegen den eigenen Willen im Krankenhaus festgehalten werden es sei denn Fremd- und/oder Eigengefährdung sind vorhanden. Dann greifen die PsychKG der einzelnen Bundesländern.
Manchmal ist das hier schon seltsam mit unserer Kundschaft. Egal was sie schreiben, es muss falsch sein.
Soweit die Theorie.
zur Praxis.
1. Viel Spass dabei um 2330 ein Palliativteam zu organisieren. Das ist unrealistisch und auch nicht Aufgabe des Nachtdienstes so etwas zu tun. Da hat man andere Aufgaben.
2. Sicher kann ein orientierter Patient selbstständig entscheiden. Jeder hat das Recht auf Seine eigene Unvernunft. Bei Demenz sieht das anders aus. Die Hauptaufgabe des Arztes sowie des Pflegepersonals ist und bleibt, Schaden vom Kranken abzuwenden. Lag hier eine Patientenverfügung vor? Gab es einen gesetzlichen Betreuer? Ich vermute mal nein. Warum nicht? Der ist ja nicht um 2329 dement geworden und wollte um 2330 gehen. Hier hätte die Familie vielleicht vorher tätig werden sollen. Dann hätte man sich das Geheule danach sparen können.
3. Ohne Betreuung und ohne Verfügung entscheidet der Arzt nach seinem Gewissen. Das bedeutet, im Zweifelsfall vermutet man, dass der Patient überleben will. Das mag manchmal unethisch vorkommen, aber später, wenn man wegen unterlassener Hilfeleistung und auf Schadensersatz verklagt wird, steht man erfahrungsgemäss alleine da. Ich als Arzt habe grundsätzlich meinen Hintern zuerst ins Trockene gebracht. Das haben die Kollegen hier auch!
4. Gerade die mediteranen Grossfamilien haben die Angewohnheit, Todesdrohungen auszusprechen. Das ist vollkommen inakzeptabel und nicht hilfreich in der Situation. Hatte ich auch schon.
Die abschliessende Frage ist, was denn ein 83 jähriger multimorbider Mann mit Demenz auf der Intensivstation gemacht hat. Zu so einer Entscheidung gehören immer zwei, die Ärzte und die Familie. Einmal mehr, vielleicht hätten unsere Helden der Familie mal vorher Gedanken machen sollen. Aber dann müsste man ja Verantwortung übernehmen, anstatt einfach nur grosse Töne zu spucken. Das gilt übrigens generell, auch für Deutsche, die seit Jahrhunderten hier leben.
Ach ja, dreimal dürft ihr raten, wie die Reaktion von Seiten der Familie ausgefallen wäre, wenn der Mann zu Hause gestorben wäre, was ja zu vermuten ist. Glaubt ihr die wären dann zufrieden?
Dann käme der "Ja wenn ich das gewusst hätte, dann..." Satz. Das Geheule wäre das Gleiche. Und Eine Anzeige wegen unterlassener Hilfeleistung sogar gerechtfertigt.